Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Jahrgang 1901. Germanisches Nationalmuseum

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Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Jahrgang 1901 - Germanisches Nationalmuseum


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a. a. O. Taf. IV, Abb. 1, Wright, a. a. O. Fig. 293 und 294, Müller & Mothes, a. a. O. I, S. 124, Fig. 98, und auch noch in unserer Fig. 30 dargestellten Kesselhaken nur aus einer Kette mit daran befindlichem Haken bestehen, wie auch Marperger (a. a. O. S. 686) noch am Beginn des 18. Jahrhunderts in der Küche einfach Kette und Haken, catena und uncus, anführt, wobei allerdings die Form der Kette fraglich bleibt. Die ursprünglichste Form ist jedenfalls die einfache Kette, und Du Cange II, 239 erklärt deshalb mit vollem Recht: »catena, cremathra, catenae ferreae species ad sustinendum unco pendentem in foco lebetem. Ital. catena. Gall. cremaillere.« Auch Schultz a. a. O. S. 114 sagt durchaus zutreffend: »Kessel werden in den Breslauer Urkunden öfter angeführt; sie sind entweder eingemauert oder hängen an Ketten und Haken frei ober dem Herd.« Nach Wright a. a. O. S. 451 benützte man, um die Kessel verschieden hoch hängen zu können, mehrere Ketten von verschiedener Länge neben einander, und zwar hingen dieselben an einem Drehbalken, um auf diese Weise die Lage des Kessels auch seitlich verändern zu können. Die betreffende Stelle lautet mit Wrights Worten: »In 1567, a housekeeper of Durham had among other such articles »a gallous of iron, with IV crocks.« The gallows was, of course, the cross-bar of iron, which projected across the chimney, and from which the crooks or chains with hooks at the end for sustaining pots were suspended; as the gallows turned upon hinges, the pot could be moved over the fire, or from it, at pleasure, without being taken from the hook, and as the crooks, of which there were usually more than one, were off different lengths, the pot might be placed lower to the fire or higher from it, at will.« Diese Art ist aber doch sehr primitiv geblieben, und entschieden nicht nur formal einfacher, sondern auch praktischer war der fast 250 Jahre früher in Pavia übliche, oben beschriebene Kesselhaken, bei dem dadurch, daß mit Haken versehene Eisenstäbe zwischen die Kettenglieder eingeschoben waren, die Höhenlage des Kessels verstellbar war. Diese Form hat sich denn auch bis in die neueste Zeit erhalten: die Küche des Museums besitzt ein derartiges Stück.

      Die handlichste und — durch den Zahnschnitt-Einsatz — meist charakteristische Form hat die Art des Kesselhakens, die wir in zwei etwas von einander abweichenden Stücken des Museums unter Fig. 29 und 30 veranschaulichen[26]. Der eigentliche Träger des ganzen Gerätes ist ein Eisenstock bezw. ein Eisengestell. An diesem ist ein Bügel mit Öse angebracht, den man nach Bedarf in eine höhere oder niedere Kimme des Zahnschnitt-Einsatzes einhakt, um so den an jenem befindlichen eigentlichen Kesselhaken in seiner Höhenlage zu regulieren. Die Einzelheiten, in denen sich die beiden — aus der Moselgegend stammenden — Stücke [H. G. 3545 und 3546] unterscheiden, sind aus der Abbildung ersichtlich. Die von Wright unter Nr. 259 reproduzierte Darstellung, die einer Handschrift von 1470 entnommen ist, zeigt den Kesselhaken schon völlig so entwickelt wie unsere dem Anfang des 18. Jahrhunderts angehörenden Stücke. Wegen dieser Übereinstimmung scheint uns auch der Holzschnitt zum Simplicissimus edidit Bobertag I. Teil S. 199 (1669/70), den Meringer a. a. O. XXII, S. 104, Fig. 84 wiedergiebt, und der den Kesselhaken derartig darstellt, daß der Kessel mit seinem Bügel gleich selbst in die einzelnen Zahnschnitte eingehängt wird, auf einer ungenügenden Beobachtung des Gerätes zu beruhen.

      Eine Erweiterung des bislang geschilderten Kesselhakens zeigt das in Brüssel befindliche Gemälde des Jan Mostaert: »Das Wunder des Siebes«[27]. An dem darauf sichtbaren Stücke geht von dem eigentlichen Kesselhaken nach jeder Seite ein Arm aus, der an seinem Ende wieder einen Haken trägt. Diese beiden Seitenhaken scheinen nicht mehr eine eigene Verstellbarkeit der Höhenlage zu besitzen. Daß solche erweiterte Kesselhaken in großen Haushalten, die sich mit einem Kessel nicht begnügen konnten, in der That benutzt wurden, davon kann sich jeder überzeugen, der in dem Hochmeisterschlosse der Marienburg i. P. die Küche besichtigt, wo über dem alten riesenhaften Herde ein solcher dreiteiliger Kesselhaken von dem Rauchmantel herabhängt, vielleicht eines der wenigen alten Einrichtungsstücke, die sich dort bis auf unsere Zeit erhalten haben.

