Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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Getöse hoch. Planken wölbten sich und flogen splitternd nach oben. Armdicke Holzteile von der Querbalustrade wirbelten durch die Luft. Das ganze Achterdeck schien abzuheben.

      Molina sah noch einen grellen Blitz, der ihm in den Augen schmerzte und ihn so blendete, daß er nichts mehr erkennen konnte. Den donnernden Knall hörte er nicht mehr.

      Eine Druckwelle fegte ihn außenbords. Er sah das Wasser auf sich zurasen und griff haltsuchend um sich.

      Noch während er in die warmen Fluten der Bucht eintauchte, bemerkte er Garcia, der die Arme ausgebreitet hatte, als wollte er das Fliegen lernen. Die Ärmel seiner Uniformjacke sahen wie große Flügel aus, sein Mund war wie zu einem Entsetzensschrei geöffnet. Aber kein Ton drang über seine Lippen.

      Dann versank für Molina die Welt für lange Augenblicke. Als er auftauchen wollte, um Luft zu holen, wurde er von einem anderen Körper gleich wieder unter Wasser gedrückt.

      Er schlug um sich, schluckte Wasser und befreite sich schließlich von dem Körper. Es war Garcia, den der Explosionsdruck ebenfalls über Bord gefegt hatte.

      Der Capitán hatte eine blutige Schramme an der Stirn. Ein Zahn war ihm durch ein Trümmerstück ausgeschlagen worden. Auch seine Lippen bluteten.

      „Jetzt – jetzt ist sie erledigt“, stöhnte Garcia, während er neben seinem Ersten Offizier auf die „Ghost“ zuschwamm, die vor der Einmündung der Bucht lag. „Aber wir kriegen diesen englischen Bastard noch, verlassen Sie sich drauf.“

      „Zunächst ist einmal wichtig, daß wir uns selbst in Sicherheit bringen“, sagte Molina kühl.

      Anfangs hatte er noch Spaß daran gehabt, El Lobo del Mar erbarmungslos zu jagen, doch jetzt war ihm dieser Spaß gründlich vergangen und sein Interesse an der zweifelhaften Jagd so gut wie erloschen.

      Es war eine traurige Bilanz, die er zog. Sie hatten die halbe Welt durchquert, um auf die Spur des Seewolfs zu stoßen. Jetzt, da sie glaubten, ihn endlich zu haben, verloren sie ihr Schiff und waren auf die Hilfe eines mehr als fragwürdigen Engländers angewiesen. Molina hatte auch seine gesamten Habseligkeiten verloren, und diese Tatsache vergällte ihm den Spaß auf Rache.

      Sie hatten den Kampf verloren und mußten sich damit abfinden. Aber Garcia gab nicht auf, das bewiesen seine Worte. Er war von einem krankhaften Haß erfüllt, einem Haß, der ihn unermüdlich weitertrieb.

      „Wir kriegen ihn schon noch, Molina“, keuchte er. „Es ist nur eine Frage der Zeit. Aus dieser Bucht kann er nicht mehr heraus. Ich werde mit Ruthland das weitere Vorgehen besprechen. Notfalls hungern wir die Bastarde aus.“

      Der Erste schwamm weiter auf die Karavelle zu. Er gab keine Antwort. Er wußte auch nicht, was er hätte erwidern sollen. Er war nur müde und wollte vorerst seine Ruhe haben.

      „Haben Sie nicht gehört, was ich sagte?“ fauchte Garcia. „Sie tun ja so, als ginge Sie das alles nichts mehr an. Aber noch bin ich der Capitán, auch wenn ich kein Schiff mehr habe. Das entbindet Sie nicht von der Pflicht, mir gegenüber Gehorsam zu zeigen.“

      „Es ist alles zwecklos geworden“, sagte Molina ruhig. „Mit der lächerlichen Karavelle werden Sie Killigrew niemals erwischen. Wir haben es ja nicht mal mit einem schwerarmierten Kriegsschiff geschafft.“

      „Weil die Kerle mit dem Satan im Bunde stehen!“ schrie Garcia. „Sie haben ihre Seelen gegen unser Schiff verpfändet, und der Böse hat ihnen geholfen. Aber jetzt haben sie nichts mehr zu verpfänden, denn ihre Seelen sind verloren.“

      „Wie Sie meinen, Capitán.“ Aus Molinas Worten sprach völlige Gleichgültigkeit. Er hatte die Nase voll.

      Vor ihnen wuchs die Karavelle auf und wurde immer größer. Aus den Augenwinkeln sah Garcia drei stumme Gestalten im Wasser der Bucht. Sie trieben mit dem Gesicht nach unten und waren tot.

