Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.und wieder an seinen Platz tat. Dann schaute er sie an.
»Also, wenn Sie mich fragen – die Karre gehört auf den Schrott!«
Die Lehrerin riß die Augen auf. Was hatte der da eben gesagt? Auf den Schrott? Niemals! Jedenfalls nicht, nachdem sie erst einen Haufen Geld für die Reparatur ausgegeben hatte.
Irgendwie mußte ihr Blick sein Mitleid erregt haben.
»Naja«, lenkte er ein, »vielleicht kann man da ja noch ’was machen. Dazu müßte er aber erst in die Werkstatt.«
Er sah auf das Kennzeichen.
»Ach, Sie sind auch nicht von hier«, stellte er fest. »Wohin wollten Sie denn?«
»Nach Sankt Johann.«
»Nein, welch ein Zufall. Genau da fahre ich hin.«
Er deutete auf seinen Wagen.
»Kommen Sie, wir laden Ihr Gepäck um, und Sie fahren mit mir. Bestimmt gibt’s in Sankt Johann jemand, der den Wagen in eine Werkstatt abschleppt.«
Das Angebot stimmte Verena wieder versöhnlicher.
»Vielen Dank, Herr…«
Er schlug sich vor die Stirn.
»Entschuldigen Sie, mein Name ist Bert Fortmann«, stellte er sich vor.
»Verena Berger. Vielen Dank, für Ihr Angebot, Herr Fortmann. Ich nehme es gerne an.«
»Na, dann los.«
Schnell waren Koffer und Korb in dem schwarzen Kombi untergebracht, und Verena setzte sich auf den Beifahrersitz. Die Handtasche und ihre Lederjacke legte sie auf den Schoß. Bert fuhr von dem Parkplatz herunter. Sein Wagen mußte relativ neu sein. Innen rochen noch die Ledersitze, und der Motor schnurrte wie eine zufriedene Katze. Nicht so laut wie der in ihrer Ente.
*
»Zum Glück ist es nicht mehr weit«, sagte die Lehrerin.
Bert sah sie von der Seite her an.
»Sie kennen sich hier in der Gegend aus?« fragte er.
»Ja, ein wenig. Ich bin früher oft mit den Eltern hiergewesen.«
»Ach, dann machen Sie immer wieder hier Urlaub?«
»Nein, ich war seit mehr als zehn Jahren nicht mehr in Sankt Johann.«
»Hm, da Sie den Ort nicht vergessen haben, muß es Ihnen dort gefallen haben.«
»In der Tat. Es ist ein reizendes Dorf, mit lieben, urigen Menschen. Mitten drin steht eine wunderschöne Kirche, und manchmal hat man den Eindruck, die Zeit wäre stehengeblieben. Im Gegensatz zu anderen Urlaubsorten, in den Bergen, hat man in Sankt Johann noch das Ursprüngliche bewahrt und auf alles Moderne verzichtet, das diesen Reiz zerstören könnte.«
»Na, wenn man Sie so reden hört, könnt’ man glatt meinen, Sie wären dort geboren worden. Sie schwärmen ja richtig.«
Verena lachte.
»Ich hoff’ jedenfalls, alles noch so vorzufinden, wie es damals war. Wie gesagt, es ist zehn Jahre her.«
Sie warf einen Blick auf ihn und versuchte den Mann einzuschätzen. Dem teuren Wagen nach,
schien er nicht gerade arm zu sein. Dafür sprach auch seine Kleidung, sportlich leger zwar, aber gewiß nicht aus dem Versandhauskatalog. Was er wohl ausgerechnet in St. Johann wollte? Leute aus seinem Umfeld verbrachten ihren Urlaub doch eher in viel bekannteren Orten.
»Bis gestern abend wußte ich gar nicht, daß es dieses Dorf überhaupt gibt«, setzte Bert die Unterhaltung fort. »Es war mehr ein Zufall, daß ich ihn auf der Karte entdeckt habe.«
»Und warum haben Sie sich dann für ihn entschieden?«
Der Anwalt hob eine Hand und ließ sie wieder sinken.
»Ehrlich, ich habe keine Ahnung«, gestand er. »Wer weiß, was das Schicksal mit mir vorhat, daß es mich ausgerechnet hier herfahren ließ.«
»Ich glaub’ jedenfalls, daß Sie net enttäuscht sein werden.«
Bert lachte auf.
