Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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folgten, Verehrer des Bürgerstandes und habe ihn von jeher verehrt. 17 Doch jetzt ans Werk! Auf, erringt mit mir einen neuen und frischen Triumph über die Samniten.

      (33) Kein Feldherr stand mit seinen Kriegern auf einem vertraulicheren Fuß, da er ohne alle Weigerung sich mit den gemeinsten Soldaten jeder Verrichtung unterzog. 2 Ferner in den soldatischen Spielen, wenn die Kameraden sich miteinander in Wettstreit der Schnelligkeit und der Stärke einließen, war er freundlich und zugänglich, behielt als Sieger und Besiegter dieselbe Miene, war gegen niemand, der sich ihm zum Gegner bot, abstoßend, 3 war in seinen Handlungen nach Maßgabe des Verhaltens der Gütige, im Gespräch der Freiheit anderer ebenso sehr als seiner Würde eingedenk, und was die Herzen des Volkes am meisten gewinnt, er behielt die gleichen Eigenschaften bei der Führung der Ämter, durch welche er sie gesucht hatte. 4 Daher grenzte die mutige Regsamkeit, mit welcher das ganze Heer auf die Ermunterung eines solchen Feldherrn aus dem Lager rückte, ans Unglaubliche.

      5 Begann je eine Schlacht unter gleichen Hoffnungen, mit gleichen Kräften beider Teile, mit eigenem Zutrauen auf sich selbst, ohne den Feind zu verachten, so war es diese. 6 Den Mut der Samniten erhöhten ihre neuen Taten und der vor Kurzem errungene doppelte Sieg; den Mut der Römer der Ruhm von vier Jahrhunderten und ihre Siege von der Erbauung der Stadt an; und dennoch erregte beiden der neue Feind einige Besorgnis. 7 Die Schlacht bewies die Stimmung beider Heere, denn sie kämpften so, dass sich die Linie eine ganze Zeitlang nach keiner von beiden Seiten bog. 8 Darauf versuchte der Konsul, weil er auf einen Feind, den keine Tapferkeit vertreiben konnte, Verwirrung wirken lassen wollte, durch das Einhauen der Reiterei das feindliche Vordertreffen in Unordnung zu bringen; 9 als er aber sah, dass diese, in fruchtlosem Getümmel mit ihren Geschwadern auf zu engem Raum kreisend, keine Bahn in die Feinde machen konnte, da rief er, indem er bei seiner Rückkehr zu den Vorderreihen der Legionen vom Pferd sprang: 10 Soldaten, das ist eine Arbeit für uns Fußgänger! Wohlan, so wie ihr es von mir sehen werdet, wie ich mir allenthalben, wo ich dem Feind in die Linie breche, mit dem Schwert Bahn mache, so streckt auch ihr jeden, der euch vor die Klinge kommt, zu Boden! Dort, wo jetzt die emporstarrenden Lanzen blitzen, werdet ihr bald alles durch eine ungeheure Niederlage geebnet sehen. 11 So sprach er, da sprengte die Reiterei auf des Konsuls Befehl sich teilend auf die Flügel und ließ dem Fußvolk zum Einbruch in das feindliche Mitteltreffen offenen Weg. Der Konsul ging von allen zuerst auf den Feind los, und der, mit welchem ihn das Schicksal zusammenführte, fiel unter seinen Streichen. 12 Zu seiner Rechten und zu seiner Linken, durch dieses Schauspiel zum Wetteifer gespornt, arbeitete jeder im rühmlichsten Kampf gerade vor sich hin. Entgegengestemmt hielten die Samniten stand, bekamen sie gleich mehr Wunden als sie beibrachten. 13 Eine ganze Zeitlang war schon gekämpft; schreckliches Gemetzel umgab die Fahnen der Samniten, aber noch regte sich durchaus keiner zur Flucht, so hartnäckig war ihr Entschluss, als Besiegte nur zu fallen. 14 Die Römer, die in ihren sinkenden Kräften die Ermattung spürten und den Tag zu Ende gehen sahen, warfen sich wütend auf den Feind. 15 Und nun erst sah man weichende Schritte und einen Anfang zur Flucht, nun erst wurden hier Samniten gefangen, dort Samniten niedergehauen; und es hätten sich nur wenige gerettet, wenn nicht die Nacht die Römer mehr vom Siegen als vom Fechten abgehalten hätte. 16 Teils sagten es die Römer geradeheraus, dass sie sich nie mit einem hartnäckigeren Feind geschlagen hätten, teils legten sie den Samniten die Frage vor, was ihnen als so standfesten Kämpfern die erste Veranlassung zur Flucht geworden sei. 17 In den Augen der Römer, antworteten sie, hätten sie Flammen gesehen, in ihren Blicken Wut und Wut auf ihrem Antlitz. Dies habe mit größerem Schrecken auf sie gewirkt als irgend sonst etwas. Und diesen Schrecken verrieten sie nicht bloß durch den Verlust der Schlacht, sondern auch durch ihren nächtlichen Aufbruch. 18 Am folgenden Tag fiel das leere feindliche Lager den Römern in die Hände, in welches, um ihnen Glück zu wünschen, ganz Capua in Scharen hinausströmte.

