Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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zeigen vielleicht an, daß sie von den Todtenrichtern unwerth der Grabesruhe, unwerth der Auferstehung erfunden worden sind, während der Bauherr der dritten, schönsten Pyramide, Menkera, der sich mit einem kleineren Grabmale begnügte und die Thore der Tempel wieder aufthat, ungestört ruhen durfte in seinem Sarge von blauem Basalt602.*

      Da lagen die Pyramiden in schweigender Nacht, beglänzt von den Sternen, behütet von dem Wächter der Wüste, der riesigen Sphinx, überragend die öden Felsen der libyschen Steinhügel. Zu ihren Füßen schlummerten in köstlich geschmückten Gräbern die Mumien der Getreuen ihrer Erbauer, und gegenüber dem hohen Denkmale des frommen Menkera erhob sich ein Tempel, in welchem die Priester des Osiris für die Seelen der zahllosen in der Todtenstadt von Memphis beigesetzten Verstorbenen Gebete sprachen. Im Westen, dort wo die Sonne hinter den libyschen Bergen unterging, wo das Fruchtland aufhörte und die Wüste begann, hatten die Memphiten ihre Gräber erbaut, – nach Westen schauten die Lustfahrer und verharrten, von frommem Schauder und ehrfurchtsvollem Staunen erfüllt, in tiefem Schweigen.

      »Herrlich, herrlich!« rief Rhodopis, begeistert von diesem wunderbaren Schauspiele. »Seht nur, wie die buntbemalten Säulen und Wände strahlen, und welche Figuren die Schatten der Obelisken und Sphinxe auf das gelbe, glatte Pflaster der Höfe zeichnen!«

      »Und wie geheimnißvoll,« fügte Krösus hinzu, »dunkelt dort drüben der heilige Hain des Gottes! Niemals sah ich ein gleiches Schauspiel!«

      »Ich aber,« versicherte Darius, »habe noch Wunderbareres erschaut. Ihr werdet mir glauben, wenn ich euch sage, daß ich Zeuge einer Mysterienfeier der Neith gewesen bin!«

      »Erzähle – erzähle!« riefen die Freunde.

      »Kaum hatte er mich verlassen, als seltsame, bunte Lichter den Hain so hell erleuchteten, daß ich bis in seinen innersten Schooß zu sehen vermochte.

      »Dieser Gesang, welchen der Sohn des Neithotep, der an meiner Seite weilte, ›den Wind des Gerüchtes‹ nannte, ergriff mir Herz und Seele.

      »Nachdem der Sarkophag beigesetzt war, verließ Isis die Stätte der Trauer, um ihren Sohn aufzusuchen. Sie fand ihn am östlichen Ende des Sees, woselbst ich schon lange einen wunderschönen Jüngling bemerkt hatte, der sich mit zahlreichen Altersgenossen in Waffenspielen übte. Dieser stellte den nunmehr herangewachsenen Horus dar.


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