Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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zu bieten hatte. Aber er wollte auch unbedingt, morgen, oder übermorgen die Alm mit der Sennerei besuchen.

      Er trank sein Bier aus, zahlte und machte sich auf, den kleinen Ort durch einen ersten Spaziergang kennenzulernen. Ihm war die Kirche aufgefallen, die dem Hotel schräg gegenüber lag. Auf der anderen Seite, das mußte wohl das Rathaus sein. Bert konnte sehen, daß dort auch die Touristeninformation untergebracht war. Bestimmt bekam er da weitere Tips und Karten, um seinen Urlaub zu gestalten. Eine Woche hatte er eingeplant, doch wenn es ihm wirklich so gut gefiel, würde es kein Problem sein, noch zu verlängern.

      Er schlenderte über den Platz und ging den Kirchweg hinauf. Vor dem Gotteshaus war ein Mann damit beschäftigt, das erste fallende Laub zusammen zu harken.

      »Grüß’ Gott. Ist die Kirche geöffnet?« erkundigte sich der Anwalt.

      Der Mann hielt in seiner Tätigkeit inne.

      »Freilich, gehen S’ nur hinein. Wenn S’ etwas wissen wollen, dann fragen S’ nur. Ich bin der

      Mesner.«

      Bert Fortmann bedankte sich und trat durch das Portal. In der Kirche war es angenehm kühl. Der Besucher blieb einen Moment stehen und ließ den Eindruck auf sich wirken. Blau und rot waren die vorherrschenden Farben, das Blattgold, mit dem Figuren und Bilder belegt waren. Die bleiverglasten Fenster zeigten Motive aus biblischen Geschichten, und über dem Altar hing das Kreuz mit dem Erlöser.

      An der linken Wand befand sich die Kanzel. Eine reich verzierte Treppe führte nach oben. Die Bänke, auf denen die Gemeinde saß, waren ebenfalls mit Schnitzereien geschmückt.

      Langsam ging Bert durch das hohe Kirchenschiff. Er ließ sich Zeit beim Betrachten, und es wurde ihm bewußt, daß er diesmal wirklich Zeit dazu hatte.

      Aus einer Tür, die sich unter der Galerie befand, trat ein Mann heraus und schaute zu dem Besucher hinüber. Bert nickte ihm grüßend zu. Der Mann kam näher.

      »Seien Sie in unserer Kirche herzlich willkommen«, sagte er. »Ich bin Pfarrer Trenker. Schön, daß Sie einen Moment Zeit gefunden haben, sich hier umzusehen. ich freue mich über jeden Besucher.«

      Bert Fortmann stellte sich höflich vor.

      »Ich habe selber gerade gemerkt, daß ich wirklich Zeit dazu habe«, antwortete er. »Leider findet man sie erst im Urlaub. Dabei würde es im Alltag bestimmt hilfreich sein, wenn man sich für ein paar Minuten Besinnung an solch einen Ort flüchtet.«

      »Sie machen Urlaub in Sankt Johann?« erkundigte sich der Geistliche.

      Bert machte ein nachdenkliches Gesicht.

      »Ich weiß net, ob es wirklich ein Urlaub ist, oder vielleicht doch eher eine Flucht«, antwortete er.

      Sebastian Trenker sah ihn aufmerksam an. Er spürte, daß diesen Mann etwas bewegte, wenn nicht gar bedrückte. Hatte er sich deshalb hierher »geflüchtet«, wie er es nannte?

      »Vor dem Leben kann man nicht fliehen«, meinte er. »Es holt einen immer wieder ein.«

      Bert Fortmann lächelte.

      »Aber manchmal darf man sich eine kleine Auszeit nehmen«, erwiderte er.

      »Vom Leben? Unmöglich!«

      »Ja, da haben Sie recht, Hochwürden. Aber von den widrigen Umständen, die einem das Leben oft genug schwer machen.«

      Während ihrer Unterhaltung waren sie langsam zum Ausgang zurückgegangen. Sebastian hatte das Gefühl, Bert Fortmann seine Hilfe anbieten zu müssen. Er wurde das Gefühl nicht los, daß der Mann etwas mit sich herumtrug. Etwas, das an ihm nagte. Äußerlich gab er sich zwar gelassen, ja sogar heiter, doch das, was er sagte, hatte den Pfarrer aufhorchen lassen.

