Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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führend, zur Linken seines die Doppelkrone von Ober- und Unterägypten tragenden Gebieters.

      Zur Linken des Centrums sollten die hellenischen und karischen Söldner kämpfen. Die Reiterei stand an den äußersten Enden der beiden Flügel des Heeres, während die ägyptischen und äthiopischen Fußvölker sich zur Rechten und Linken der Wagenkämpfer und Hellenen in sechsfachen Gliedern ordneten.

      Psamtik fuhr ermuthigend und grüßend an den Reihen der Seinen vorüber und hielt endlich vor den Hellenen still, um sie folgendermaßen anzureden: »Ich freue mich, ihr Helden, deren Waffenthaten mir von Cypern und Libyen her wohl bekannt sind, daß ich diesmal euren Ruhm theilen und neue Siegeskränze auf euer Haupt setzen darf! Fürchtet nicht, daß ich, wenn wir unsere Feinde bezwingen, eure Freiheiten schmälern werde. Verleumder haben euch in’s Ohr geraunt, solchen Undanks von mir gewärtig zu sein; ich aber versichere euch, daß ich euch und eure Nachkommen, wenn wir siegen, in jeder Weise begünstigen und die Stützen meines Thrones nennen will! Bedenkt auch, daß ihr heute nicht allein für mich, sondern auch für die Freiheit eurer fernen Heimath kämpfen werdet. Ist es doch leicht zu ermessen, daß sich Kambyses, wenn er Herr von Ägypten werden sollte, nicht zufrieden geben, sondern vielmehr seine begehrliche Hand nach dem schönen Hellas und seinen Inseln ausstrecken wird. Ich brauche euch nur daran zu erinnern, daß diese zwischen Aegypten und euren asiatischen Brüdern, welche jetzt schon unter dem Perserjoche als Knechte seufzen, gelegen sind. Euer Zuruf beweist mir, daß ihr mir Recht gebt; ich bitte euch aber, mir noch einen Augenblick Gehör zu schenken, denn es ist meine Pflicht, euch den Mann zu nennen, welcher nicht nur Aegypten, sondern auch seine eigene Heimath für ungeheure Schätze an den Großkönig von Persien verkauft hat. Phanes heißt jener Mann! – Ihr dürft nicht murren, denn ich schwöre euch, daß eben dieser Phanes das Gold des Kambyses angenommen und demselben versprochen hat, ihm nicht nur den Weg nach Aegypten, sondern auch die Pforte eures heimischen Mutterlandes zu öffnen. Dieser Mann kennt Land und Leute und ist mit Gold für Alles zu erkaufen. Seht ihr, wie er dort neben dem Könige einhergeht, wie er sich vor ihm in den Staub wirft? Ist das ein Hellene? Scheint mir’s doch, als hätt’ ich einst vernommen, die Griechen fielen nur vor ihren Göttern nieder! Aber freilich, wer sein Vaterland verkauft, der hört auf, ein Bürger desselben zu sein! Ihr stimmt mir zu? Ihr gebt mir Recht? Ihr verschmäht es, den Schandbuben euren Landsmann zu nennen? – Wohl denn, so will ich die Tochter des Elenden, welche ich als Geißel zurückbehalten mußte, und die der Habsüchtige mit seiner Heimath verkaufte, euch überantworten. Macht mit dem Kinde eines Schurken, was ihr wollt. Schmückt es mit Rosen, fallt vor ihm nieder; vergeßt aber nicht, daß es jenem Manne angehört, der den Namen ›Hellene‹ beschimpfte, der euch, der sein Vaterland verrieth!«

      In diesem Augenblicke schoß Psamtik trinmphirend den ersten Pfeil auf die Perser ab.

      Die Söldner warfen die Leiche des Kindes zu Boden, stimmten, trunken von dem genossenen Blute, den Schlachtgesang an und eilten ihren ägyptischen Streitgenossen weit voraus in den Kampf.