      Eine höchst interessante Form des Kesselhakens ist mir nur aus Abbildungen bekannt geworden, durch die sie landschaftlich sicher für Westfalen belegt wird. Zwei westfälische Geschlechter nämlich, das der Kettler und das der Twickel, führen beide im Wappen einen Kesselhaken, dessen durchaus eigenartige Form mir nur in diesen beiden Wappenbildern zu Gesicht gekommen ist. Ich gebe sie in Fig. 31 u. 32 nach A. Fahne v. Roland, Geschichte der Westfälischen Geschlechter, Cöln 1858 S. 243 und 386 wieder, indem ich zugleich darauf aufmerksam mache, daß diese beiden Wappen und das Gerät, dessen Hantierung sie ja völlig deutlich erkennen lassen, in zwei leichten Varianten zur Anschauung bringen. Wie lange diese Kesselhaken benützt sind, und ob sie auch außerhalb Westfalens vorkamen, kann ich leider nicht sagen. Vielleicht geben diese Zeilen einem Kenner Veranlassung, nähere Mitteilungen über dieses Gerät zu machen.

      Fig. 31. Wappen der Familie Kettler.

      Fig. 32. Wappen der

       Familie v. Twickel.

      Neben dem Kesselhaken begegnet uns nun, völlig dem gleichen Zwecke wie jener dienend, die Kesselschwinge, ein an der Wand neben dem Herde befestigter Drehbalken, über dessen Ende der Kessel gehängt wird, und dessen Höhe auch durch höheres oder niederes Einstellen des ihn stützenden Trägers ein wenig verändert werden kann. So groß wie beim Kesselhaken ist dieser Wechsel zwar lange nicht, indessen da die Entfernung des Kessels von der Herdflamme ein gewisses Maximum aus praktischen Gründen nie überschreiten wird, so mag auch die geringere Verstellbarkeit der Kesselschwinge in dieser Beziehung schon genügt haben. Meringer a. a. O. XXI, S. 122, Fig. 136 hat ein solches Gerät abgebildet[28].

      Die Verbreitung von Kesselhaken und Kesselschwinge auch nur annähernd zu bestimmen und besonders die Grenzlinien ihrer Gebiete festzulegen, dürfte nach dem bis heute bekannt gewordenen Material kaum möglich sein. Vielfach scheinen sie neben einander aufzutreten, wie wir aus Meringers Forschungen für Tirol entnehmen, und wie Rochholtz a. a. O. II, S. 113, vom allemannischen Hause sagt: »Über der großen Steinplatte des Herdes hängt der Eisenkessel, entweder an der Kette des Kesselhakens (Häle) oder am Arme eines noch ursprünglicheren Drehbalkens.« Um 1320 haben wir den Kesselhaken in Pavia gefunden, 40 Jahre später setzt ihn das Statut von Turin von 1360 Cap. 160 als notwendiges und charakteristisches Stück der Herdausstattung voraus: »Intelligatur extranea persona illa, quae non habitat in ipsa civitate cum foco et catena«[29]. Wir haben ihn an der Mosel und in Westfalen gefunden, wo er »hâl« n. genannt wird, und wo er im 15. Jahrhundert uns als ein so unentbehrliches Herdgerät entgegentritt, daß auch die Feldküche ihn nicht entbehren konnte. Die betreffende Bestimmung vom Jahre 1462 lautet: »vnde de junferen sollen in den herwagen doen, wanner men daer mede to velde thuit, enen pot, enen ketel, een taeflaken, een dwele vnde en hael«[30]. Überall da, wo man den oben besprochenen westfälischen Pfannenhalter findet, kann man unseres Erachtens ohne Weiteres auch den Kesselhaken voraussetzen. Im Oldenburgischen hat ihn Virchow an einem sehr komplizierten Rahmen hängend gefunden und in den »Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.« 1887. S. 573 beschrieben. Für das Grenzgebiet von Braunschweig und Hannover endlich hat R. Andree unser Gerät nachgewiesen und in seiner »Braunschweiger Volkskunde« (Braunschweig 1896) S. 120, Fig. 17 abgebildet und beschrieben.

      In Nürnberg scheint der Kesselhaken nicht benützt zu sein, wie wir denn auch von volkskundigen Männern gehört haben, daß er sich überhaupt nicht in Franken finde[31]. Weder Folz’s Meistergesang, noch Hans Sachs, noch die Haushalterin nennen ihn, in der Küche des Landauer-Klosters wird er nicht erwähnt, in keinem unserer Puppenhäuser findet sich sein Abbild und auch in der letzten Prangküche in der Bindergasse war er nach der Aussage des Antiquars Wohlbold nicht vorhanden. Dagegen behauptet der letztere, die Kesselschwinge aus Nürnberg zu kennen. Wir haben sie freilich nicht gesehen, und in den obenerwähnten litterarischen Quellen wird sie ebensowenig genannt wie der Kesselhaken. Die einzige Erwähnung eines entsprechenden Gerätes finden wir


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