Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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Hilferuf befolgte Ruthland allerdings nicht. Er tippte sich nur an die Stirn.

      „Ich bin doch nicht verrückt“, sagte er zu Lefray. „Wenn wir uns dem Kahn nähern, fangen wir ebenfalls Feuer. Wenn die Señores ihr Schiff verlassen wollen, dann ist das ihre Sache. Aber ich setze meins nicht ebenfalls aufs Spiel.“

      „Warum auch?“ entgegnete Lefray mit einem Achselzucken. „Der Kerl hat auf der ganzen Linie versagt. Eigentlich sollten wir uns nicht mehr um ihn kümmern und ihn seinem Schicksal überlassen. Den Seewolf erwischen wir sowieso nicht mehr.“

      Sie taten so, als hätten sie nichts gehört.

      Unterdessen überzeugte sich Molina von der furchtbaren Wahrheit. Er ließ ein paar Pützen Wasser über eine helle Flamme auf den Planken gießen und sah entsetzt zu, wie das Wasser zu brennen begann. Schluckend starrte er auf den unheimlichen Vorgang. Das Feuer vermischte sich buchstäblich mit dem Wasser. Das brennende Zeug schwamm obenauf, und dann brannte alles einträchtig weiter.

      „Das gibt es doch nicht“, stammelte er fassungslos.

      Die Tatsachen bewiesen ihm jedoch das Gegenteil. Mit einem Würgen in der Kehle kehrte er aufs Achterdeck zurück. Es sah so aus, als sei die Galeone nicht mehr zu retten.

      Garcia brauchte eine Weile, um die Schreckensnachricht zu verdauen. Auch er wollte es nicht glauben. „Teufelswerk“, sagte er ächzend. „Das ist Feuer vom Satan, Schwefel oder sonstwas. Lassen Sie Sand an Deck holen, aber schnell, und streuen Sie ihn darüber.“

      Er sah einen Mann auf der Kuhl, der sich einen Besen geschnappt hatte und damit zu kehren begann, als störe ihn absolut nichts auf dieser Welt. Der Mann fegte wie besessen und schien es tatsächlich zu schaffen, das Feuer an vereinzelten Stellen unter Kontrolle zu kriegen.

      Nur einmal hielt der Mann inne, und zwar in dem Augenblick, als die Schebecke der Seewölfe durch die Bresche drang. Da bewegte er sich auf eine Kanone zu und feuerte sie in aller Seelenruhe ab.

      Garcia starrte wie hypnotisiert zu dem Mann, den es auch nicht kümmerte, daß sein Besen plötzlich in Flammen stand. Er ging einfach nach unten und holte sich einen neuen. Unverdrossen fegte er danach weiter.

      Jetzt wurde Sand in Lederpützen nach oben geschleppt. Das Feuer fraß sich indessen unaufhaltsam weiter, umloderte die Masten und verschlang gierig ein Segel nach dem anderen, obwohl pausenlos der Regen fiel und alles mit Wasser tränkte.

      Sand schien noch das einzige Mittel zu sein, das gegen das Wüten des Feuers half. Nasser Sand half die Glut zu löschen. Das galt aber nur für die Planken der einzelnen Decks. Die Masten einschließlich der gesamten Takelage waren nicht mehr zu retten.

      Es war ein tödlicher Kreislauf. Wurde das Feuer an Deck mühevoll gelöscht, so fiel von oben wieder brennendes Tauwerk hinunter, oder glutende Spieren krachten an Deck. Damit schloß sich der Kreis, und alles begann wieder von vorn.

      Das Feuer war auch schon in die unteren Decks vorgedrungen, wo noch Pulverfässer standen und Kartuschen lagen.

      Garcia spürte bereits, wie ihm die Hitze der Planken die Stiefelsohlen versengte. Übergangslos wurde er bleich.

      „Das Pulver im Batteriedeck“, sagte er tonlos zum Ersten. „Es muß sofort über Bord. Es kann jeden Augenblick in die Luft fliegen.“

      „Wenn wir es über Bord kippen, kann es auf der Stelle Feuer fangen“, wandte Molina ein. „Auf dem Wasser nahe beim Rumpf brennt alles. Es ist zu gefährlich.“

      „Dann sollen die Pulveraffen Sand und Wasser in die Fässer kippen!“ schrie Garcia. „Aber möglichst noch heute, wenn ich bitten darf!“

      Der Erste hatte alle Mühe, den Befehl in die Tat umzusetzen. Die sogenannten Pulveraffen – zwölfjährige verstörte und verängstigte Jungen – trauten sich nicht mehr in das brennende Batteriedeck. Sie zitterten am ganzen Leib vor Angst.