      Eine Jakobsleiter war von der Karavelle außenbords gehängt worden. Oben, an der Pforte des Schanzkleides, stand Ruthland und neben ihm Lefray, der Kerl mit dem fürchterlichen toten Auge. Beide musterten schweigend die Spanier. Es half ihnen auch niemand beim Aufentern.

      Tropfnaß, verschmiert und verdreckt enterten sie mit ihren vollgesogenen Klamotten auf, bis sie schnaufend an Deck standen.

      Ein paar andere von der „Aguila“ befanden sich ebenfalls an Bord und wirkten ziemlich teilnahmslos und ermattet. Es waren nicht mehr viel. César Garcia konnte sie an den Fingern beider Hände abzählen, einschließlich sich selbst und dem Ersten Offizier.

       4.

      Garcia wollte lospoltern, brüllen, sich irgendwie Luft verschaffen, doch Ruthland schnitt ihm das Wort ab, noch bevor er loslegen konnte.

      „Keine Vorwürfe“, sagte er gallig. „Geben Sie mir nicht die Schuld an dem Desaster. Sie sind genauso betroffen.“

      „Sie haben ja nicht mal die Bucht ansteuern können, ohne gleich am Ufer zu landen“, schnaubte Garcia. „Damit war unser geplanter gemeinsamer Zangenangriff von vornherein zum Scheitern verurteilt. Außerdem hatte ich nicht die geringste Ahnung, daß Killigrew mit dem Teufel paktiert, sonst wäre das alles nicht passiert.“

      „Ein Pakt mit dem Satan, was?“ höhnte Ruthland. „Haben Sie ihn denn an Bord gesehen?“

      „Haben Sie eine andere Erklärung dafür? Plötzlich stand ein riesiger Feuerball über dem Schiff, ohne daß auch nur eine einzige Kanone abgefeuert worden war. Das passierte aus heiterem Himmel. Und da wollen Sie behaupten, hier ginge alles mit rechten Dingen zu?“

      „Stimmt, das war unheimlich“, gab Ruthland zu. „Aber Sie haben Ihren Schußwinkel verfehlt, sonst wäre der Bastard auf der Stelle in die Luft geflogen.“

      „Aber ich habe wenigstens gefeuert, während Sie offenbar geschlafen haben.“

      Der massige Ruthland sah sein tropfnasses Gegenüber kalt an.

      „Halten wir doch mal folgendes fest, Spanier: Sie haben Ihr Schiff und den größten Teil Ihrer Mannschaft bei einem ungeschickten Agieren und im Übereifer verloren. Sie haben jetzt nur noch ein nutzloses Wrack, mit dem Sie nichts mehr anfangen können. Zudem sind Sie jetzt Gast an Bord meiner Karavelle. Und als solcher möchte ich Ihnen doch empfehlen, einen anderen Ton anzuschlagen. Ich liebe es nicht, angebrüllt zu werden, damit das klar ist. Und ich lasse mich auch nicht von Ihnen beleidigen. Ich habe mein Schiff nur vorsorglich in Sicherheit gebracht, um nicht ebenfalls diesem tückischen Feuer ausgesetzt zu werden.“

      Hugh Lefray musterte die beiden Spanier ebenfalls von oben bis unten. Er grinste hinterhältig, als er sah, daß Garcia knallrot anlief. Während sein linkes Auge belustigt funkelte, blieb das rechte tot und weiß, und nichts bewegte sich darin.

      „Der Captain hat gesprochen“, sagt er hämisch grinsend. „Und wenn es Ihnen hier bei uns an Bord nicht gefällt, sollten Sie bei Killigrew um Gastfreundschaft nachsuchen.“

      Garcia zitterte unmerklich. Der Erste stand reglos neben ihm, als ginge ihn das alles nichts an.

      „Ich habe mir fast gedacht, daß ich nach dem Untergang meines Schiffes bei Ihnen ein ungern gesehener Gast bin“, sagte er mit mühsamer Beherrschung. „Aber noch haben wir ein gemeinsames Ziel – nämlich El Lobo del Mar. Aus diesem Grund haben wir uns zusammengetan, und ich hoffe doch nicht, daß Sie dieses Ziel aus den Augen verlieren, Engländer.“

      „Bisher war ich es, der Killigrew Schaden zugefügt hat“, entgegnete Ruthland überheblich. „Ich habe dafür gesorgt, daß in Surat kein lausiger Hund auch nur noch einen Knochen von ihm nimmt. Er kann sich hier nirgendwo mehr blicken lassen. Dieses Ziel werde ich auch weiter verfolgen, aber sehr vorsichtig, denn durch Schaden wird man bekanntlich klug. Wir werden sehen, war wir unternehmen können.“

      „Na gut“, knurrte Garcia verärgert.

      Am liebsten hätte er sich auf diesen überheblichen Kerl gestürzt, doch das war unmöglich. In der gegenwärtigen Situation mußte er froh


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