Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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gab dem ernsten Gespräch eine heitere Wendung. Jeder bemühte sich, seinen Theil zur Belebung des Frohsinns beizutragen; ja, selbst Darius ließ von seinem gewöhnlichen Ernste, um mit den Freunden, denen jetzt allerlei Speisen und Getränke aufgetragen wurden, zu lachen und zu scherzen.

      Als die Sonne hinter dem Mokattam-Gebirge verschwunden war, setzten die Sklaven kostbar geschnitzte Stühle, Fußbänke und Tischchen auf das offene Verdeck, welches die muntere Gesellschaft nunmehr betrat. Ein wunderbar schöner, alle Erwartungen übertreffender Anblick bot sich den überraschten Augen dar.

      Schneeweiße Lotusblumen wiegten sich auf den Wellen und erschienen den Lustfahrern wie die Augen des Wassers. Kein Laut erreichte von den Ufern her das Ohr der Lauschenden. Die Kraft des vom Nordwinde entführten Schalles war zu gering, um die Mitte des Stromes zu erreichen. Nur der Ruderschlag und der einförmige Gesang der Matrosen unterbrach die tiefe Stille der ihres Dunkels beraubten Nacht.

      Lange Zeit schauten die Freunde schweigend auf das seltsame Schauspiel, welches an ihnen vorüberzugleiten schien. Endlich unterbrach Zopyrus die Stille, indem er hoch aufathmend ausrief »Wie beneide ich Dich, Bartja! Wenn es mit rechten Dingen zuginge, so müßte Jeder von uns in dieser Stunde sein geliebtestes Weib an seiner Seite haben!«

      »Wer hat Dir verboten, eine von Deinen Frauen mitzunehmen?« antwortete der glückliche Gatte.

      »Meine fünf anderen Lebensgefährtinnen,« seufzte der Jüngling. »Hätt’ ich Parysatis, des Oroetes Töchterlein, meinen jüngsten Liebling, allein mit mir zu kommen gestattet, so würde dieser reizende Anblick mein letzter gewesen sein, denn morgen hätte es ein Paar Augen weniger auf der Welt gegeben!«

      Bartja nahm Sappho’s Rechte fest in die seine und sagte: »Ich glaube beinah, daß ich mich Zeitlebens mit einem Weibe begnügen werde!«

      Die junge Mutter erwiederte den Druck der geliebten Hand und sprach, sich an Zopyrus wendend: »Ich traue Dir nicht, Freund, denn es scheint mir, als fürchtetest Du weniger den Zorn Deiner Gattinnen, als einen Verstoß gegen die Sitten Deiner Heimath zu begehen. Man hat mir schon erzählt, daß man in den Frauengemächern meinen armen Bartja schilt, weil er mich nicht von Eunuchen bewachen läßt und mir gestattet, seine Freuden zu theilen.«

      »Er verwöhnt Dich auch schrecklich,« gab Zopyrus zurück, »und unsere Weiber berufen sich schon, wenn wir sie ein wenig kurz halten, auf seine Güte und Nachsicht. In den nächsten Tagen wird an der Pforte des Königs eine Empörung der Frauen losbrechen, und die Achämeniden, welche scharfen Schwertern und Pfeilen entkamen, werden von spitzen Zungen erstochen und von salzigen Thränenfluthen ertränkt werden.«

      »O Du unhöflicher Perser,« lachte Syloson, »wir müssen Dir größere Ehrfurcht vor den Ebenbildern Aphrodite’s beibringen.«

      »Ihr Hellenen etwa?« fragte der Jüngling. »Beim Mithra, unsere Frauen haben es eben so gut als die euren. Nur die Aegypterinnen leben unglaublich frei!«

      »So ist es!« sagte Rhodopis. »Die Einwohner dieses seltenen Landes gewähren seit Jahrtausenden meinem schwachen Geschlechte dasselbe Recht, welches sie für sich selbst beanspruchen. In mancher Beziehung haben sie uns sogar den Vorzug gegeben. Gebietet doch z. B. das ägyptische Gesetz nicht den Söhnen, sondern den Töchtern, die greisen Eltern zu ernähren und zu pflegen. Diese Vorschrift zeigt, wie fein die weisen Väter eines jetzt gedemüthigten Volkes die Natur des Weibes zu beurtheilen verstanden, wie richtig sie erkannt hatten, daß wir euch Männer an umsichtiger Sorge, aufmerksamer Pflege und hingebender Liebe um Vieles übertreffen! – Spottet nicht dieser Thieranbeter, welche ich nicht verstehe und dennoch schon darum tief bewundere, weil mich Pythagoras, der Meister alles Wissens, versichert hat, die in den Lehren der Priester verborgene Weisheit sei so ungeheuer wie die Pyramiden.«

      »In Mithra’s Namen, Darius, höre auf, wenn Du nicht willst, daß ich schwindelig werde!« rief Zopyrus, den Freund unterbrechend. »Wenn man Dich so reden hört, sollte man denken, Du habest Dein Leben lang mit diesen ägyptischen Spintisirern verkehrt und niemals ein Schwert in der Hand gehabt! Was gehen uns die Zahlen an?«

      Die Lustfahrer erhoben sich von ihren Sitzen und schauten sprachlos auf das gewaltige Schauspiel, welches sich ihnen darbot.


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