Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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das Volk mit ihm in um so heftigere Streitigkeiten verwickelt, da es immer einige Rechte behauptete. »Die Gemeinen von Zara«, sagt Giustiniani, »sind Venedig vollkommen ergeben; zwischen ihnen und ihrem Adel aber herrscht alle die erregte Feindschaft, die wir in ganz Dalmatien wahrgenommen.« In Antivari gerieten die Parteien sogar zuweilen am Charfreitag, bei den feierlichen Prozessionen dieses Festes so hart an einander, daß es ohne die Dazwischenkunft der Venetianer zu Blut und Mord kam.

      Nur eine einzige Gemeinde war ohne Adel, die Gemeinde Pastrovichi: zwölfhundert waffenfähige Männer, die unter selbstgewählten Richtern über Gut und Blut in ihren Bergen in so ungeschminkter Einfalt dahinlebten, daß man sie aufgesucht hat, um die Sitten des homerischen Zeitalters an ihnen zu studieren; mit Venedig mehr durch Privilegien verknüpft, die man ihnen für freiwillige Dienste gewährte, als durch erzwungenen Gehorsam; von unbescholtener Treue, zum Dienst des Matrosen so geschickt wie zu den Waffen.

      Es ist hier noch ein großes Feld statistisch-historischer Untersuchungen übrig darüber, wie sich Venedig zu allen diesen provinziellen Besonderheiten verhielt. Gedenken wir nur der Handhabung der öffentlichen Ordnung gegen das Treiben der Banditen und Räuber, die noch im Anfang des 17. Jahrhunderts die Straßen unsicher machten, so daß selbst der kaufmännische Verkehr darunter litt. Die mit der Hauptstadt in der Rechtspflege konkurrierenden Kommunen bildeten hier eine fast unüberwindliche Schwierigkeit. Die Venetianer hielten darüber, daß die Bedingungen, unter denen sie die Herrschaft erworben, beobachtet wurden. Unter der Aristokratie der Hauptstadt erhielten sich auch die Aristokratien aller unterworfenen Gemeinden; sie hätten nicht gebrochen werden dürfen, ohne daß man Empörung und Abfall zu fürchten gehabt hätte.

      Woher aber schöpfte man diese Summen? Die Einrichtung der venetianischen Kassen zeigt uns, wenn ich nicht irre, die Quelle derselben und das wahre Verhältnis an. Nicht alle Einkünfte nämlich flossen unmittelbar zusammen, so daß alle Ausgaben aus einem allgemeinem Schatz hätten bestritten werden können, sondern den Mangel irgend einer bestimmten Kasse deckte man immer mit dem Überschuß einer anderen. Da man fand, daß Kandia und Korfu die Truppen nicht besolden konnten, von denen sie beschützt wurden, so bestimmte man zu diesem Solde die Einkünfte der Kammern Crema und Verona. Es war nur allzu deutlich, daß die Flotte zu ihrer Ausrüstung und Bemannung ganz anderer Hilfsquellen bedurfte, als die, welche die maritimen Besitzungen gewährten. Die Einkünfte von vier Kammern des festen Landes, von Padova, Trevigi, Bergamo, Rovigo, wurden dafür angewiesen.

      Wenn man im Osten die Festungen instand zu setzen, herzustellen, auszubessern hatte, wandte man sich an die Kasse der Festungen, zu der vornehmlich die Kammer von Udine steuerte. Unter den Einkünften des Arsenals, auf denen die ganze Seemacht basiert ist, finden wir den Ertrag von Cologna oben an. Die eigentliche Bestimmung der Zehnten des lombardischen Klerus war, zur Erhaltung der Flotte und des Arsenals beizutragen. Trevigi gewährte die Eichen zum Schiffbau. Wenn es sich auch so verhält, daß die Gelder, welche man nach den Städten der Levante und Dalmatiens schickte, vom Ertrag der Zölle und des Salzes genommen werden konnten, so wurden doch die übrigen Bedürfnisse damit nicht gedeckt. Genug, nur durch die Reichtümer des festen Landes geschieht es, daß man die Flotten bauen kann, die die östlichen Meere durchschiffen, daß man die Truppen besolden kann, welche Inseln und Städte der Levante und Dalmatiens beschützen.

      Und so stellt sich uns die Gesamtheit des venetianischen Staates, die Verknüpfung der zweifachen Art seiner Landschaften in eigentümlicher Gestalt vor Augen. Wenn Venedig Bedeutung für die Welt, allgemeineres Ansehen hauptsächlich


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