Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Jahrgang 1901. Germanisches Nationalmuseum
Читать онлайн книгу.aber nach dem oben gesagten diesen Kesselhengel für eine Kesselschwinge halten zu sollen[32].
Im allgemeinen scheint der Kesselhaken in Deutschland mehr im Gebrauch gewesen zu sein als die Kesselschwinge. Wir werden darüber erst klar sehen, wenn einmal eine möglichst vollständige Zusammenstellung der für beide Geräte ortsüblichen Namen und eine Übersicht über deren Verbreitung geschaffen ist. Einen Anfang dazu zu machen, hat Bancalari, a. a. O. XXX, (1900) Seite 4a versucht.
Aus den lateinischen Bezeichnungen, die das Mittelalter für unser Gerät gebrauchte, geht in den meisten Fällen nicht mit ganzer Sicherheit hervor, ob die Kesselschwinge oder der Kesselhaken gemeint sei, jedoch scheint die Bedeutung des letzteren sehr stark zu überwiegen. Einzelne jener Bezeichnungen hat der Leser schon gelegentlich kennen gelernt, wir stellen sie der Übersicht halber hier noch einmal zusammen: cacabus, catena, climacter, cremaculus, crematra, pendula, uncus[33]. Im ganzen sind es sieben verschiedene Ausdrücke, zu denen dann noch eine Reihe von Nebenformen sich gesellen. —
Kupferstich von H. Brosamer.
Fig. 1. Aus dem Ausschreiben zum Stahl- und Büchsenschießen
samt Glückshafen zu Köln, 1501 (½ der Orig.-Größe).
ÜBER DEN GROSSEN NÜRNBERGER GLÜCKSHAFEN VOM JAHRE 1579 UND EINIGE ANDERE VERANSTALTUNGEN SOLCHER ART.
VON TH. HAMPE.
Wann zuerst in Nürnberg Glückshäfen gehalten, d. h. in der Sprache des 15.-17. Jahrhunderts Lotterien veranstaltet worden sind, steht nicht völlig fest. Der bekannte Nürnberger Ratsschreiber und Annalist Johann Müllner, der um die Wende des 16. und 17. Jahrhunderts lebte, (und nach ihm u. a. Vulpius in seinen »Curiositäten« X, 143) erwähnt eines Glückshafens bereits zum Jahre 1477 im Anschluß an ein angeblich in diesem Jahre stattgehabtes Armbrustschießen nebst Wettrennen und Schachturnier mit folgenden Worten:
»Uberdiß hat man auch einen glückshafen angerichtet; in diesem sind 26 gaben gewesen, etliche silberne geschirr, das beste eine silbern verguldete scheuren und die letzte eine silbern verguldete scheuren um 12 f. Man hat umb einen zettul eingelegt 52 ₰ und die nahmen der einleger alle in einen hafen und in einen andern hafen die gaben samt so viel weisen zettuln als der nahmen gewesen, gelegt, und jedesmal 2 nemlich aus jeden hafen einen zugleich zurückgenommen, und so mit einem namen eine gab herauskommen, der hat sie gewonnen[34].«
Indessen findet die Nachricht von diesem Glückshafen des Jahres 1477 in den offiziellen Akten, insbesondere in den aus dieser Zeit bereits vollständig erhaltenen Nürnberger Ratsprotokollen keine Bestätigung. Ebensowenig trifft die Nachricht verschiedener Chroniken, denen z. B. Kriegk gefolgt ist[35], zu, wonach 1487 ein Glückshafen in Nürnberg angerichtet worden wäre. Schon die Herausgeber der Städtechroniken haben diesen Irrtum richtig gestellt und auf Grund der Jahresregister d. h. Stadtrechnungen und der Ratsmanuale nachgewiesen, daß Heinrich Deichsler in seiner Chronik recht hat, wenn er diesen Glückshafen in den Juli des Jahres 1489 setzt[36]. Der kurzen Beschreibung des Glückshafens fügt Deichsler noch den Satz hinzu: »und gedaht vor kein mensch kains hafen hie«, womit er wohl gleichfalls das Richtige trifft. Von diesem frühesten Nürnberger Glückshafen nun und dem damit verbundenen Büchsenschießen hat sich eine spezifizierte Rechnung erhalten, die gegenwärtig im Kreisarchiv Nürnberg verwahrt wird, und die ich, da es sich um eines der ältesten Dokumente dieser Art handelt und aus ihr manches über die sich in jener Frühzeit offenbar noch in bescheidenen Grenzen haltende Volksbelustigung zu entnehmen ist, in der Anmerkung[37] unverkürzt zum Abdruck bringe. Ist es mir doch bei der vorliegenden Arbeit wesentlich um die Mitteilung eben von Dokumenten zur Geschichte der Glückshäfen in Nürnberg, als deren bedeutendster derjenige des Jahres 1579 betrachtet werden darf, zu thun.