»Ich bin jedenfalls gespannt. Wenn man Sie reden hört, könnt’ man glauben, die Chefin des Tourismusbüros vor sich zu haben. Wenn Ihre Vorhersage eintrifft, und es mir dort wirklich so gut gefällt, werde ich Sie für diesen Posten vorschlagen.«
»Besser nicht«, gab Verena zurück. »Ich bin Lehrerin und hänge an meinem Beruf.«
Das meinte sie ehrlich. Verena hatte sich dafür entschieden, das Lehramt zu studieren, obwohl sie wußte, daß es nicht immer ein leichter Beruf war. Auf der anderen Seite empfand sie eine große Befriedigung dabei. Es war etwas sehr Schönes, junge Menschen auf das künftige Leben vorzubereiten, sie zu formen und ihnen das nötige Rüstzeug mitzugeben. Sie war wirklich mit Leib und Seele Lehrerin.
»Gleich sind wir da«, deutete sie nach vorn.
Nach einer langgezogenen Kurve tauchte zwischen den Bergen das Tal auf, in dem St. Johann lag. Bert Fortmann stieß einen Pfiff aus. Offensichtlich beeindruckte ihn, was er da sah.
»Also, der erste Eindruck ist ja immer der wichtigste«, meinte er. »Und dieser hier ist wirklich nicht schlecht!«
Verena sah ihn von der Seite an. Er hatte ein markantes Profil, die dunklen Haare waren modisch kurzgeschnitten. Doch, er sah wirklich gut aus, und er war gar nicht so ein »typischer Mann«, wie sie zuerst gedacht hatte, als er so abfällig über ihren geliebten Wagen sprach. Ihr erster Eindruck von ihm war nicht der beste gewesen, doch auf den zweiten Blick…
Viele Männer gab es bisher in ihrem Leben nicht. Das Studium, das sie sehr ernsthaft betrieben hatte, ließ ihr keine Zeit dafür. Eigentlich war Gerald der erste Mann, der sie wirklich ernsthaft umwarb. Aber erst jetzt spürte sie ihr Herz schneller klopfen.
»Wohnen Sie auch im Hotel?« riß Bert Fortmann sie aus ihren Gedanken.
Sie hatte gar nicht bemerkt, daß er angehalten hatte.
»Wie bitte? Oh, nein, das kann ich mir nicht leisten«, antwortete sie. »Ich habe ein Zimmer in der Pension gemietet, in der ich früher immer mit meinen Eltern abgestiegen bin.«
»Gut, dann setze ich Sie dort ab«, sagte er und startete den Motor. »Sie müssen mir nur den Weg sagen.«
»Aber, das ist doch gar nicht nötig«, widersprach sie, weil sie seine Hilfsbereitschaft nicht weiter ausnutzen wollte. »Die paar Schritte kann ich doch laufen.«
Bert deutete mit dem Daumen hinter sich.
»Und Ihr Gepäck? Das wollen Sie doch wohl nicht alles alleine schleppen.«
Da hatte er natürlich recht.
»Aber nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Natürlich nicht«, winkte er ab. »Also, sagen Sie, wo’s langgeht.«
Verena erklärte ihm, wie er zu fahren hatte, und zwei Minuten später standen sie vor der Pension Rathmacher. Es war ein großes weißes Haus, mit umlaufendem Balkon, und wunderschönen Lüftlmalereien auf der Giebelseite.
Bert trug die beiden Koffer bis vor die Eingangstür. Dort stellte er sie ab und reichte Verena zum Abschied die Hand.
»Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub«, sagte er, wobei er sympathisch lächelte und ihr in die Augen schaute.
»Den wünsche ich Ihnen auch«, erwiderte sie. »Und herzlichen Dank, für Ihre Hilfe. Ich weiß gar nicht, was ich ohne Sie angefangen hätte. Wahrscheinlich würd’ ich jetzt noch auf dem Parkplatz stehen.«
»Aber, das war doch selbstverständlich«, wehrte er ab. »Hoffen wir, daß jemand Ihren Wagen reparieren kann.«
»Ja, ich werde mich gleich darum kümmern. Also, nochmals, vielen Dank.«
Verena drückte den