Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.verloren haben. Aber das Wrack wird uns später wirklich noch ein Problem aufgeben. Es treibt unmerklich auf die Einfahrt zu und wird dort sinken. Wie tief ist die Bucht an der Stelle eigentlich?“
„Ziemlich flach“, sagte Ferris. „So flach jedenfalls, daß die Galeone nicht ganz untergehen wird.“
Hinter ihnen war Gebrüll zu hören. Ruthland krebste mit seiner Karavelle in der Bucht herum und hütete sich, in die Nähe der brennenden Galeone zu kommen.
Auf der Schebecke wurden die Jollen längsseits geholt, die als Vorspann gedient hatten. Der Rest der Strecke wurde mit den Langriemen bewältigt.
Hasard zeigte nach Steuerbord, wo sich das flach abfallende Ufer befand. In der Nähe einer Landzunge gab es eine sandige Stelle, die unmerklich in den Dschungel überging.
„Dort pullen wir hin“, sagte er. „Der Platz scheint günstig zu sein, um das Ruder zu reparieren.“
„Wir haben nicht nur das Ruder zu reparieren, Sir“, wandte Ferris ein. „Das Schanzkleid hat auf dieser Seite auch noch einen Treffer erhalten, und dann ist da noch der Fockmast. Der erinnert mich an einen losen Zahn, der wackelt.“
„Das Ruder ist vorrangig, Ferris. Wenn wir das repariert haben, sind wir wieder voll manövrierfähig und können uns zur Wehr setzen. Um alles andere kümmern wir uns anschließend.“
„Aye, aye, Sir. Ich halte es aber für besser, hinter der kleinen Landzunge aufzuslippen. Dort ist auch noch sandiges Ufer. Ich habe zwar eben zu Al gesagt, daß Ruthland jetzt wohl die Nase voll haben wird und an weiteren Kämpfen nicht mehr interessiert sein dürfte, aber es kann doch sein, daß er sich vor die Bresche legt und von dort auf uns feuert. Ist nur so eine Eingebung, Sir, die ja nicht stimmen muß. Liegen wir jedoch hinter der Landzunge, dann muß er schon fast um die Ecke schießen können, um uns zu treffen.“
Hasard sah Ferris nachdenklich an. Schließlich nickte er.
„Kann sein, Ferris, vielleicht hast du recht. Ruthland ist ein unberechenbarer Querkopf, dem alles zuzutrauen ist. Wir werden hinter die Landzunge verholen, obwohl ich annehme, daß der Kerl jetzt endgültig bedient ist und seine Karavelle nicht auch noch aufs Spiel setzt.“
„Möglicherweise hetzt Garcia ihn auf“, sagte Don Juan, der dem Gespräch gefolgt war. „Sein Haß dürfte alle Grenzen sprengen, wenn er erst einmal sein Schiff verloren hat. Und das dürfte jetzt wirklich bald der Fall sein.“
„Kann sein. Er ist der gefährlichere Gegner. Dann verholen wir also hinter der Landzunge.“
Mit den Langriemen wurde die Schebecke langsam weitergepullt, bis sie die Landzunge erreichten.
Nach ein paar Schlägen im ruhigen Wasser lag die Schebecke still.
Während achteraus das Inferno tobte und die Galeone des Spaniers langsam abbrannte, konnten die Arwenacks in aller Ruhe einen Blick in die neue Bucht werfen.
Es war wirklich ein hervorragender Liegeplatz und gleichzeitig ein vorzügliches Versteck, das vom Fluß her nicht eingesehen werden konnte.
Die Bucht war auch viel größer, als es am Anfang den Anschein gehabt hatte. Hasard sah das jetzt überdeutlich, seit der Nebel verschwunden war. Nur der Monsunregen trübte noch ein wenig die Sicht.
Die linke Seite war mit Mangroven zugewuchert. Dazwischen befand sich morastiger Untergrund, den man zu Fuß nicht durchqueren konnte. Von dieser Seite her war kein Angriff zu befürchten. Niemand vermochte da durchzuwaten, ohne bis zum Hals in den Schlamm einzusinken.
Das Ende der Bucht bestand ebenfalls aus undurchdringlich scheinendem Dschungel, hinter dem sanft die Berge anstiegen, die ebenfalls dicht bewachsen waren. In der Ferne glitzerte das Wasser in bunten Farben. Ganz zart kräuselten sich noch ein paar Nebelschwaden darüber, die wie weißer Dampf aussahen.
