Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Kirchen eingeschlossen, – und sie, sie hat so sehr darum gebeten: ihre Mutter ist in Elgesäter.

      Dagfinn. Ja, ja, ich weiß es.

      Håkon. Grüße die Königin zärtlich von mir – und grüss' auch Frau Ragnhild. Du kannst ihnen sagen: sobald die Wolfsbälge mir zu Füßen liegen und Begnadigung erhalten haben, dann sollen alle Glocken in Nidaros läuten, zum Zeichen, daß wieder Frieden im Land geworden ist. – Ihr Städter sollt mir morgen Rede und Antwort stehen und Strafe empfangen, – ein jeder nach seinen Werken. Ab mit seinen Mannen.

      Erster Städter. Weh' uns morgen!

      Zweiter Städter. Wir haben eine große Sündenrechnung.

      Erster Städter. Wir, die Håkon so lange getrotzt haben, – die Skule zujauchzten, als er sich den Königsnamen aneignete!

      Zweiter Städter. Die Skule Schiffe und Kriegssteuer gaben, – die alles Gut kauften, das er Håkons Vögten geraubt hat.

      Erster Städter. Ja, weh' uns morgen!

      Ein Städter tritt eilig von links ein. Wo ist Håkon? Wo ist der König?

      Erster Städter. Was willst Du von ihm?

      Der Ankömmling. Ihm große und wichtige Botschaft bringen.

      Mehrere. Welche?

      Der Ankömmling. Das sag' ich nur dem König selbst.

      Mehrere. Sag's uns, sag's uns!

      Der Ankömmling. Skule Bårdsson flieht nach Elgesäter hinauf.

      Erster Städter. Unmöglich! Er ist in einer der Kirchen.

      Der Ankömmling. Nein, nein! Er setzte mit seinem Sohne in einer Fähre über den Fluß.

      Erster Städter. Ha, dann können wir uns vor Håkons Zorn retten.

      Zweiter Städter. Ja, dann laßt uns sogleich ihm melden, wo Skule ist.

      Erster Städter. Nein, ich weiß Besseres: sagen wir ihm nichts, sondern gehen wir selbst hinauf nach Elgesäter, Skule zu töten.

      Zweiter Städter. Ja, ja, – laßt uns das tun!

      Dritter Städter. Aber sind ihm nicht viele Wolfsbälge über den Fluß gefolgt?

      Der Ankömmling. Nein, es waren nur wenige Männer in Boote.

      Erster Städter. Wir waffnen uns, so gut wir können. O, jetzt sind die Städter geborgen! Sagt keinem, was wir vorhaben. Wir sind Mannen genug, – und nun hinauf nach Elgesäter!

      Alle mit gedämpfter Stimme. Ja, hinauf nach Elgesäter! Sie gehen rasch, aber vorsichtig, links ab.

      Tannenwald auf den Hügeln vor Nidaros.

      Mondschein; aber neblige Nacht, so daß man den Hintergrund nur undeutlich und zuweilen gar nicht sehen kann. Baumstümpfe und große Felsblöcke liegen rings umher. König Skule, Peter, Paul Flida, Bård Bratte und mehrere Windbälge kommen von links durch den Wald.

      Peter. Komm her und ruh' Dich aus, mein Vater!

      König Skule. Ja, laß mich ruhen, ruhen. Sinkt an einem Felsblock nieder.

      Peter. Wie geht es Dir?

      König Skule. Ich bin hungrig! Krank, krank! Ich sehe die Schatten toter Männer!

      Peter springt auf. Schafft Hilfe! – Brot für den König!

      Bård Bratte. Hier ist jedermann König; denn hier gilt es das Leben. Steh auf, Skule Bårdsson; bist Du König, so regiere Dein Land nicht im Liegen!

      Peter. Höhnst Du meinen Vater, so töte ich Dich!

      Bård Bratte. Der Tod ist mir ohnehin gewiß; nie gewährt mir König Håkon Gnade; denn ich war sein Vogt und verließ ihn um Skules willen. Macht etwas ausfindig, das uns retten kann! Es gibt keine so verzweifelte Tat, daß ich sie jetzt nicht wagte.

      Ein Windbalg. Könnten wir nur hinüber nach dem Kloster von Holm entkommen.

      Paul Flida. Besser nach Elgesäter.