      (34) Übrigens wurde diese Freude beinahe durch eine große Niederlage in Samnium getrübt. Denn der Konsul Cornelius war nach seinem Aufbruch von Saticula unvorsichtig genug, mit dem Heer in einen Wald zu rücken, der vermittels seines tiefen Tales den Durchzug gewährte, allein ringsum vom Feind besetzt war; 2 und er bemerkte den Feind über seinem Haupt nicht eher, als bis er sich schon nicht mehr mit Sicherheit zurückziehen konnte. 3 Während nun die Samniten nur noch so lange warteten, bis ihm das ganze Heer in die Tiefe des Tales gefolgt sein würde, bemerkte der Kriegstribun Publius Decius einen hervorragenden Hügel im Wald, der das feindliche Lager beherrschte, der zwar einem schwer bepackten Heer zu hoch, für leichte Truppen aber nicht schwer zu ersteigen war. 4 Er wandte sich an den bestürzten Konsul und sprach: Siehst du, Aulus Cornelius, jenen Gipfel droben über dem Feind? Das ist der Fels unserer Hoffnung und unseres Heils, wenn wir ihn, da ihn die Samniten in ihrer Blindheit unbenutzt gelassen haben, rasch besetzen. 5 Auch brauchst du mir nicht mehr als das erste und zweite Glied einer Legion89 zu überlassen. Komme ich mit diesen auf der Höhe an, so zieh du ohne Furcht weiter und rette dich und das Heer; denn der Feind unter uns, jedem Schuss von uns ausgesetzt, wird nicht nachziehen können, wenn er sich nicht vernichten lassen will. 6 Uns wird dann entweder das Glück des römischen Volkes oder unsere Tapferkeit helfen.

      7 Vom Konsul mit Lobsprüchen überhäuft, zog er nach Übernahme des Heeres in aller Stille durch den Wald und wurde nicht eher vom Feind bemerkt, bis er seinem Ziel schon nahe war. 8 Während nun alle vor Bewunderung staunten – denn er hatte aller Augen auf sich gerichtet –, bekam durch ihn nicht nur der Konsul Zeit, sich mit dem Heer auf einen freieren Platz durchzuwinden, sondern auch er gewann den Stand auf der obersten Höhe. 9 Den Samniten, welche darüber, dass sie sich bald gegen den einen, bald gegen den andern wandten, den Vorteil auf beiden Punkten versäumten, wurde es gleich unmöglich, sowohl den Konsul zu verfolgen, wenn sie nicht durch denselben Hohlweg ziehen wollten, in welchem sie ihn soeben noch ihren Pfeilen ausgesetzt hatten, als gegen den Hügel, welchen Decius über ihrem Haupt besetzt hatte, bergauf zu rücken. 10 Doch bestimmte sie teils ihr Unwille, sich lieber gegen diese zu wenden, die ihnen den schönen Sieg entrissen hatten, teils die Nähe des Platzes und selbst die Schwäche des Postens, 11 und bald wollten sie den Hügel auf allen Seiten mit Truppen einschließen, um Decius vom Konsul abzuschneiden, bald ließen sie einen Weg offen, um die ins Tal Herabgegangenen anzugreifen. In dieser Unschlüssigkeit überfiel sie die Nacht.

      12 Decius hatte anfangs die Hoffnung gehegt, von seiner Höhe herab mit einem bergan steigenden Feind zu kämpfen, jetzt aber staunte er, dass sie weder einen Angriff unternahmen noch ihn, wenn sie der nachteilige Kampfboden von diesem Plan zurückschreckte, durch Werke und Schanzpfähle einschlössen. Dann sprach er zu den Hauptleuten, die er herbeirufen ließ: 13 Habe ich je eine solche Unwissenheit in der Kriegskunst, eine solche Untätigkeit gesehen? Und wie war es möglich, dass diese Leute über die Sidiciner und Campaner einen Sieg erringen konnten? Ihr seht, wie ihre Fahnen bald hierher, bald dort hinüber wanken, jetzt sich auf einem Punkt vereinigen, dann wieder ausrücken, aber die Arbeit fängt niemand an, da wir schon mit einem Wall eingeschlossen sein könnten. 14 Dann müssten wir wahrhaftig ihnen ähnlich sein, wenn wir hier länger weilen wollten, als uns gutdünkt. Kommt, begleitet mich; mir müssen, solange wir noch etwas Tageslicht haben, erspähen, wo sie ihre Posten aufstellen, wo uns ein Ausweg offen bleibt. 15 Damit die Feinde nicht merken möchten, dass der Anführer selbst die Runde machte, untersuchte er alles im gewöhnlichen Kriegermantel und ließ die Hauptleute wie gemeine Soldaten gekleidet mitgehen.

      (35) Als er hierauf die Nachtwachen angeordnet hatte, ließ er an alle Übrigen die Parole ausgeben: Wenn das Horn das Zeichen zur zweiten Nachtwache90 gegeben habe, möchten sie sich in aller Stille mit den Waffen bei ihm einfinden. 2 Als sie sich dem Befehl gemäß, ohne laut zu werden, eingestellt hatten, fing er an: Ebendieses schweigen, Soldaten, müsst ihr jetzt als meine Zuhörer, ohne alle soldatische Willenserklärung, beibehalten. Habe ich euch meine Meinung auseinandergesetzt, dann treten die, welche mir beipflichten, schweigend auf meine rechte Seite; und was die Mehrzahl will, danach richten wir uns. 3 Jetzt hört, was meine Gedanken sind. Der Feind hat euch hier umzingelt, nicht als hierher verschlagene Flüchtlinge, nicht als hier sitzen gebliebene Feiglinge. Eure Tapferkeit war es, die euch diesen Posten besetzen ließ, eure Tapferkeit muss euch wieder heraushelfen. 4 Ihr zogt hierher und rettetet dem römischen Volk ein herrliches Heer, erhaltet euch selbst, indem ihr euch durchschlagt. Ihr verdient die Ehre, als kleine Schar vielen geholfen zu haben und selbst keiner Hilfe zu bedürfen. 5 Wir


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