„Dort hinten ist ebenfalls alles dicht“, sagte Hasard. „Wir liegen hier wirklich wie in Abrahams Schoß.“
Dan O’Flynn zog ein Spektiv auseinander und setzte es ans Auge. Er warf einen langen Blick hindurch und reichte es schließlich Hasard.
„Es geht anscheinend noch weiter“, sagte er. „Auf der rechten Seite sieht es nach einem sanft ansteigenden Küstenstrich aus.“
„Wir sind bekanntlich etliche Meilen vom Meer entfernt“, erwiderte der Seewolf. „Demnach kann es hier keine Küste geben.“
„Sieht aber trotzdem danach aus“, beharrte Dan. „Hinter den Mangroven steigt das Land mit küstenähnlichem Charakter an. Vielleicht befindet sich dort noch ein See. Die Bucht ist jedenfalls nicht zu Ende, das sehe ich genau.“
Hasard nahm das Spektiv. Als er es wieder absetzte, sah er Dan verwundert an.
„Es stimmt. Dort geht es weiter, aber der Verlauf der Bucht wird immer enger. Ich bin wirklich gespannt, wo die Bucht endet oder hinführt.“
„Das sollten wir möglichst bald erkunden“, meldete sich Hasard junior, der mit seinem Zwillingsbruder Phil bereits die Ohren spitzte. Für Erkundungen waren die Söhne des Seewolfs immer zu haben, genau wie Old O’Flynn, der ebenfalls hellhörig wurde und sofort zur Stelle war.
„Und zwar so schnell wie möglich“, meinte der „Admiral“. „So haben wir einen genauen Überblick und außerdem einen Vorteil.“
Hasard kannte solche Entdeckertouren bereits zur Genüge und lächelte unmerklich. Recht hatten die drei ja, wenn sie das Territorium erkundeten. Man war dann besser gegen Überraschungen gewappnet oder konnte sich darauf einstellen.
„Gut“, sagte er. „Aber die Exkursion verschieben wir noch um ein paar Stunden, bis wir Gewißheit haben, wie es in der anderen Bucht weitergeht. Solange bleiben alle an Bord.“
„Dann könnte ich den Jollenführer spielen“, schlug Carberry voller Eifer vor. „Drei Mann sind zuwenig und können, leicht in Gefahr geraten.“
Der Profos erklärte gestenreich und übereifrig, warum er unbedingt mit dabei sein müsse. Er sei schließlich das Salz dieser Erde, meinte er bescheiden, und ohne Salz ginge gar nichts. Da würde nicht mal die Suppe schmecken.
Hasard ließ sich schließlich überzeugen. Vier Männer konnte er zur Erkundung abstellen, ohne daß sie deshalb mit den Arbeiten in Verzug gerieten.
„In Ordnung, aber erst später. Im Augenblick droht uns vom jenseitigen Ende der Bucht ganz sicher keine Gefahr.“
Der Profos wollte das erst bezweifeln, doch Hasards kühler Blick ließ ihn nur diskret hüsteln. Carberry wäre am liebsten gleich mit der Jolle losgepullt. Zum Glück wußte der Profos noch nicht, welche Überraschung ihn auf der anderen Buchtseite erwartete, sonst hätte sein Eifer einen schnellen Dämpfer erhalten.
Ein infernalischer Krach ließ die Arwenacks herumfahren. Alle starrten in die Bucht, wo die „Aguila“ in Agonie lag und ihren letzten, einsamen Todeskampf ausfocht.
Vermutlich war ein Faß Schießpulver in die Luft geflogen.
Ein grellweißer Blitz zuckte aus dem Mittelschiff hoch und raste funkenstiebend in den Himmel. Der Explosionsdruck fegte etliche Spanier über das teilweise zerfetzte Schanzkleid außenbords.
Unter dem Blitz quoll eine ballähnliche Wolke hoch, die gleich darauf die typische Pilzform annahm und sich wulstartig nach allen Seiten aufblähte. Schwarz, grau und braun war dieser Pilz, der sich schlagartig über die Decks legte.
Die riesige Flamme verpuffte unter fauchender Geräuschentwicklung. Der Druck fetzte ein Stück brennender Leinwand weg. Wie ein feuriger Drache torkelte die qualmende und funkenspeiende Leinwand quer durch die Bucht.
Irgendwo im Wasser schrie gellend ein Mann um Hilfe. Aber keiner schenkte ihm Beachtung. Die Dons waren wie von Sinnen und hatten die Kontrolle über ihr Schiff und sich selbst verloren.
Die Galeone trieb auf den Ausgang der Bucht zu, und diesmal streifte ihr Heck den Mangrovenwald. Der federnde Anprall verlieh ihr einen kleinen Schub, bis sie quer vor der Einfahrt