Die schönsten Pferdegeschichten. Lise Gast

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Die schönsten Pferdegeschichten - Lise Gast


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gewünscht habe: eine gute Praxis, einen kleinen Wagen, um zum Reitverein fahren zu können, eine Menge befreundeter Familien – ja, doch, etwas mehr Zeit für mich selbst könnte ich schon gebrauchen. Damit ich dreimal und nicht nur zweimal die Woche reiten kann.“

      „Sonst nichts?“

      Sie lachte.

      „Natürlich auch sonst noch verschiedenes. Der Mensch ist ein Geschöpf, das immer wünscht. Bei Busch heißt es:

      Ein jeder Wunsch, der sich erfüllt,

      kriegt augenblicklich Junge.

      Ist es nicht so? Hat man das Studium beendet, wünscht man sich eine Praxis, und hat man die, dann möchte man viele Patienten haben. Und wenn man diesen Wunsch erfüllt bekam, dann wünscht man sich mehr Zeit für sich selbst … übrigens alles Dinge, die man nicht auf einen Wunschzettel schreiben kann. Und so geht es allen, glaube ich.“

      „Meinen Eltern jedenfalls ging es so. Sie haben mir oft erzählt, daß sie sich sehr einen Sohn wünschten. Na, den haben sie nun, Werner. Und jetzt wünschen sie sich, daß er auch reitet“, erzählte Petra und lachte. Anja hatte bisher geschwiegen.

      „So wäre ich nicht“, sagte sie jetzt, und es klang sehnsüchtig und ein wenig traurig. „So würde ich auch nie werden –“

      „Ich auch nicht“, behauptete Petra. „Erwachsene sind blöd. Ich mach’ es mal anders, wenn ich groß bin.“

      „Und wie wirst du es machen?“ fragte Onkel Kurt.

      „Ich wünsche nicht. Ich nehme mir was vor. Ganz fest. Ich nehme mir vor, zu erreichen, was ich haben will. Ich spare wie verrückt auf ein eigenes Pferd, kauf’ mir nichts, nichts, nichts anderes, nichts zum Anziehen, kein Eis, keine Schallplatte. Wenn man wirklich etwas will, bekommt man es auch, sagt mein Vater immer.“

      „Es gibt aber Dinge, die man mit allem Willen nicht erreichen kann“, sagte Anja heftig. „Wo Sparen gar nichts hilft, und kein eiserner Wille. Und andere bekommen es geschenkt – und wollen es sogar nicht mal –“ Sie schwieg. Alle schwiegen. Jeder dachte so vor sich hin. Auf einmal fuhr Onkel Kurt rechts an den Straßenrand und bremste. „Wir sind da“, sagte er halblaut. Es klang zaghaft – warum eigentlich? Petra hinten lachte.

      „Jetzt haben wir von der Fahrt gar nichts gemerkt! Hier wohnen Sie?“

      Sie waren in einer Siedlung einer kleinen Stadt angekommen, links von der Straße ging es einen Hang hinauf und rechts hinunter zu einem breiten Flußtal. Jenseits des Bürgersteiges, an dem der Wagen hielt, stand eine dicke, im Sommer wahrscheinlich frischgrüne, jetzt braungekräuselte Hecke mit einer dicken Schneehaube. Onkel Kurt war hastig ausgestiegen und hatte sich neben die kleine Eingangstür gestellt. Er hielt sie für Cornelia auf und verdeckte mit seinem Körper das Messingschild, das neben dem Gartenpförtchen in der Hecke hing. Es fiel ihr nicht auf, auch den beiden Mädchen nicht.

      „Bitte!“ sagte er.

      Cornelia ging durch die kleine Tür, Petra und Anja folgten. Man kam hier auf eine kleine Brücke, die zum Haus hinüberführte. Das lag etwas unterhalb am Hang im Garten, und wenn man über das Brückchen ging, kam man im oberen Stock an.

      „Wunderbar! Wie die Zugbrücke einer Burg!“ sagte Petra und ließ ihre Augen flink umherspähen. „So was hab’ ich in Wirklichkeit noch nie erlebt. Höchstens im Fernsehen. Und jetzt –“

      Nein, so was hatten weder sie noch Cornelia noch Anja je erlebt. Onkel Kurt hatte die Haustür mit einem Drücker geöffnet, und im selben Augenblick waren die Ankommenden von einer Schar winziger Hunde umringt, die allesamt jaulten und quiekten, an den Menschenbeinen emporsprangen, bellten – was man bei solch kleinen Geschöpfen bellen nennen konnte – und hechelten. Petra und Anja quietschten vor Entzücken mit, so außer sich gerieten sie über diesen Schwarm von Kleinsthunden, die edel und komisch zugleich wirkten. Jeder trug ein seidiges, lockeres Fell, manche in Schwarz, manche in Schwarzweiß, andere hellbraun und wieder andere ganz weiß. Ihre Ohren waren das drolligste: Sie standen wie Tüten gefaltet aufrecht und waren viel größer, als man bei solch kleinen Hunden erwartet hätte, so daß sie etwas Fledermausähnliches hatten. Aber entzückend waren die Tiere, eins wie das andere. Die meisten standen jetzt, da die vier Menschen hereingekommen waren, auf den Hinterbeinen und bewegten die Vorderpfötchen, bettelnd oder winkend, und quiekten durcheinander.