      Aber auch die Reihen der Perser setzten sich jetzt in Bewegung und Phanes stürzte sich, rasend vor Schmerz und Wuth, begleitet von seinen über die schändliche Barbarei ihrer Landsleute entrüsteten Schwerbewaffneten, auf dieselben Männer, deren Liebe er durch zehnjährige treue Führung verdient zu haben glaubte.

      Als die Sonne in der Mittagshöhe stand, schien sich das Glück der Waffen den Aegyptern zuwenden zu wollen; als das Tagesgestirn unterging, waren die Perser im Vortheil; als sich der volle Mond am Himmel zeigte, verließen die Aegypter in wilder Flucht das Schlachtfeld und kamen entweder in den pelusinischen Sümpfen und dem sie durchfluthenden Nilarme in ihrem Rücken oder von asiatischen Schwertern erschlagen, für die Freiheit ihres Vaterlandes kämpfend, um.

      Von den hellenischen Söldnern in ägyptischen Diensten waren wenige übrig geblieben, so furchtbar hatte der racheschnaubende Phanes mit seinen Ioniern in ihren Reihen gewüthet. Zehntausend Karer geriethen in persische Gefangenschaft. Den Mörder seines Kindes schlug der Athener mit eigenen Händen zu Boden.

      Auch Aristomachus hatte, trotz seines hölzernen Beines, Wunder der Tapferkeit verrichtet. Dennoch war es ihm eben so wenig, als seinen Genossen in der Rache, gelungen, des Psamtik habhaft zu werden.

      Als die Schlacht entschieden war und die Perser mit lautem Jubel zum Lager zurückkehrten, wurden sie von Krösus, den zurückgebliebnen Priestern und Soldaten empfangen und feierten mit Opfern und Gebeten den ruhmreichen Sieg.

      Der Hauptangriff der Aegypter hatte sich gegen das Mitteltreffen der Perser, an dessen Spitze der König kämpfte, so nachdrücklich gerichtet, daß die Garden schon zu weichen anfingen, als Bartja mit seinen Reitern rechtzeitig eintraf, die Wankenden mit neuem Muthe beseelte und endlich, wie ein Löwe fechtend, den Ausgang des Tages durch seine Tapferkeit und Schnelligkeit entschied.

      Die Perser jubelten dem Jünglinge entgegen und nannten ihn laut den »Sieger von Pelusium« und »den Besten der Achämeniden«.

      Diese Rufe kamen dem Könige zu Ohren und erfüllten ihn mit tiefem Groll. Er war sich bewußt, mit Aufopferung seines Lebens, wahrem Heldenmuthe und der Kraft eines Riesen gekämpft zu haben, und die Schlacht wäre dennoch verloren gewesen, wenn ihm dieser Knabe nicht den Sieg geschenkt haben würde. Sein Bruder, der ihm das Glück der Liebe verkümmert hatte, nahm ihm jetzt die Hälfte seines Kriegsruhms. Kambyses fühlte deutlich, daß er Bartja hasse, und seine Fäuste ballten sich, als er des jungen, von edlem Selbstbewußtsein strahlenden Helden ansichtig wurde.

      Phanes weilte verwundet in seinem Zelte, und neben ihm ruhte der verröchelnde Aristomachus.

      »Das Orakel hat dennoch gelogen,« murmelte der Spartaner. »Ich sterbe und sehe die Heimath niemals wieder!«

      »Es redete die Wahrheit!« gab Phanes zurück. »Wie lauteten die letzten Worte der Pythia?

      ›Führt Dich der zaudernde Kahn hinab zu jenem Gefilde,

      Welches dem irrenden Fuß heimischen Frieden gewährt!‹

      Verkennst Du den Sinn dieser Worte? – Sie meinen den zaudernden Kahn des Charon, der Dich zur letzten Heimath, dem großen Ruheplatz aller Wanderer, dem Reiche des Hades, befördern soll!«

      »Ja, Du hast Recht, mein Freund, es geht


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