      »Wenn Sie einmal glauben, über etwas reden zu müssen, dann bin ich gerne bereit, Ihnen zuzuhören«, bot er an. »Natürlich nur, wenn Sie es wirklich möchten.«

      »Vielen Dank, Herr Pfarrer. Vielleicht nehme ich Ihr Angebot sogar an.«

      »Nun, ich würd’ mich freuen, Ihnen helfen zu können.«

      Sie verabschiedeten sich. Während der Geistliche zum Pfarrhaus hinüberging, schlenderte Bert Fortmann zur Straße hinunter und bummelte weiter durch das kleine Dorf.

      Das Gespräch mit dem Geistlichen hatte ihm noch einmal gezeigt, daß er Gloria von Haiden und die Umstände der Trennung von ihr, noch lange nicht vergessen würde.

      *

      »Hm, das schmeckt einfach himmlisch«, sagte Verena Berger zu der Pensionswirtin.

      Ein großes Glas von der selbstgekochten Erdbeermarmelade stand auf dem Tisch. Daneben lag ein Brett mit dicken Scheiben, die die Wirtin von dem frischen Rosinenbrot abgeschnitten hatte.

      »Greifen S’ nur tüchtig zu«, forderte Christel Rathmacher sie auf.

      »Vielen Dank, aber es reicht wirklich.«

      Die beiden Frauen saßen in der Küche. Es gab auch einen Frühstücksraum für die Gäste, aber Verena hatte schon früher immer gerne im Kreise der Familie gesessen. Dazu gehörte der Mann, Walter Rathmacher, der in der Kreisstadt arbeitete, und ein Sohn, Tobias, der ein paar Jahre jünger war als Verena. Sie hatten damals oft zusammen gespielt. Die Lehrerin erkundigte sich nach dem alten Spielkameraden.

      »Der Tobi, der hat Automechaniker gelernt«, erzählte seine Mutter. »Der war ja immer schon ganz vernarrt in Autos und Traktoren.«

      »Automechaniker?«

      Verena faßte sich an den Kopf.

      »Um Himmels willen, das hätt’ ich ja beinahe vergessen!«

      Christel Rathmacher sah sie fragend an, und die junge Frau erzählte ihr von dem Pech mit ihrem Wagen.

      »Das bringt der Tobi schon in Ordnung«, sagte sie zuversichtlich. »Um fünf hat er Feierabend. Er ist drüben beim Wallinger angestellt. Wenn er hier ist, könnt ich gleich das Auto abschleppen. Dann kann er vielleicht heut’ abend noch nachsehen, was mit Ihrem Wagen ist.«

      »Das wäre sehr schön«, nickte Verena. »Obwohl, mit der Reparatur kann er sich Zeit lassen. Ich möcht’ ihn nur net über die Nacht auf dem Parkplatz stehen lassen.«

      Sie erzählte, daß der Wagen sie gerade erst viel Geld gekostet hatte.

      »Hoffentlich bekommt Tobias ihn überhaupt wieder hin«, sagte sie hoffnungsvoll. »Ich häng’ schon an ihm.«

      »Da machen S’ sich mal keine Gedanken«, munterte die Wirtin sie auf. »Der Bub hat seinen Beruf gut gelernt und die Prüfung hat er mit einer Eins bestanden. Der gibt net auf, bevor er den Fehler net gefunden hat.«

      Christel Rathmacher erhob sich.

      »Wenn S’ wirklich net mehr wollen, dann räum’ ich jetzt ab.«

      »Ich helfe Ihnen natürlich.«

      Schnell war der Tisch abgeräumt, und das Geschirr in die Spülmaschine gestellt. Verena ging in ihr Zimmer hinauf und packte die Koffer aus. Dann legte sie sich auf das Bett und schloß für einen Moment die Augen. Die Fahrt hierher war schon anstrengend gewesen, und dazu die Aufregung wegen der Panne mit dem Wagen

      Zum Glück war da ja der hilfsbereite Mann gewesen, der sie mitgenommen hatte. Bert Fortmann – fiel ihr der Name wieder ein.

      Gut sah er aus, sympathisch war er – ob er auch verheiratet war…? Ganz deutlich sah sie sein Gesicht vor sich. Bestimmt war er verheiratet, oder sonst irgendwie gebunden. Allerdings – hatte er einen Ehering getragen? Verena versuchte, sich zu erinnern und lachte plötzlich auf. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Warum nur, machte sie sich so viele Gedanken über ihn?

      Sie brauchte keine Minute, um sich diese Frage zu beantworten – sie hatte sich in diesen »Kavalier der Landstraße« verliebt!

      Diese Erkenntnis trieb sie jäh aus dem Bett. Verwirrt setzte sie sich auf die Kante und versuchte, ihre Gedanken


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