Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.einer gewaltigen Explosion bersten. Dann blieb keine Planke mehr auf der anderen.
Eine der rußgeschwärzten Gestalten brach stöhnend zusammen. Ein zweiter Mann schleppte sich würgend und keuchend zurück. Er fiel auf die Knie und erbrach sich.
Garcia stand da und stierte in Qualm und Flammen.
„Das Schott einschlagen“, sagte er mühsam und mit tränenden Augen. „Gießt Wasser in die Räume.“
„Wir schaffen das nicht mehr“, erwiderte der Erste mit heiserer Stimme. „In dem Rauch hält es niemand aus, ohne zu ersticken. Wir sollten das Schiff so schnell wie möglich verlassen.“
„Wann wir das Schiff aufgeben, bestimme ich!“ kreischte Garcia. „Wir müssen den Versuch wagen. Lassen Sie Äxte holen!“
Äxte und Beile wurden gebracht. Die Männer banden sich nasse Tücher vor die Gesichter und hieben verzweifelt auf das Schott ein.
Holz splitterte und barst. Andere gossen mit wildem Schwung Wasser ziellos über Männer und Holzbalken.
„Raus mit dem Zeug, über Bord damit!“ schrie Garcia. Er packte selbst mit an, mußte aber schon nach kurzer Zeit aufgeben, weil er keine Luft mehr kriegte.
Zwei anderen gelang es, in die Pulverkammer vorzudringen. Mit dem Mut der Verzweiflung stürzten sie hinein.
Garcia stand in ein paar Schritten Abstand keuchend daneben und versuchte in der Finsternis etwas zu erkennen. Er sah nichts, nicht mal die Umrisse der Männer.
Er wartete und wartete. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, aber die Männer kehrten nicht zurück.
Er riß einem Kerl in seiner Nähe den nassen Lappen vom Gesicht und tastete sich in den Raum. Der Qualm war so dicht, daß er nicht die Hand vor den Augen sah.
Er stolperte über eine stumme Gestalt am Boden und mußte sich zurückziehen. Der beizende Rauch war unerträglich, und er spürte, wie ihm alles vor den Augen verschwamm. Taumelnd verließ er den Raum. Ein Schwall Wasser traf ihn so hart, daß er fast den Halt verlor.
„Das ist das Ende“, sagte er mit erstickter Stimme. „Das ist das Ende. Wir schaffen es nicht mehr. Dieser Bastard von einem Höllenhund hat mich, César Garcia, geschlagen. Und trotzdem kriege ich ihn, das schwöre ich!“
Molina entgegnete nichts. Sie hatten jetzt wahrhaftig anderes zu tun, als an Rache zu denken. El Lobo del Mar war für sie im Augenblick so weit entfernt wie der Mond. Er war unerreichbar geworden. Aber der Capitán dachte auch jetzt noch an seine Rache.
Er lachte stoßartig und verächtlich auf. Dann wandte er sich abrupt um und ließ Molina stehen.
Es gab nichts mehr zu tun. Was sie taten, war nichts weiter als eine Sisyphusarbeit, eine völlig nutzlose Sache. So wie sie hatte es auch der griechische Sagenheld, der König von Korinth, getan. Durch Schlauheit und List hatte er immer wieder sittlich und moralisch fragwürdige Erfolge errungen, für die ihn die Götter nach seinem Tode bestraften.
Er wurde dazu verurteilt, in der Unterwelt einen riesigen Felsbrocken einen steilen Berghang hinaufzuwälzen. Jedesmal, wenn er fast den Gipfel erreicht hatte, rollte dieser Felsbrocken wieder zurück, und die nutzlose Arbeit begann von neuem – bis in alle Ewigkeit.
So war es auch hier, nur mit dem Unterschied, daß es sich um ein Feuer handelte, das nicht zu löschen war. War es ihnen gelungen, einen Brand zu ersticken, so flackerte an einer anderen Stelle sofort ein neues Feuer auf, und alles begann von vorn.
Molina hastete nach oben und blieb am Niedergang zur Kuhl stehen.
Der Fockmast stand in hellen Flammen, die gierig nach oben züngelten. Am Großmast glimmten Rahen und Spieren. An der Steuerbordseite hatte sich das Feuer durch den Rumpf gefressen. Einer der Siebenpfünder neigte sich langsam über die von Glut zerfressenen Decksplanken.
Die Decks waren pechschwarz und stanken entsetzlich nach qualmender Farbe und brennendem Teer. Kleine Feuerteufel tanzten Irrlichtern gleich über die Planken und fraßen rötliche Löcher hinein.