      Petra hatte schon eins der Hündchen auf dem Arm und streichelte es entzückt, während sie immerzu rief, so etwas Süßes habe sie noch nie gesehen. Anja fischte sich einen anderen heraus.

      „Sie beißen nicht, nie“, erklärte Onkel Kurt und sah Cornelia von der Seite an. „Mögen Sie Hunde? Es sind Chihuahuas, eine sehr alte Rasse, aber bei uns noch sehr wenig bekannt. Sie stammen aus Mexiko, dort gibt es auch einen Staat dieses Namens. Früher sollen die Azteken sie als Lieblingshunde gehabt haben.“

      „Und das sind alles Ihre? Und selbst gezogen, gezüchtet – sagt man auch bei Hunden so?“ fragte Petra.

      „Die meisten selbst gezogen. Ich habe mich nun einmal in diese Rasse verhebt. Sie besitzen überhaupt keinen Eigengeruch, sonst könnte man solch eine Menge in einem Zimmer überhaupt nicht ertragen. Freilich sind sie auch viel im Garten, denn sie brauchen ja Auslauf wie alle Hunde, aber im Zimmer riecht man sie nicht. Und sie sind an sich unwahrscheinlich sauber.“

      „Aus Mexiko?“ fragte Cornelia. Sie hatte sich in einen Sessel gesetzt, den er ihr hinschob, und gleich drei Hündchen auf den Schoß genommen. „Nein, so etwas Reizendes! Und sie sind nicht künstlich kleingehalten, wie man es mitunter mit Zwergpudeln macht?“

      „O nein, das hasse ich. Diese künstlich kleingehaltenen Hunde sind auch gar nicht langlebig, weil sie widernatürlich aufgezogen werden. Diese hier bekommen soviel zu essen, wie sie mögen, natürlich braucht so einer weniger als ein Bernhardiner beispielsweise. Aber heikel sind sie nicht.“

      „Meiner sieht aus wie ein Fuchs!“ sagte Anja, die einen kleinen hellbraunen auf dem Arm hielt. Onkel Kurt nickte ihr zu.

      „Gut beobachtet! Sie ähneln den Feneks, den kleinen Wüstenfüchsen – ich will mir auch davon ein paar anschaffen. Man kann sie mit den Chihuahuas zusammen halten. In Tunesien bekommt man eventuell noch welche. Sie sind süß, genauso keck wie diese und vielleicht sogar noch schlauer. Schlaue Füchse halt. Würden Sie es schön finden, wenn ich auch noch Wüstenfüchse züchtete?“ fragte er und sah Cornelia an.

      Sie erwiderte seinen Blick, diesmal lachte sie nicht, sondern lächelte nur ein ganz klein wenig mit den Augenwinkeln.

      „Ich“, sie betonte dieses Wort ein klein wenig mehr als die anderen, die jetzt folgten, „ich fände es schön. Aber Ihnen müssen sie ja gefallen!“

      „Mir – mir gefällt eigentlich nur noch, was Ihnen gefällt“, stieß Onkel Kurt jetzt mit Todesmut hervor, „nein, hier kann man ja kein Bein auf den Boden bekommen und keinen Satz zu Ende reden. Hinaus mit euch, ihr Quieker.“ Er öffnete die Verandatür. Sofort überstürzten sich die Hündchen, um hinauszugelangen. Draußen schloß eine Treppe an die Veranda an, die in den Garten führte. Wie ein Wasserfall stürzten und kugelten die Hündchen treppab. Anja und Petra hatte es mitgenommen wie ein reißender Strom …

      „So, jetzt ist man endlich allein, zu zweit wenigstens“, sagte er aufatmend. Cornelia lachte.

      „Irrtum, zu dritt!“ Sie hatte noch ein Hündchen auf dem Schoß, es war halb in ihren Pullover hineingekrochen. „Hier ist noch jemand!“

      „Dieser Jemand stört nicht“, sagte Onkel Kurt. Er sprach jetzt leiser als vorhin, weil er keine dreißig Hundestimmen mehr zu übertönen brauchte. „Es ist übrigens einer meiner Lieblinge, Winki heißt er. Sehen Sie nur seine blanken Augen! – Cornelia, Petra hat mir etwas verraten. Daß Sie keinen Menschen leiden können, der es nicht mit Tieren hält – nun, da brauche ich jetzt wohl nichts mehr zu beteuern, für mich sprechen dreißig kleine Lebewesen. Und daß der Mensch bei Ihnen erst mit dem Arzt, dem Mediziner beginnt. Darf ich da eine Frage stellen? Gilt ein Tiermediziner auch? Ein Dr. med. vet.? Ich habe nach


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