Infiziert. Teri Terry

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Infiziert - Teri Terry


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Zero: 18 Stunden

      Endlich geht eine Tür auf. Eine Schar Schwestern kommt herein und löst einige der anwesenden ab. Sie verlassen den Raum und ich stürze hinterher.

      Die Schwestern lachen und plaudern, als hätten sie nicht gerade schreckliche Schmerzen verursacht, nicht gerade Dutzende von Menschen langsam und qualvoll in den Tod geschickt. Vielleicht versuchen sie es auch nur zu vergessen!

      Ich hasse die Schwestern.

      Sie laufen durch Flure und Sicherheitstüren, bis sie schließlich vor einer Tür zum Stehen kommen. Zwei gehen hinein, die Tür schließt sich. Minuten später geht sie wieder auf und abermals treten zwei hindurch. Diesmal bin ich mit von der Partie. Wie der Wissenschaftler, dem ich vorhin gefolgt bin, müssen auch sie durch eine Art Autowaschanlage, dann legen sie ihre Anzüge ab. Sie sehen stinknormal aus, nicht wie Massenmörderinnen.

      Als sie am Ende an eine Tür gelangen, bleibt diese verschlossen.

      »Bitte warten Sie«, hallt es durch den Lautsprecher.

      Die beiden Schwestern sehen sich an. »Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragt die eine.

      Die andere legt die Stirn in Falten. »Ich kenne jemanden unten aus der Technik. Im Kontrollraum ist einer umgekippt. Und wenn diesmal wirklich was rausgelangt ist?«

      »Bestimmt war es ganz harmlos, Magen und Darm oder Blinddarm. Du weißt doch, wie vorsichtig die hier sind. Da kann nichts rausgelangen.«

      Jemand ist zusammengebrochen? Vielleicht genügen die Schutzanzüge und Sicherheitsvorkehrungen nicht, und jemand hat sich mit dem angesteckt, was sie den Leuten spritzen.

      Hoffentlich.

      »Nein, so harmlos ist es diesmal nicht«, antwortet die andere. »Der gesamte Kontrollraum steht unter Quarantäne, sonst wüsste der aus der Technik es gar nicht. Niemand kann rein oder raus.«

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      KILLIN, SCHOTTLAND

      Time Zero: 17 Stunden

      Nachdem ich stundenlang wach gewesen bin und mich nicht noch einmal aufs Klo getraut habe, reicht es mir jetzt. Mir doch egal, was Kai hört.

      Bevor ich spüle, stelle ich doch noch die Dusche an. Nur zur Sicherheit.

      Es ist erst sieben Uhr, als ich mich auf Zehenspitzen am Sofa vorbei in die Küche schleiche, aber er ist nicht da. Unter der Decke steckt nur Ramsay, den Kopf aufs Kissen gebettet. Wie niedlich.

      Ich linse in die Küche. Von Kai keine Spur.

      Ist er etwa abgehauen?

      Dafür gibt es eigentlich keinen Grund.

      Ich schaue aus dem Fenster, das Motorrad ist noch da. Und jetzt entdecke ich auch Kai, hinten im Garten auf der Bank. Ich ziehe mir Schuhe an und gehe nach draußen.

      Kai wendet mir den Rücken zu. Reglos. In seinem blonden Haar fängt sich die Morgensonne und lässt es golden schimmern. Ob ihm die Aussicht gefällt? Die meisten Leute sind beim ersten Mal immer ganz hin und weg. Ooh und Aah. Über die Wipfel kann man bis hinunter zu Loch Tay sehen, der sich wie ein glitzerndes blaues Band kilometerweit in beide Richtungen erstreckt. Auf der anderen Seite ragen Ben Lawers und andere Gipfel empor.

      Ich gehe zu Kai. Als er mich hört, dreht er sich um und lächelt.