Aus den neunzig Jahren, die zwischen jenem ersten und diesem großen Nürnberger Glückshafen liegen, findet sich kaum eine ausführlichere Notiz über einen »zu Nürnberg ausgegangenen Hafen« — um in der Sprache des 16. Jahrhunderts zu reden —, wenn freilich auch zu vermuten ist, daß kleinere Veranstaltungen dieser Art gelegentlich mit den häufig abgehaltenen Armbrust-, Büchsen- und sonstigen Schießen verbunden gewesen sein mögen. So verzeichnen die Chroniken zu dem großen Armbrustschießen des Jahres 1561 außer anderen nebenher gehenden Lustbarkeiten auch ein »Silber- und Zinnspielen«, womit wohl gleichfalls eine Art Glücksspiel um allerlei Silber- und Zinngeschirr gemeint ist, das aber ohne Zweifel rein privater Natur war[38]. Eine vom Rat der Stadt selbst unterstützte oder doch begünstigte größere Lotterie, wie sie etwa 1501 anläßlich eines Stahl- und Büchsenschießens zu Köln stattfand oder wie es der bekannte Rostocker Glückshafen des Eler Lange vom Jahre 1518 war, hat in Nürnberg, wie es scheint, vor 1579 nicht wieder stattgefunden. Von jenen Veranstaltungen zu Köln und Rostock wissen wir vor allem durch die erhaltenen gedruckten Anschlagzettel, von denen sich ein Exemplar des Kölner Einblattdrucks im Kupferstichkabinet des Germanischen Museums (H. B. 631), das einzige noch vorhandene Exemplar des Rostocker Blattes in der Universitätsbibliothek zu Rostock befindet. Dieses ist in Hirths Kulturgeschichtlichem Bilderbuch I, 16 in halber Originalgröße reproduziert und da es einen Holzschnitt bietet, auf dem unter anderm der Vorgang der Ziehung, wie er sich nach den uns erhaltenen Nachrichten in ganz ähnlicher Weise auch in Nürnberg abzuspielen pflegte, anschaulich dargestellt ist, so haben wir diesen Teil des Holzschnittes unter nochmaliger Reduzierung des Maßstabes nach Hirth in unserer Figur 2 wiedergegeben. Figur 1, an der Spitze dieses Aufsatzes, ist dem Kölner Blatte entnommen. Sie zeigt einen Knaben, der, zwischen den beiden großen, mit dem Kölner Wappen geschmückten »Häfen« sitzend, gleichzeitig je einen der mit den Namen versehenen Zettel und eines der Loose daraus hervorholt.
Fig. 2. Der Rostocker Glückshafen von 1518 (nach Hirth, Kulturgeschichtliches Bilderbuch I, 16).
Auch von dem großen Nürnberger Glückshafen des Jahres 1579 haben sich solche Anschlagzettel oder Postenbriefe, wie das 16. Jahrhundert dergleichen Plakate wohl zu benennen pflegte, erhalten. Ein unausgefüllt gebliebenes und also nicht abgesandtes Exemplar davon besitzt das Kupferstichkabinet des Germanischen Museums (H. B. 13572), ein anderes, das die »Schützenmeister vnd gemeinen Schießgesellen« zu Nürnberg, von denen das ganze Ausschreiben ausging, »den gestrengen, edeln, ernuesten, frommen, fürsichtigen, ersamen, weysen vnd achtbaren Schützenmeistern vnd gemeinen Gesellschaft des Armbrust und Stahelenpogenschiessens zu Beern« (Bern) übersandten, befindet sich jetzt in der Nürnberger Stadtbibliothek, wohin es mit der Will’sehen Büchersammlung kam[39].
Die Nürnberger »fügen« darin den Bernern »dienst vnd freundtlich zuuernemen, Als die Fürsichtigen, Ersamen vnd Weisen Herren Burgermeister vnd Rathe der Fürstlichen Stat München, im verschienen 1577. Jar, nach endung des daselbst gehaltenen schiessens, etlichen vnserer Gesellschafft verwandten Stahelschützen, so dem selben schiessen beygewohnt, den Krantz verehren vnd auffsetzen lassen, welchen sie der gepür nach, gutwillig vnd freundlich angenommen, vnd denselben zu jrer anheimskunfft, den Ernuesten, Fürsichtigen, Erbern vnd Weisen Herrn Burgermaistern vnd Rathe diser Stat Nürmberg, vnsern günstigen gepietenden lieben Herrn vnd Oberkeit, neben vntertheniger gepürender Relation vberantwort. Wiewol sich nun jre Erberkeiten erinnert, vnd sonst one das vor augen ist, welcher gestalt es der beschwerlichen leufft halben, in der Christenheit geschaffen, derwegen aller hand bedencken einfallen möchten, zu disem mahl bey den jren dergleichen kurtzweilen anrichten zu lassen. Dieweyl es aber an dem, das die Schiessen, nit allein vmb sonderer kurtzweil, sondern aller hand billich zulässigen vbungen wegen, vnd zuuorderst darumben angesehen werden, damit freundliche vertrewliche Correspondentien, guter will, vnd nachbarschafft zwischen allerley Stenden vnd Benachbarten gepflantzt vnd erhalten, damit auch der obangezogen verehrte vnd presentierte Krantz nit verligen bleiben, sondern also