Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.bestärkte, daß wahrhaftig der Satan an Bord erschienen war, um sich die verstörten Seelen zu holen.
Ein Mann, vom Gluthauch des Feuers gestreift, fühlte sich vom Teufel selbst berührt; er hüpfte grotesk durch Rauch und Feuer und stürzte sich mit einem gellenden Aufschrei über Bord.
Ein zweiter sah sein Heil ebenfalls im Wasser und verließ das anscheinend verhexte Schiff auf dem gleichen Weg.
Garcia nahm das alles wie einen bösen Traum zur Kenntnis. Auch er dachte nicht an die Seewölfe, obwohl er genau gesehen hatte, daß von dem Achterdeck der Schebecke etwas in den Himmel gestiegen war. Es mußte seiner Ansicht nach etwas ganz anderes dazwischengekommen sein.
Mit offenem Mund stand er da und blickte fassungslos in das Chaos. Seine Kriegsgaleone hatte sich von einem Augenblick zum anderen in ein Tollhaus aus Rauch, Feuer und brüllenden Männern verwandelt. Das war eine Situation, die ihn überforderte, weil sie zu überraschend gekommen war.
Er schluckte hart und blickte ungläubig auf die Segel, in die sich große Löcher aus heller Glut fraßen. Über die Decks legte sich gleichzeitig eine dunkle Nebelwand, die jetzt nach achtern kroch und teilweise das darunter brennende Feuer verbarg.
Der Spanier brauchte sehr lange, um zu begreifen, daß sein Schiff in Flammen stand.
„Der Teufel ist an Bord“, ächzte er. „Wir sind verloren. Gegen teuflische Mächte sind wir Menschen machtlos. Was können wir tun?“
Molina, ganz gewiß keiner von der ängstlichen Sorte, hatte sich hinter das Schanzkleid gekauert, seit ihn winzige Flammenpfeile bombardierten. Zusätzlich hielt er beide Hände über den Kopf.
„Wir müssen löschen!“ schrie er und stand auf. In seinem Gesicht war eine rote Schramme zu sehen. Seine Stoppelhaare waren angesengt, seit er seine Kopfbekleidung verloren hatte. Eine Druckwelle hatte sie ihm vom Kopf gefegt. Seine steifen Finger der linken Hand hatten sich um den Hinterkopf gekrallt. Die rechte Hand hielt die linke fest, und so stand er in einer Pose da, die ihn nicht unbedingt als Ersten Offizier auswies.
„Löschen!“ brüllte Garcia automatisch nachplappernd. „Wir müssen sofort löschen!“
Er, der strenge und harte Tyrann, dem ein Menschenleben nichts galt, wenn es keinen Profit brachte, der keinen Schlendrian an Bord seines Schiffes duldete, war jetzt selbst desorientiert, verängstigt und wußte nicht, was er zuerst tun sollte.
Er war dieser plötzlich hereinbrechenden Katastrophe seelisch und körperlich nicht gewachsen. Sie war nicht vorhergesehen gewesen, und dieser Umstand lähmte sein Gehirn. Er konnte diese Situation weder taktisch noch strategisch durchdenken, wie er das sonst immer tat. Es war alles viel zu schnell gegangen.
Aber er durfte kein schlechtes Beispiel für seine ohnehin schon kopflos gewordene Mannschaft abgeben, und so riß er sich mit aller Gewalt zusammen.
„Löschen!“ brüllte er so laut er konnte.
Sein befehlsgewohnter Ton ließ die Männer nicht mal ängstlich zusammenzucken. Nur ein paar Kerle blieben stehen und sahen ratlos nach achtern, wo die Offiziere ebenso ratlos herumstanden.
Wieder traf ein Regen aus kleinen Feuerpfeilen das Achterdeck. Ein Mann schrie auf und riß beide Hände vors Gesicht. Blindlings stürzte er sich über Bord ins Wasser.
In den Batteriedecks schwiegen die Geschütze. Auch dort war alles voll Rauch und dichtem Qualm. Aus einer Stückpforte zuckte eine lange Flammensäule.
„Oh, hilf uns, Mutter Gottes“, stammelte Garcia, als wer sah, daß ein Mann nach dem anderen seinen Posten verließ und entweder wie irre über die Decks raste oder einfach ins Wasser sprang, um der brennenden Hölle zu entrinnen, „Sie stehen mit dem Teufel im Bunde.“
Seine Mannschaft war restlos davon überzeugt, daß es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Killigrew hatte keinen einzigen Schuß abgefeuert, es hatte kein Aufblitzen der Kanonen gegeben, und doch brannte die Galeone jetzt vorn, achtern, unten und oben. Da mußte natürlich der Satan seine Hand im Spiel haben.