Durch den Rumpf des großen Schiffes lief ein Knacken und Ächzen, als würden die Planken bersten.
Ein donnernder Knall ließ Molina herumfahren. Er sah gerade noch, wie sich die Siebzehnpfünder-Kanone zur Seite neigte, das Deck durchbrach und dabei einen Höllenlärm veranstaltete. Die Brooktaue barsten mit einem lauten Geräusch. Die schwere Kanone versank im Rumpf, schlug im unteren Deck alles kurz und klein und rumpelte dann unter Getöse in die Bilge.
Wasserdampf stieg durch das riesige Loch im Deck auf.
Der Erste Offizier verbarg sein Gesicht in den Händen. Als er kurz aufblickte, sah er den Capitán herantaumeln. Seine Uniform war von Ruß und Dreck geschwärzt. Das Weiße in seinen Augen stach aus dem Gesicht heraus und ließ ihn wie einen Wahnsinnigen erscheinen.
Schweratmend blieb er stehen und sah mit feuchten Augen in das Inferno. Sein Blick fiel wieder auf den seltsamen Mann, der noch immer mit dem Besen die Planken der Kuhl fegte.
Der Kerl hielt in seiner Arbeit nicht inne. Er mußte verrückt sein, anders konnte sich Garcia sein Verhalten nicht erklären. Ein Besen nach dem anderen verbrannte ihm unter den Händen, und immer wieder rannte der Kerl nach unten, um einen neuen zu holen, mit dem er die sinnlose Arbeit in aller Ruhe fortsetzte.
„Hör auf damit, du Trottel!“ schrie Garcia. „Hör sofort mit diesem idiotischen Gefege auf!“
Der Mann ließ den Besen fallen und salutierte. Steif wie eine Götzenfigur blieb er stehen und rührte sich nicht.
„Befehlen Sie die Leute von Bord“, sagte der Erste mit eindringlicher Stimme. „Jeden Augenblick kann das Pulver hochgehen und uns alle zerreißen.“
Seine Worte wurden von einem fürchterlichen Rumoren überlagert. Eine Rah löste sich wie eine brennende Riesenfackel. Sie schlug zwischen Kuhl und Vorschiff ein, zertrümmerte eine Nagelbank und bohrte sich in die Planken. Feuer spritzte nach allen Seiten, glühende Holzsplitter flogen ihnen um die Ohren.
Garcia gab keine Antwort. Er schien die Worte des Ersten nicht gehört zu haben. In ihm war alles tot, ausgebrannt. So ausgebrannt wie sein stolzes Schiff, das jetzt nur noch ein nutzloses Wrack war.
Der Kerl, der so emsig das Deck gefegt hatte, stand einsam und verlassen da und wartete auf weitere Befehle, die nicht erfolgten. Er blieb weiterhin auf seinem Posten und starrte vor sich hin.
Zwei weitere Männer setzten sich ab, indem sie über Bord sprangen.
3.
Der Nebel hatte sich aufgelöst und hing jetzt nur noch als dunstige Schicht weit hinten über dem Dschungel.
Sie hatten es geschafft und waren durch die Bresche gelangt, wo sie jetzt in ruhigem Wasser lagen.
Durch den Mangrovendschungel sahen sie das Feuer in der anderen Bucht. Es loderte immer wieder grell auf und war, wie sie aus Erfahrung wußten, so gut wie nicht zu löschen. Damit war Garcias Kriegsgaleone verloren. Sie hatten auch das Schießen eingestellt.
Ferris Tucker, der zusammen mit Al Conroy den Brandsatz abgefeuert hatte, blickte durch den teilweise gelichteten Dschungel, der die beiden Buchten wie eine Landzunge voneinander trennte.
Der Schiffszimmermann schluckte bedächtig.
„Aus und vorbei“, murmelte er. „Sie werden die Galeone wohl bald aufgeben müssen. Aber dann liegt sie als Wrack vor der Bucht und versperrt uns die Ausfahrt. Ich nehme an, daß Ruthland die Spanier an Bord nimmt und verschwindet. Er dürfte jegliches Interesse an einer Fortsetzung des Kampfes verloren haben.“
Bei seinen Worten schoß auf der „Aguila“ eine Stichflamme hoch. Der Rauchpilz, der über der Bucht hing, vergrößerte sich und wurde gleichzeitig noch dunkler. Ein dumpfes Krachen ertönte.
Al Conroy rieb sich mit der Hand über das Kinn. Ein heller Strahl