Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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Das Chris­tent­hum war der Vam­pyr des im­pe­ri­um Ro­ma­num, – es hat die un­ge­heu­re That der Rö­mer, den Bo­den für eine große Cul­tur zu ge­win­nen, die Zeit hat, über Nacht un­gethan ge­macht. – Ver­steht man es im­mer noch nicht? Das im­pe­ri­um Ro­ma­num, das wir ken­nen, das uns die Ge­schich­te der rö­mi­schen Pro­vinz im­mer bes­ser ken­nen lehrt, dies be­wun­de­rungs­wür­digs­te Kunst­werk des großen Stils, war ein An­fang, sein Bau war be­rech­net, sich mit Jahr­tau­sen­den zu be­wei­sen, – es ist bis heu­te nie so ge­baut, nie auch nur ge­träumt wor­den, in glei­chem Maa­ße sub spe­cie ae­ter­ni zu bau­en! – Die­se Or­ga­ni­sa­ti­on war fest ge­nug, schlech­te Kai­ser aus­zu­hal­ten: der Zu­fall von Per­so­nen darf nichts in sol­chen Din­gen zu thun ha­ben, – ers­tes Prin­cip al­ler großen Archi­tek­tur. Aber sie war nicht fest ge­nug ge­gen die cor­rup­tes­te Art Cor­rup­ti­on, ge­gen den Chris­ten … Dies heim­li­che Ge­würm, das sich in Nacht, Ne­bel und Zwei­deu­tig­keit an alle Ein­zel­nen her­an­sch­lich und je­dem Ein­zel­nen den Ernst für wah­re Din­ge, den In­stinkt über­haupt für Rea­li­tä­ten aus­sog, die­se fei­ge, fe­mi­ni­ni­sche und zucker­sü­ße Ban­de hat Schritt für Schritt die »See­len« die­sem un­ge­heu­ren Bau ent­frem­det, – jene wert­h­vol­len, jene männ­lich-vor­neh­men Na­tu­ren, die in der Sa­che Rom’s ihre eig­ne Sa­che, ih­ren eig­nen Ernst, ih­ren eig­nen Stolz emp­fan­den. Die Mu­cker-Schlei­che­rei, die Con­ven­ti­kel-Heim­lich­keit, düs­te­re Be­grif­fe wie Höl­le, wie Op­fer des Un­schul­di­gen, wie u­nio my­sti­ca, im Blut­trin­ken, vor Al­lem das lang­sam auf­ge­schür­te Feu­er der Ra­che, der Tschan­da­la-Ra­che – das wur­de Herr über Rom, die­sel­be Art von Re­li­gi­on, der in ih­rer Prä­exis­tenz-Form schon Epi­kur den Krieg ge­macht hat­te. Man lese Lu­crez, um zu be­grei­fen, was Epi­kur be­kämpft hat, nicht das Hei­dent­hum, son­dern »das Chris­ten­tum«, will sa­gen die Ver­derb­niß der See­len durch den Schuld-, durch den Straf- und Uns­terb­lich­keits-Be­griff. – Er be­kämpf­te die un­ter­ir­di­schen Cul­te, das gan­ze la­ten­te Chris­tent­hum, – die Uns­terb­lich­keit zu leug­nen war da­mals schon eine wirk­li­che Er­lö­sung. – Und Epi­kur hät­te ge­siegt, je­der acht­ba­re Geist im rö­mi­schen Reich war Epi­ku­re­er: da er­schi­en Pau­lus … Pau­lus, der Fleisch-, der Ge­nie­ge­w­ord­ne Tschan­da­la-Haß ge­gen Rom, ge­gen »die Welt«, der Jude, der ewi­ge Jude par ex­cel­lence … Was er er­rieth, das war, wie man mit Hül­fe der klei­nen sek­ti­re­ri­schen Chris­ten-Be­we­gung ab­seits des Ju­dent­hums einen »Welt­brand« ent­zün­den kön­ne, wie man mit dem Sym­bol »Gott am Kreu­ze« al­les Un­ten-Lie­gen­de, al­les Heim­lich-Auf­rüh­re­ri­sche, die gan­ze Erb­schaft an­ar­chis­ti­scher Um­trie­be im Reich, zu ei­ner un­ge­heu­ren Macht auf­sum­mi­ren kön­ne. »Das Heil kommt von den Ju­den«. – Das Chris­tent­hum als For­mel, um die un­ter­ir­di­schen Cul­te al­ler Art, die des Osi­ris, der großen Mut­ter, des Mi­thras zum Bei­spiel, zu über­bie­ten – und zu sum­mi­ren: in die­ser Ein­sicht be­steht das Ge­nie des Pau­lus. Sein In­stinkt war dar­in so si­cher, daß er die Vor­stel­lun­gen, mir de­nen jene Tschan­da­la-Re­li­gio­nen fa­s­ci­nir­ten, mit scho­nungs­lo­ser Ge­waltt­hä­tig­keit an der Wahr­heit dem »Hei­lan­de« sei­ner Er­fin­dung in den Mund leg­te, und nicht nur in den Mund – daß er aus ihm Et­was mach­te, das auch ein Mi­thras-Pries­ter ver­stehn konn­te… Dies war sein Au­gen­blick von Da­mas­kus: er be­griff, daß er den Uns­terb­lich­keits-Glau­ben nö­thig hat­te, um »die Welt« zu ent­wert­hen, daß der Be­griff »Höl­le« über Rom noch Herr wird, – daß man mit dem »Jen­seits« das Le­ben töd­tet … Ni­hi­list und Christ: das reimt sich, das reimt sich nicht bloß …

      *

      59.