Garcia geriet übergangslos in rasende Wut. Er riß dem Ersten Offizier die Pistole aus dem Bandelier und feuerte einen Schuß auf die Kuhl ab. Die leergeschossene Waffe warf er hinterher.
„Auf die Stationen!“ brüllte er mit überkippender Stimme. „Jeder, der seinen Posten verläßt, wird auf der Stelle erschossen!“
Aus großer Höhe sank gemächlich ein brennender Segelfetzen wie ein torkelnder Schmetterling nieder. Kleine Funken stoben nach allen Seiten und trafen schreiende Leute.
Wieder sprang einer über Bord. Zwei andere auf dem Quarterdeck blieben besonnen und pützten Wasser, das sie eilig über die Planken gossen.
Inzwischen war die Galeone längst aus dem Ruder gelaufen. Garcia erkannte, daß sie mit der restlichen Fahrt irgendwo in den Mangroven steckenbleiben würden. Dort waren Sumpf, Morast und sehr flaches Wasser.
Er brüllte den Rudergänger an, Hartruder nach Steuerbord zu legen, doch die Galeone gehorchte dem Ruderdruck nicht mehr oder nur sehr zögernd. Sie lief kaum noch Fahrt und drehte immer weiter zur anderen Seite hinüber.
Er sprang auf den verängstigten Mann zu und schüttelte ihn heftig.
„Hartruder habe ich gesagt, du Bastard! Willst du das Schiff aufs Ufer jagen? Hartruder Steuerbord!“
Der Rudergänger am Kolderstock zitterte am ganzen Körper. Einmal war es die Furcht vor dem herrischen und oft unberechenbaren Capitán, und dann war es die nackte, kreatürliche Angst vor dem Feuer, die noch stärker war. Er sah einen Mann mit brennender Kleidung über das Deck rasen. Bei diesem Anblick verlor er die Nerven.
Er stieß Garcias Hand zur Seite, ließ den Kolderstock los und brüllte: „Fahr zur Hölle, du Schinder!“
César Garcia blickte ihm fassungslos nach. Der Mann hatte vor Angst weitgeöffnete Augen und einen irren Blick. Der Kapitän wollte sich ihm in den Weg stellen, doch in dem flackernden Blick las er gleichzeitig eine mörderische Wut, die gegen all jene gerichtet war, die versuchen würden, ihn aufzuhalten. Der Rudergänger hatte auch die Hände wie Krallen gekrümmt und würde sich nicht scheuen, in der jetzigen Notlage seinen Capitán anzugreifen.
Er stürmte geifernd an Garcia und dem zweiten Offizier vorbei, sprang über die Schmuckbalustrade auf das Quarterdeck und von dort aus mit einem gewaltigen Satz ins Wasser, das schäumend über ihm zusammenschlug.
Der Zweite Offizier eilte kommentarlos zum Kolderstock und übernahm ihn, weil kein anderer Mann in der Nähe war. Die meisten hatten sich auf den einzelnen Decks versammelt und bildeten nur widerwillig Eimerketten, um das Feuer zu löschen. Die allgemeine Disziplin ließ mehr als zu wünschen übrig.
Ein rußgeschwärzter Mann näherte sich dem Capitán mit einer gewissen Unterwürfigkeit.
„Das Feuer ist nicht zu löschen“, sagte er mit versagender Stimme. „Wenn Wasser darüber gegossen wird, fängt das Wasser zu brennen an, Capitán. Wir können nicht löschen.“
Garcia blickte fassungslos Molina an. Sein Blick wanderte ungläubig zu dem Mann zurück.
„Wahnsinn!“ stieß er hervor. „Molina, untersuchen Sie das sofort. Nehmen Sie eine Waffe mit, und schießen Sie jeden Kerl nieder, der sich nicht am Löschen beteiligt. Ich glaube diesen Unsinn nicht. Überzeugen Sie sich davon, und erstatten Sie mir sofort Bericht, auch darüber, wie es unter Deck in den einzelnen Abteilungen aussieht.“
Molina nickte verstört. Rußpartikel des Feuers hatten sein Gesicht getroffen und brannten wie glühende Pfeile darin. Zusammen mit dem anderen Mann verließ der das Achterdeck.
Garcia warf einen haßerfüllten Blick auf den Rudergänger, der im Wasser schwamm und Kurs auf die Karavelle „Ghost“ nahm. Er winkte Ruthland zu und brüllte: „Lassen Sie den Hundesohn nicht an Bord, Engländer! Er ist ein Deserteur und Verräter! Und bringen Sie uns endlich Hilfe, verdammt noch mal!“
Das erstere tat Ruthland bereitwillig. Als der