      Bård Bratte plötzlich ausrufend: Das beste wäre: hinunter auf Håkons Schiff zu gehen und das Königskind zu rauben!

      Paul Flida. Rasest Du?!

      Bård Bratte. Nein, nein, das ist unsere einzige Rettung, und leicht ist sie ins Werk zu setzen. Die Birkebeiner durchsuchen jedes Haus und halten Wacht vor den Kirchen; sie glauben nicht, daß einer von uns hat entfliehen können, da alle Brücken abgebrochen waren. Es kann unmöglich viel Mannschaft an Bord der Schiffe sein; haben wir den Königserben in unsrer Gewalt, so soll Håkon uns Frieden gewähren oder sein Sproß soll mit uns sterben. Wer tut mit, das Leben zu retten?

      Paul Flida. Ich nicht, wenn's auf solche Art geschehen soll.

      Mehrere. Ich nicht! Ich nicht!

      Peter. Ha, aber wenn mein Vater dadurch gerettet werden kann –!

      Bård Bratte. Willst Du mittun, so komm. Ich gehe jetzt hinunter nach Hladehammer; dort liegt die Schar, der wir am Fuß des Hügels begegneten. Es sind die tollsten Waghälse unter allen Wolfsbälgen; sie waren über den Fluß geschwommen, denn sie wußten, daß sie in den Kirchen keine Gnade finden würden. Die Burschen wagen schon, das Königsschiff heimzusuchen. Wer von Euch will also mit?

      Einige. Ich! Ich!

      Peter. Vielleicht auch ich; – aber erst muß ich meinen Vater unter sichrem Obdach wissen.

      Bård Bratte. Ehe der Tag graut, fahren wir den Fluß hinauf. Kommt, hier geht ein Richtweg nach Hlade hinunter.

      Er und einige andere rechts ab.

      Peter zu Paul Flida. Sprecht nicht zu meinem Vater von all dem. Er ist heut an der Seele krank. Wir müssen für ihn handeln. Bård Brattes Tat verheißt Rettung; vor Tagesgrauen soll das Königskind in unsern Händen sein.

      Paul Flida. Um getötet zu werden, versteht sich. Seht Ihr denn nicht, daß das eine Sünde ist –?

      Peter. Es kann keine Sünde sein. Denn mein Vater erklärte es in Oslo für vogelfrei. Das Kind muß ja so wie so aus dem Wege. Es hindert meinen Vater – mein Vater hat einen großen Königsgedanken durchzusetzen; es kann gleichgültig sein, wer oder wie viele für den fallen.

      Paul Flida. Unselig der Tag, da Ihr erführet, daß Ihr König Skules Sohn seid! Aufhorchend. Pst! – werft Euch platt auf die Erde – es kommen Leute.

      Alle werfen sich hinter Baumstümpfen und Felsblöcken zur Erde; man sieht undeutlich durch den Nebel zwischen den Bäumen einen Zug von Reitenden und Fußgängern vorüberkommen, der von rechts nach links passiert.

      Peter. Das ist die Königin!

      Paul Flida. Ja, ja, – sie spricht mit Dagfinn dem Bauer. Still!

      Peter. Sie wollen nach Elgesäter. Das Königskind ist mit!

      Paul Flida. Und die Frauen der Königin.

      Peter. Aber nur vier Mann! Auf, auf, König Skule! – nun ist Dein Reich gerettet!

      König Skule. Mein Reich? Das ist finster, – wie des Engels Reich, der sich wider Gott erhob. Eine Schar Kreuzbrüder erscheint von rechts.

      Ein Kreuzbruder. Wer spricht da? Sind das König Skules Mannen?

      Paul Flida. König Skule selbst.

      Der Kreuzbruder zu Skule. Gott sei gelobt, daß wir Euch getroffen haben, lieber Herr! Wir erfuhren von einigen Städtern, daß Ihr den Weg hier herauf genommen habt, und wir sind ebenso unsicher in Nidaros wie Ihr selbst –

      Peter. Ihr hättet den Tod verdient, daß Ihr den Olafsschrein nicht herausgabt!

      Der Kreuzbruder. Der Erzbischof verbot es. Aber wir möchten trotzdem gern König Skule dienen; wir haben ja immer zu ihm gehalten. Hier haben wir Kreuzkutten für Euch und Eure Mannen mitgebracht! Zieht sie an, – so entkommt Ihr leicht in eins


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