Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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Kleidung ihrer Heimath alle Schüchternheit abgelegt und mit den von Gold und Edelsteinen strotzenden seidenen Gewändern der persischen Fürstin den Stolz und die Hoheit einer Königin angezogen habe.

      Der allmächtige Aufseher der Frauen des Königs küßte ihr Gewand und nahm diese Gabe schweigend in Empfang. Mit solchem Stolze war ihm noch keine seiner Untergebenen entgegen gekommen. Alle bisherigen Weiber des Kambyses waren Asiatinnen, und diese pflegten, weil sie die Allmacht des Eunuchen-Obersten kannten, Alles aufzubieten, um seine Gunst durch Schmeichelworte und demüthiges Wesen zu gewinnen.

      Der Greis beeilte sich, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Während er Nitetis dem Fuhrwerke entgegen führte, flüsterte sie ihm, seinen Arm an ihre Brust drückend, zu: »Bist Du mit mir zufrieden, mein Vater?«

      »Ich sage Dir, Mädchen,« antwortete der Greis, »Du wirst an diesem Hofe, nach der Mutter des Königs, die Erste werden, denn auf Deiner Stirn thront der wahre Stolz der Königin und Du besitzest die Kunst, mit Wenigem viel zu verrichten. Glaube mir, daß eine kleine Gabe, wie Du sie zu wählen und darzureichen verstehst, dem Edlen größere Freude bereitet als ein Haufen Goldes, den man vor ihm niederwirft. – Köstliche Geschenke zu geben und zu empfangen ist die Gewohnheit der Perser. Sie verstehen es, einander zu bereichern; Du wirst sie lehren, einander zu beglücken. – Wie schön Du bist! Sitzest Du gut oder verlangst Du höhere Polster? Aber, was ist das? – Siehst Du nicht Staubwolken von der Stadt her aufwirbeln? Das wird Kambyses sein, welcher Dir entgegenzieht. Halte Dich aufrecht, Mädchen! Vor Allem bemühe Dich, den Blick Deines Gatten auszuhalten und zu erwiedern. Nur Wenige ertragen die Blitze dieses Auges. Gelingt es Dir, ihm frei und ohne Zagen in’s Gesicht zu schauen, dann hast Du gesiegt. Muth, Muth, meine Tochter; Aphrodite schmücke Dich mit ihrer schönsten Schönheit! – Zu Pferde, meine Freunde, ich glaube, daß der König uns entgegenzieht!« Nitetis saß hoch aufgerichtet und die Hände auf das Herz pressend in dem goldenen Wagen. Die Staubwolke kam immer näher und näher. Jetzt flackerten auf derselben lichte Sonnenstrahlen, welche sich in den Waffen der Heranziehenden spiegelten, wie Blitze aus dem Gewitterhimmel hervor. Jetzt theilte sich die Wolke und einzelne Gestalten wurden sichtbar, jetzt verschwand der nahende Zug hinter dichtem Buschwerk an der Krümmung des Weges, jetzt, kaum hundert Schritte von ihr entfernt, zeigten sich die heransprengenden Reiter, nah und immer näher kommend, fast greifbar deutlich.


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