      Molina brüllte andere Männer an. Zu seinem Entsetzen mußte er feststellen, daß etliche Kerle schlicht den Befehl verweigerten. Statt nach unten zu stürmen, sprangen sie einfach über Bord, um der brennenden Hölle zu entrinnen.

      Kampfgeist und Moral waren dahin. Die meisten sahen wohl auch ein, daß es keine Rettung mehr gab, als aus dem Batteriedeck lange Flammen züngelten.

      Auf dem Achterdeck tobte der Capitán herum. Wut und Verzweiflung zeichneten sich in seinem Gesicht ab. Er scheuchte den Zweiten Offizier vom Kolderstock fort. Es war ohnehin nutzlos, daß noch jemand am Ruder stand. Die „Aguila“ lief keine Fahrt mehr. Ihre Segel waren nur noch brennende oder glimmende Lappen, die sich nach und nach auflösten und an Deck oder ins Wasser flatterten.

      Die Galeone ließ sich nicht mehr manövrieren. Als brennender Torso drehte sie sich langsam um die eigene Achse und gierte langsam auf die Einfahrt der Bucht zu, als wollte sie den Tapti erreichen.

      Aber sie konnte die Durchfahrt nicht mehr passieren. Irgendwo davor würde sie als brennendes Wrack versinken. Garcia wußte das mit absoluter Sicherheit.

      Er schickte dem Seewolf eine Verwünschung hinterher. Das Blatt hatte sich gewendet, und er, der Jäger, lag jetzt hilflos am Boden, während das Wild in aller Ruhe davonschlich. Dieser Engländer schien wahrhaftig einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben. Es gab für Garcia keine andere Erklärung.

      Noch einmal winkte er Ruthland zu, doch der Kerl drehte sich um und tat so, als sei er nicht gemeint. Er mied die Nähe des brennenden Schiffes wie die Pest.

      Garcia stöhnte in bitterer Verzweiflung auf. Er mußte Ruthland noch dankbar sein, wenn der ihn überhaupt an Bord seines Schiffes nahm. Wenn der Engländer jetzt einfach verschwand, saß er, Garcia, mit dem Rest seiner Mannschaft in Indien fest und wußte nicht mehr weiter.

      „Diablo!“ brüllte er laut gegen das Prasseln und Knacken an, das aus allen Räumen und Decks des Schiffes drang. Er hatte auf dem Achterdeck nichts mehr verloren. Wie ein Idiot stand er da nur herum, der sich die Kehle heiser schrie.

      Er rannte wie ein Wilder in das Inferno und brüllte Kommandos.

      Heiße Glut schoß ihm entgegen. Ein paar Männer waren im Batteriedeck verschwunden. Er folgte ihnen durch einen Vorhang aus Rauch und Feuer, der ihn jeden Augenblick zu ersticken drohte. Die Hitze wurde immer mörderischer. Selbst der fast lautlose Regen schien aus flüssigem Feuer zu bestehen.

      Im Batteriedeck schütteten sie überall Wasser hin – schwitzende, fluchende Männer, denen nackte Angst im Gesicht stand.

      Pützen mit Sand wurden wahllos ausgestreut und Wasser darüber gegossen. Es zischte und dampfte. Verpuffungen entstanden, vor denen die Männer entsetzt zurückzuckten.

      Molina war rußgeschwärzt und hustete. Zusammen mit zwei anderen Männern umklammerte er ein Faß Schießpulver, dessen Inhalt aus matschiger Brühe bestand. Sie zerrten es an die Stückpforte und kippten es außenbords, wo es im Wasser versank.

      „Es hat keinen Zweck mehr, Capitán!“ schrie der Erste. „Das Feuer ist nicht mehr zu kontrollieren. Wir müssen das Schiff aufgeben. Die Pulverkammer wird früher oder später in die Luft fliegen. Wir können nicht mehr an sie heran.“

      Die Pulverkammer!

      Garcias Hals war wie ausgedörrt. In der Pulverkammer und dem Magazin lagerte fast der gesamte Bestand an Schießpulver und Kartuschen.

      Er bahnte sich hustend einen Weg durch das von Halbdämmer erfüllte Batteriedeck und enterte einen Niedergang auf. Von dort aus ging es über einen kurzen Gang zu den Magazinen.

      Dort brannten die Planken, und dichter Qualm versperrte ihm den weiteren Weg. Hilflos blieb er vor dem Gang stehen. Molina war ihm gefolgt und stierte in den Rauch. Winzige Rußpartikel drangen ihnen in die Atemwege.

      Vier oder fünf geschwärzte Gestalten waren damit beschäftigt, unaufhörlich Wasser auf die Planken zu gießen. Bei jeder Pütz zischte es, und der Qualm wurde noch dichter. In dem Rauch züngelten immer wieder neue Flammen hoch, die nach den Balken leckten. In den Fugen war helle Glut zu sehen.

      Das


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