Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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hier feig und wichet zurück, – Ihr, die mir am nächsten stehen solltet, – und da unten in der Menge hab' ich Leute, die eine so große Schuld um meinetwillen auf sich laden mochten.

      Peter. Nicht einen treuen Mann hast Du, der solche Schuld auf sich laden möchte.

      König Skule. Allmächtiger Gott, ist denn ein Wunder geschehen? – Wer trug das Heiligtum hinaus?

      Peter. Ich, mein Vater!

      König Skule aufschreiend. Du!

      Die Mannen weichen scheu zurück. Kirchenräuber! Paul Flida, Bård Bratte und ein paar andere gehen hinaus.

      Peter. Die Tat mußte geschehen. Auf keines Mannes Treue ist zu bauen, ehe Dir nicht nach dem Gesetz gehuldigt worden ist. Ich bat, ich beschwor die Kreuzbrüder, – es half nichts. Da sprengte ich die Kirchentür; niemand wagte mir zu folgen. Ich sprang auf den Hochaltar, ich erfaßte den Griff und stemmte die Knie gegen die Wand; es war, als ob eine rätselhafte Macht mir übermenschliche Kraft verliehen hätte. Der Schrein lockerte sich, ich zog ihn hinter mir her über den Kirchenflur, während der Bannstrahl wie ein Gewitter hoch oben unter der Wölbung hersauste; ich zog ihn aus der Kirche heraus, – alle flohen und wichen vor mir; als ich in des Schlosshofs Mitten angekommen war, da brach der Griff ab – hier ist er! Hält ihn empor.

      König Skule still, vor Entsetzen starr. Kirchenräuber!

      Peter. Um Deinetwillen – um Deines großen Königsgedankens willen! Aber Du wirst die Sünde auslöschen – alles, was böse ist, wirst Du auslöschen. Licht und Frieden werden mit Dir kommen; ein strahlender Tag wird heraufsteigen über dem Lande – was tut's, daß eine Gewitternacht ihm voranging?

      König Skule. Es lag wie ein Heiligenschein über Deinem Haupte, als Deine Mutter Dich mir brachte – und jetzt dünkt mich's, ich sehe den Bannstrahl flammen.

      Peter. Vater, Vater, denk nicht an mich – sei nicht besorgt um mein Weh und Wohl. Deinen eignen Willen hab' ich ja erfüllt, – wie kann das mir als Schuld angerechnet werden!

      König Skule. Deinen Glauben an mich, den wollt' ich besitzen, und Dein Glaube ist zur Sünde geworden.

      Peter wild. Um Deinetwillen! Um Deinetwillen! Deshalb muß Gott sie abwaschen!

      König Skule. Rein und schuldlos, gelobte ich Ingebjörg – und er höhnt den Himmel!

      Paul Flida tritt ein. Alles in Aufruhr! Die Schreckenstat hat Deine Mannen mit Grausen erfüllt – sie fliehen in die Kirchen.

      König Skule. Sie sollen, sie müssen heraus!

      Bård Bratte tritt ein. Die Städter haben sich wider Euch erhoben; sie erschlagen die Windbälge rings auf den Gassen und in den Häusern, wo sie sie finden können!

      Ein Gefolgsmann tritt ein. Jetzt segeln die Birkebeiner den Fluß herauf!

      König Skule. Blast meine Mannen zusammen! Keiner darf mich hier im Stich lassen!

      Paul Flida. Unmöglich – der Schreck hat sie gelähmt.

      König Skule verzweifelt. Aber ich kann jetzt nicht fallen! Mein Sohn darf nicht sterben mit einer Todsünde auf seiner Seele!

      Peter. Denk nicht an mich – um Dich nur handelt es sich. Versuchen wir's nach Indherred hinüber zu kommen; dort sind alle Mannen treu!

      König Skule. Ja, fliehen wir! Folge mir, wer sein Leben lieb hat!

      Bård Bratte. Auf welchem Wege?

      König Skule. Über die Brücke!

      Paul Flida. Alle Brücken sind abgebrochen, Herr.

      König Skule. Abgebrochen –! Alle Brücken abgebrochen, sagst Du!

      Paul Flida. Ihr hättet sie in Oslo abbrechen sollen, dann hättet Ihr in Nidaros sie können stehen lassen.