      Die gan­ze Ar­beit der an­ti­ken Welt um­sonst: ich habe kein Wort da­für, das mein Ge­fühl über et­was so Un­ge­heu­res aus­drückt. – Und in An­be­tracht, daß ihre Ar­beit eine Vor­ar­beit war, daß eben erst der Un­ter­bau zu ei­ner Ar­beit von Jahr­tau­sen­den mit gra­nit­nem Selbst­be­wußt­sein ge­legt war, der gan­ze Sinn der an­ti­ken Welt um­sonst! … Wozu Grie­chen? wozu Rö­mer? – Alle Voraus­set­zun­gen zu ei­ner ge­lehr­ten Cul­tur, alle wis­sen­schaft­li­chen Metho­den wa­ren be­reits da, man hat­te die große, die un­ver­gleich­li­che Kunst, gut zu le­sen, be­reits fest­ge­stellt – die­se Voraus­set­zung zur Tra­di­ti­on der Cul­tur, zur Ein­heit der Wis­sen­schaft; die Na­tur­wis­sen­schaft, im Bun­de mit Ma­the­ma­tik und Mecha­nik, war auf dem al­ler­bes­ten Wege, – der That­sa­chen-Sinn, der letz­te und wert­h­volls­te al­ler Sin­ne, hat­te sei­ne Schu­len, sei­ne be­reits Jahr­hun­der­te alte Tra­di­ti­on! Ver­steht man das? Al­les We­sent­li­che war ge­fun­den, um an die Ar­beit gehn zu kön­nen: – die Metho­den, man muß es zehn­mal sa­gen, sind das We­sent­li­che, auch das Schwie­rigs­te, auch Das, was am längs­ten die Ge­wohn­hei­ten und Faul­hei­ten ge­gen sich hat. Was wir heu­te, mit un­säg­li­cher Selbst­be­zwin­gung – denn wir ha­ben Alle die schlech­ten In­stink­te, die christ­li­chen, ir­gend­wie noch im Lei­be – uns zu­rück­ero­bert ha­ben, den frei­en Blick vor der Rea­li­tät, die vor­sich­ti­ge Hand, die Ge­duld und den Ernst im Kleins­ten, die gan­ze Recht­schaf­fen­heit der Er­kennt­niß – sie war be­reits da! vor mehr als zwei Jahr­tau­sen­den be­reits! Und, dazu ge­rech­net, der gute, der fei­ne Takt und Ge­schmack! Nicht als Ge­hirn-Dres­sur! Nicht als »deut­sche« Bil­dung mit Rü­pel-Ma­nie­ren! Son­dern als Leib, als Ge­bär­de, als In­stinkt, – als Rea­li­tät mit Ei­nem Wor­t… Al­les um­sonst! Über Nacht bloß noch eine Erin­ne­rung! – Grie­chen! Rö­mer! die Vor­nehm­heit des In­stinkts, der Ge­schmack, die me­tho­di­sche For­schung, das Ge­nie der Or­ga­ni­sa­ti­on und Ver­wal­tung, der Glau­be, der Wil­le zur Men­schen-Zu­kunft, das große Ja zu al­len Din­gen als im­pe­ri­um Ro­ma­num sicht­bar, für alle Sin­ne sicht­bar, der große Stil nicht mehr bloß Kunst, son­dern Rea­li­tät, Wahr­heit, Le­ben ge­wor­den… – Und nicht durch ein Na­tur-Er­eigniß über Nacht ver­schüt­tet! Nicht durch Ger­ma­nen und and­re Schwer­füß­ler nie­der­ge­tre­ten! Son­dern von lis­ti­gen, heim­li­chen, un­sicht­ba­ren, blut­ar­men Vam­py­ren zu Schan­den ge­macht! Nicht be­siegt, – nur aus­ge­so­gen! … Die ver­steck­te Rach­sucht, der klei­ne Neid Herr ge­wor­den! Al­les Er­bärm­li­che, An-sich-Lei­den­de, Von-schlech­ten-Ge­füh­len-Heim­ge­such­te, die gan­ze Ghet­to-Welt der See­le mit Ei­nem Male oben­auf! – – Man lese nur ir­gend einen christ­li­chen Agi­ta­tor, den hei­li­gen Au­gus­tin zum Bei­spiel, um zu be­grei­fen, um zu rie­chen, was für un­sau­be­re Ge­sel­len da­mit oben­auf ge­kom­men sind. Man wür­de sich ganz und gar be­trü­gen, wenn man ir­gend­wel­chen Man­gel an Ver­stand bei den Füh­rern der christ­li­chen Be­we­gung vor­aus­setz­te: – oh sie sind klug, klug bis zur Hei­lig­keit, die­se Herrn Kir­chen­vä­ter! Was ih­nen ab­ge­ht, ist et­was ganz An­de­res. Die Na­tur hat sie ver­nach­läs­sigt, – sie ver­gaß, ih­nen eine be­scheid­ne Mit­gift von acht­ba­ren, von an­stän­di­gen, von rein­li­chen In­stink­ten mit­zu­ge­ben … Un­ter uns, es sind nicht ein­mal Män­ner … Wenn der Is­lam das Chris­ten­tum ver­ach­tet, so hat er tau­send­mal Recht dazu: der Is­lam hat Män­ner zur Voraus­set­zung …

      *

      60.

      Das Chris­tent­hum hat uns um die Ern­te der an­ti­ken Cul­tur ge­bracht, es hat uns spä­ter wie­der um die Ern­te der Is­lam-Cul­tur ge­bracht. Die wun­der­ba­re mau­ri­sche Cul­tur-Welt Spa­ni­ens, uns


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