Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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hob eine Hand.

      »Jetzt«, sagte er. »Horch’.«

      Max lauschte mit angestrengten Sinnen. Da, jetzt hörte er es auch. Aus der Ferne erklang Motorengeräusch, das immer näher kam. Dann schlug eine Autotür. Schließlich wurde es für einen Moment still. Die beiden Männer im Hochsitz sahen sich an. Sollte das wirklich der Wilderer sein? Mit soviel Glück in der ersten Nacht hatten sie gar nicht gerechnet.

      Ein deutliches Knacken im Unterholz war zu hören, dann Schritte, die sich näherten.

      Der Gendarm gab dem Förster ein Zeichen. Vorsichtig, jedes Geräusch vermeidend, kletterten sie die Leiter hinunter. Brutus hatte sich aufgestellt. Angespannt wartete er auf ein Zeichen seines Herrn, daß der die Jagd eröffnete.

      »Ich gehe einen Bogen, dann haben wir ihn in der Zange«, wisperte Max seinem Begleiter zu.

      Xaver nickte. Während der Polizeibeamte einen Bogen schlug, um sich dem Unbekannten von der Rückseite her zu nähern, pirschte sich der Förster durch die Büsche an den Weg heran. Bis auf ein paar Metern war er heran, als er die dunkle Gestalt den Weg heraufkommen sah. Er riß die Büchse hoch und legte an. Dabei machte er einen Schritt nach vorn und trat mit dem Fuß in einen Kaninchenbau. Mit einem gurgelnden Schrei fiel er zu Boden. Dabei löste sich ein Schuß aus dem Gewehr.

      »Max, paß’ auf, daß er net entwischt!« rief der Förster in den Knall hinein.

      Er drehte sich im Liegen herum. Der verstauchte Fuß tat fürchterlich weh. Xaver biß sich auf die Lippen, um den Schmerz zu unterdrücken. Dabei robbte er sich bis auf den Weg. Gerade eben noch sah er die Gestalt den Weg hinunterrennen und dann nach links abbiegen. Kurz darauf kam Max Trenker von der anderen Seite.

      »Nach links, Max!« rief Xaver. »Er ist nach links gelaufen.«

      Der Polizist lief hinterher. Der andere hatte einen guten Vorsprung, und obwohl der Beamte alles andere als unsportlich war, merkte er doch, wie es ihn in die Seite stach.

      Nur net aufgeben, sagte er sich und spurtete weiter. Doch nach ein paar Metern blieb er stehen. Vor sich in der Dunkelheit hörte er wieder eine Autotür klappen. Der Wilddieb – er mußte es sein, ein anderer würde net so weggerannt sein – war schneller gewesen. Außerdem war er wohl so schlau gewesen, den Wagen gleich in Fluchtrichtung zu drehen, so daß er nicht erst umständlich wenden mußte. Er war offensichtlich mit allen Wassern gewaschen! Max schaute sich die Reifenspuren an. Das Profil war abgefahren und somit unbrauchbar. Er drehte um und ging langsam zurück. In einiger Entfernung kam ihm Xaver Anreuther humpelnd entgegen. Der Förster war wütend.

      »Ich hab’s vermasselt«, schimpfte er mit sich selbst. »Dieser vermaldedeite Kaninchenbau war schuld. Jetzt ist der Kerl natürlich gewarnt.«

      Er erzählte, wie es zu dem Unglück gekommen war. Brutus, der erst hatte losstürmen wollen, war zurückgekehrt, als er seinen Herrn hatte fallen sehen.

      »Der Bursche war ziemlich schnell«, tröstete Max den Förster. »Wahrscheinlich hätte selbst der Hund Mühe gehabt, ihn zu schnappen.«

      Er bückte sich und tastete Xavers Bein ab. Der linke Fuß war leicht geschwollen.

      »Wirst’ es bis nach Hause schaffen, wenn ich dich stütz?« fragte er.

      »Wird schon gehen«, gab der Förster zurück, dem man immer noch ansah, wie wütend er über sein Mißgeschick war.

      »Laß gut sein«, meinte Max. »Für’s erste haben wir den Kerl ja verscheucht. So bald wird er net wiederkommen.«

      »Und gerad’ das macht mir Sorgen«, erwiderte Xaver, während er sich auf Max’s Schulter stützte. »Wer weiß, wo er jetzt sein Unwesen treibt. Gleich morgen früh werd’ ich die anderen Revierförster anrufen und ihnen erzählen, was hier los ist.«

      »Also, laß uns erstmal im Forsthaus sein«, sagte der Polizist. »Du mußt dich hinlegen. Der Fuß braucht Ruhe. Ich werd’ dir einen kalten Umschlag machen, und morgen früh schick’ ich gleich den Dr. Wiesinger vorbei. Der soll sich den Fuß mal ansehen. Alles weitere werden wir entscheiden, wenn’s dir wieder besser geht. Außerdem hab’ ich immer noch den Moosbacher auf’m Zettel. Morgen vormittag werd’ ich ihm einen Besuch abstatten. Mal sehen, was dabei herauskommt.«

      Der Weg zum Forsthaus schien unendlich lang zu sein. Dabei waren sie vorher kaum eine halbe Stunde gegangen. Jetzt dauerte es fast eine ganze Stunde. Aufatmend ließ sich Xaver erst einmal draußen auf der Bank nieder, während Max drinnen alles vorbereitete.

