Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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Kriegern angegriffen, überwältigt und mit geknebelten Gliedern in den finstern Raum eines Fahrzeuges geworfen, welches, nach einer Reise von vielen Tagen und Nächten, an einem ihm unbekannten Ufer die Anker auswarf. Nun befreite man den Gefangenen aus seinem Kerker und führte ihn, bei glühender Hitze, durch eine Wüste, an seltsam gestaltetem Gesteine vorbei nach Osten zu. Endlich kam er zu einem Gebirge, an dessen Fuße zahlreiche Hütten gebaut waren, in denen viele Menschen wohnten, die, mit Ketten an den Füßen, alle Morgen in den Schacht eines Bergwerks getrieben wurden, um dort Goldkörner aus dem harten Gefels zu hacken574. Manche der unglücklichen Grubenarbeiter verweilten schon länger als vierzig Jahre an dieser Stätte des Elends; die meisten von ihnen verfielen aber durch die ungeheure Anstrengung, welche man ihnen auferlegte, und die entsetzliche Hitze, die ihnen, sobald sie den Schacht verließen, entgegenstrahlte, einem frühzeitigen Tode.

      »Mit einem den Wächtern von mir entwandten Bogen schaffte ich uns Nahrung. Wo sich kein Wild fand, aßen wir Wurzeln, Baumfrüchte und Vogeleier. Der Stand der Sonne und der Sterne half uns den rechten Weg zu finden. Wir wußten, daß das rothe Meer nicht fern von den Bergwerken fluthe und daß wir im Süden von Memphis, ja von Theben, verweilt hatten. Bald erreichten wir den Strand und strebten nun unermüdlich nach Norden zu, bis wir mit freundlichen Schiffern zusammentrafen, die uns so lange verpflegten, bis ein arabisches Boot uns aufnahm, welches mich und den Juden, der die Sprache der Seefahrer kannte, nach Ezeongeber, im Lande der Edomiter, brachte. Dort vernahmen wir, daß Kambyses mit einem großen Heere gegen Aegypten heranziehe, und reisten mit einem amalekitischen Reiterzuge, welcher die Perser mit Wasser unterstützen sollte, nach Harma. Von hier aus wanderte ich mit Nachzüglern des großen asiatischen Heeres, die mich aus Mitleiden dann und wann auf ihre Pferde setzten, nach Pelusium und höre jetzt, daß Du dem Großkönige als Kriegsoberster dienst. Ich habe meinen Schwur gehalten und bin treu für die Hellenen in Aegypten eingetreten; jetzt ist die Reihe an Dir, dem alten Aristomachus zu helfen und ihm das Einzige zu verschaffen, wonach er sich sehnt: Rache an seinen Verfolgern!«

      Bei dieser Nachricht erbebten die Glieder des Greises, seine Augen füllten sich mit Thränen, und seine Lippen murmelten ein leises Gebet. Dann schlug er sich vor die Stirn und rief mit zitternder Stimme: »Jetzt erfüllt es sich, – jetzt wird es zur Wahrheit! Verzeihe mir, Phöbus Apollo, wenn ich an den Worten Deiner Priesterin zweifelte! Was verhieß das Orakel?

      ›Wenn einst die reisige Schaar von schneeigen Bergen herabsteigt

      Zu den Gefilden des Stroms, welcher die Ebne benetzt, –

      Führt Dich der zaudernde Kahn hinab zu jenem Gefilde,

      Welches dem irrenden Fuß heimischen Frieden gewährt!

      Wenn einst die reisige Schaar von schneeigen Bergen herabsteigt, –

      Schenkt Dir die richtende Fünf, was sie Dir lange versagt.‹

      »Jetzt erfüllt es sich, was mir der Gott verhieß. Jetzt darf, jetzt will ich heimkehren; erst aber heb’ ich die Hand empor und bitte Dice, die ewigwaltende Gerechtigkeit, daß sie mir die Wonne der Rache nicht versagen möge!«

      »Morgen graut der Tag der Vergeltung!« rief Phanes in das Gebet des Alten einstimmend. »Morgen schlacht’ ich meinem Sohne die Todtenopfer und gehe nicht eher zur Ruhe, bis Kambyses mit den von mir geschnitzten Pfeilen das Herz von Aegypten getroffen hat! Komm’ jetzt, mein Freund, und laß Dich zum Könige führen. Ein Mann wie Du schlägt einen ganzen Haufen ägyptischer Schleuderer in die Flucht!«

      Krösus befehligte eine Abtheilung des Heeres, welche das Lager, die in ihm befindlichen unermeßlichen Schätze, die Weiber der Großen, die Mutter und Schwester des Königs zu bewachen hatte.

      Indessen hatten auch die ägyptischen Priester mit Opfer und Gebet den Morgen begonnen und sich dann in Schlachtordnung aufgestellt.


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