      »Hi«, sage ich. »Schon so früh auf?«

      »Habe nicht so gut geschlafen.«

      »Tut mir leid. Lag es am Sofa?«

      »Nein, gar nicht.« Er zuckt die Achseln. »Konnte einfach nicht schlafen.«

      »Ich auch nicht.«

      Ich setze mich neben ihn und schaue hinunter zum See. An einem sonnigen, windstillen Morgen wie heute ist das Wasser glasklar. Die Welt darüber – Bäume, Hügel, Berge – wird detailgetreu gespiegelt. Wenn ich nur weit genug gucken könnte, sähe ich sicher eine perfekte Kopie von Kai und mir im Wasser.

      Dann schüttelt Kai den Kopf. »Ich verstehe schon, warum die Leute herkommen, aber ich muss hier immer nur daran denken, was fehlt.« Kurzerhand steht er auf und wendet sich vom See ab.

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      SHETLAND INSTITUTE, SCHOTTLAND

      Time Zero: 16 Stunden

      Endlich geht die Tür auf und die beiden Schwestern betreten einen quadratischen Raum. Ein Mann im Schutzanzug misst bei ihnen Fieber und fragt nach ihrem Befinden. Ihnen wird gesagt, dass sie Platz nehmen sollen und eine Stunde warten müssten, dann würde noch einmal gemessen.

      Schimpfend setzen sich die Schwestern. Die eine beschwert sich, dass sie Hunger hätten und nun außerdem den Beginn ihres Films verpassten.

      Nachdem ein zweites Mal gemessen wurde, dürfen sie endlich gehen.

      Ein langer Korridor führt sie zur Cafeteria. Es gibt große und kleine Tische, an denen die Leute zu zweit, zu dritt oder in Gruppen sitzen, sich unterhalten, lachen, essen oder einfach nur abhängen. Doch ich entdecke auch einen Haufen missmutiger Gesichter, die fieberhaft miteinander flüstern. Leider kann ich nichts verstehen. Eigentlich sieht es hier aus wie in einer Schulkantine, nur dass das Essen besser zu sein scheint und die Stühle bequemer wirken.

      Plötzlich ertönt ein lautes Scheppern.

      Eine Frau ist gestolpert und ihr Tablett mit dem Essen ist auf dem Fußboden gelandet.

      Jemand hilft ihr auf. Die Frau kommt mir bekannt vor. Ach, es ist die Ärztin im weißen Kittel, die ich schon in dem Raum mit den Monitoren gesehen habe – die, die wissen wollte, warum der eine Wissenschaftler zu spät ist.

      Wenn das der Kontrollraum war, hätte sie dann nicht in Quarantäne sein sollen? Offenbar ist sie kurz zuvor gegangen.

      Sie wirkt ein wenig blass.

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      KILLIN, SCHOTTLAND

      Time Zero: 15 Stunden

      »Hast du schon mal auf einem Motorrad gesessen?«, fragt Kai.

      »Nein. Nur auf einem Mofa.«

      Kai klappt das Case hinten auf seinem Motorrad auf und holt etwas Rotes heraus. Einen Helm.

      »Guck mal, ob er dir passt.« Ich setze den Helm etwas schief auf. Kai richtet ihn gerade. Steckt mir das Haar darunter.

      »Bequem?«

      »Ja, ist okay.« Ich zögere. »War das ihrer? Ich meine …«

      »Ob es Calistas Helm war? Ja. Rot war ihre Lieblingsfarbe. Ihr Haar war so dunkel wie deins, nur …«

      »Lang und glatt. Nicht so ein Mopp. Ich habe die falschen Locken-Gene abbekommen.« Fast hätte ich ihm von den Gen-Studien erzählt, die es eines Tages ermöglichen werden, meine Krause in den Griff zu bekommen – ohne stundenlanges Glätten. Denn wer hat dafür schon Zeit?

      »Aber es steht dir.« Selbstvergessen spielt er mit einer Haarlocke, die unter meinem Helm hervorquillt. Und als würde ihm plötzlich klar, was er da macht, zieht er hastig die Hand weg.

      Er hat mich gebeten, meine derbsten Stiefel anzuziehen, und ich stopfe nun meine Jeans hinein. Anschließend zeigt er mir, wie man aufsteigt und wo man sich festhält.

      Dann geht’s


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