      Ich der Küche fand er eine Flasche mit essigsaurer Tonerde. Er tränkte ein Handtuch damit. Dann holte er Xaver herein und half ihm, sich auf das Bett zu legen. Vorsichtig öffnete er ihm den Schuh, und zog den Strumpf aus. Durch den Rückweg hatte der Fuß noch mehr gelitten. Er war jetzt viel stärker angeschwollen als vorher. Max legte den kühlenden Umschlag darum und schob ein Kissen unter das Bein. Bevor er sich auf den Heimweg machte, erkundigte er sich, ob Xaver noch etwas brauchte und verabschiedete sich, als der Förster verneinte.

      »Schön ruhig halten, den Fuß«, ermahnte er. »Der Doktor kommt gleich morgen früh heraus. Ich schau’ am Nachmittag wieder vorbei.«

      »Ist schon recht«, nickte Xaver. »Vielen Dank auch für deine Hilfe.«

      »Dafür net«, winkte Max ab und schloß die Tür hinter sich.

      Draußen graute schon langsam der Morgen. Max sah auf die Uhr und stellte erstaunt fest, daß es schon weit nach drei war. Wenn er sich beeilte, dann konnte er noch ein paar Stunden schlafen. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr nach St. Johann zurück.

      Als er zu Hause ausstieg und den Dienstwagen abschloß, begrüßte gerade irgendwo ein krähender Hahn den neuen Tag.

      *

      Man merkte schon, daß es Urlaubszeit war. Das Hotel war nahezu ausgebucht, und wie Bert beim Frühstück hörte, waren auch die Pensionen in und um St. Johann herum gut belegt.

      Der junge Anwalt, aus der Stadt an der Donau, saß an einem Einzeltisch und ließ sich das Frühstück schmecken. Am Abend zuvor, hatte er hervorragend im Restaurant des Hotels gegessen, und auch das morgendliche Speisenangebot ließ keine Wünsche offen.

      Bert Fortmann genoß es, endlich einmal Zeit zu haben, ohne den Druck eines Termins bei Gericht, oder mit einem Mandanten im Nacken zu spüren. Nachher wollte er eine erste Tour unternehmen. Sepp Reisinger, der Löwenwirt, hatte ihm Wanderkarten und Informationsmaterial gegeben, so daß er nicht ins Touristencenter mußte. Bert studierte die Unterlagen während des Frühstücks. Er entschied sich für eine Wanderung auf die Kanderer-Alm. Das war ganz in der Nähe und schien eine Strecke zu sein, die er leicht schaffen konnte. Regelmäßiger Sport gehörte nicht unbedingt zu seinen Leidenschaften, doch ganz unsportlich war er auch nicht.

      Mit einem leichten Blouson und bequemen Schuhen ausgerüstet, machte er sich auf den Weg. Es war ein sonniger Morgen, und die Temperaturen sollten noch weit über zwanzig Grad klettern. Obwohl es in der Nacht schon recht kalt war, wie der Löwenwirt erzählte.

      Draußen, vor dem Hotel

      herrschte reger Betrieb. Zahlreiche Urlauber waren in Gruppen angereist, die sich jetzt sammelten, um zu ihren Touren aufzubrechen. Erstaunlich viele junge Leute waren darunter, wie Bert feststellte. Dabei hatte er angenommen, daß sie eher die bekannteren Urlaubsziele bevorzugten.

      Der Anwalt orientierte sich anhand seiner Karte und marschierte los. St. Johann schien ein typisches, oberbayerisches Dorf zu sein. Die Häuser und die Gärten machten alle einen gepflegten Eindruck. Kaum ein Giebel war ohne die kunstvollen Lüftlmalereien.

      Bert hatte zwei Straßen durchquert, war an einem kleinen Brunnen vorbeigekommen und fand schließlich den Wegweiser, der die Richtung angab, in der es auf die Kanderer-Alm ging. Langsam aber stetig führte der breite Weg bergan. Offenbar hatten mehrere Leute dieselbe Idee gehabt, wie er, denn vor und hinter ihm waren etliche unterwegs. Der Anwalt blieb einen Moment stehen und schaute zu den beiden Gipfeln hinüber, die auf der anderen Seite des Tales in die Höhe ragten. Himmelsspitz


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