Allgemeine Staatslehre. Alexander Thiele

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Allgemeine Staatslehre - Alexander Thiele


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zwar als im Kern gescheitert ansehen müssen – auch weil dieser Versuch auf interdisziplinäre Verständigung praktisch vollständig verzichtete. Indes lieferte auch die „Neue Staatswissenschaft“ mit ihrem ausdrücklichen interdisziplinären und pluralistischen Ansatz keine mit wenigen Worten zu beschreibende eingängige neue Definition von Staatlichkeit für das 21. Jahrhundert. Gunnar Folke Schupperts Vorstellung der steten Veränderung des modernen Staates, des „Staat[es] als Prozess“[282] weist zwar treffend auf die Dauerhaftigkeit des Wandels moderner Staatlichkeit hin und betont damit die Notwendigkeit einer dynamischen und nicht-statischen Betrachtung des modernen Staates gerade auch durch die Allgemeine Staatslehre. Für das, was der moderne Staat in seiner gegenwärtigen Form „ist“ – auch wenn er sich kontinuierlich wandelt, hat er zu jedem Zeitpunkt auch einen aktuellen Status, der beschrieben und definiert werden kann – liefert diese Perspektive mit ihrer Betonung der „Steuerung“ und der „Governance“ im Ergebnis keine wirklich befriedigende, zumindest aber eine allzu weitgefasste Antwort. Für die Allgemeine Staatslehre ist das kein zufrieden stellender Befund. Zwar tun sich auch andere Disziplinen mit der Definition ihres zentralen Forschungsgegenstands schwer, was nicht per se als problematisch angesehen werden muss. Zu nennen wäre die Politikwissenschaft und der Begriff des Politischen. Hier gilt insofern dass, was Elif Özmen unlängst auch für die politische Philosophie festgehalten hat: „Positiv gewendet erscheinen dieser Pluralismus und die damit verbundene methodische und inhaltliche Offenheit als der angemessene Ausdruck der Komplexität und Wichtigkeit des Gegenstandes.“[283] Gleichwohl dürfte es für die jeweilige Disziplin zentral sein, dass diese Grundlagendebatte dauerhaft geführt und mit neuen Ideen und Lösungen bereichert und an die Zeitumstände angepasst wird. Das gilt auch für die Allgemeine Staatslehre, die aufgerufen ist, neue und realitätsnahe Konzepte von Staatlichkeit zu entwickeln und zur Diskussion zu stellen. Diese sollten |53|neben normativen auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen (Individualisierung, Digitalisierung, soziale Medien etc.) aufnehmen und verarbeiten – eine Forderung, die interessanterweise bereits Ernst Forsthoff Anfang der 70er Jahre formuliert hat (wenn auch vor allem im nostalgischen Blick zurück auf den klassisch-modernen, und von der Gesellschaft getrennten souveränen Staat).[284] Anders gewendet: Wer nicht mehr über den Staat spricht, muss sich nicht wundern, wenn die Allgemeine Staatslehre aufhört.

      |54|6. Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft


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