      König Skule. Über den Fluß gleichwohl! – Hier gilt's Leben und Seligkeit zu retten! Flieht! Flieht! Er und Peter eilen links hinaus.

      Bård Bratte. Ja, lieber das, als von Städtern und Birkebeinern erschlagen zu werden!

      Paul Flida. In Gottes Namen denn, – die Flucht! Alle folgen Skule.

      Die Stube steht einen Augenblick leer; man hört fernen und wirren Lärm von den Straßen; dann stürmt ein Trupp bewaffneter Städter durch die Tür rechts herein.

      Ein Städter. Hieher! Hier muß er sein.

      Ein Andrer. Erschlagt ihn!

      Mehrere. Erschlagt auch den Kirchenräuber!

      Ein Einzelner. Seht Euch vor! Sie beißen um sich.

      Erster Städter. Das hat keine Not – die Birkebeiner sind schon oben in der Straße.

      Ein Städter kommt. Zu spät! – König Skule ist geflohen!

      Mehrere. Wohin? Wohin?

      Der Ankömmling. In eine der Kirchen, denk' ich – sie sind voller Wolfsbälge.

      Erster Städter. So wollen wir ihn suchen; – großen Dank und Lohn spendet König Håkon dem Manne, der Skule erschlägt.

      Ein Andrer. Da kommen die Birkebeiner.

      Ein Dritter. König Håkon selbst!

      Viele in der Menge rufen: Heil König Håkon Håkonsson!

      Håkon tritt von rechts ein; ihm folgen Gregorius Jonsson, Dagfinn und zahlreiche andere. Ja, jetzt seid Ihr demütig, Ihr Trondhjemer, – lange genug habt Ihr mir getrotzt.

      Erster Städter auf die Knie fallend. Gnade, Herr! Skule Bårdsson hat uns so hart zugesetzt!

      Ein Andrer gleichfalls kniend. Er zwang uns, – sonst wären wir ihm niemals gefolgt.

      Der Erste. Er nahm unser Hab und Gut und nötigte uns, für seine ungerechte Sache zu kämpfen.

      Der Zweite. Ach, hoher Herr, er ist eine Geißel gewesen für seine Freunde wie für seine Feinde.

      Viele Stimmen. Ja, ja, Skule Bårdsson ist eine Geißel gewesen für das ganze Land!

      Dagfinn. Das dürfte ein wahres Wort sein.

      Håkon. Gut, – mit Euch Städtern werd' ich später reden – ich habe vor, streng zu bestrafen, was hier verbrochen worden ist. Aber zunächst gilt es an andres zu denken. Weiß einer, wo Skule Bårdsson ist?

      Mehrere. In einer der Kirchen, Herr!

      Håkon. Wißt Ihr das so sicher?

      Der Städter. Ja, da sind alle Wolfsbälge.

      Håkon leise zu Dagfinn. Man muß ihn finden, – stellt Wachen vor alle Kirchen der Stadt.

      Dagfinn. Und wenn man ihn findet – soll er ohne Verzug erschlagen werden.

      Håkon mit leiser Stimme. Erschlagen? Dagfinn, Dagfinn, wie schwer dünkt mich das!

      Dagfinn Herr, Ihr habt es hoch und teuer beschworen in Oslo.

      Håkon. Und jedermann im Lande wird seinen Tod fordern. Er wendet sich zu Gregorius Jonsson und spricht, unhörbar für die andern: Geh! Du warst einstmals sein Freund! Such' ihn auf, und berede ihn, aus dem Lande zu fliehen.

      Gregorius Jonsson freudig. Das wollet Ihr, Herr?

      Håkon. Um meiner frommen, lieben Hausfrau willen.

      Gregorius Jonsson. Aber wenn er nicht flieht? Wenn er nicht will oder nicht kann?

      Håkon. In Gottes Namen, dann kann ich ihn nicht schonen! Dann muß mein Königswort in Kraft bleiben. Geh!

      Gregorius Jonsson. Ich werde gehen und mein Bestes tun. Der Himmel gebe, daß es gelinge. Ab nach rechts.

      Håkon. Du, Dagfinn, geh mit zuverlässigen Männern hinunter aufs Königsschiff. Ihr sollt die Königin und das Kind hinauf nach dem Kloster Elgesäter begleiten.


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