Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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überlebte den Vater als Erbe des ganzen Vermögens. Arruns starb vor dem Vater, mit Hinterlassung einer schwangeren Frau. 3 Allein der Vater überlebte diesen Sohn nicht lange, und weil er, von der Schwangerschaft seiner Schwiegertochter nicht unterrichtet, den Enkel in seinem letzten Willen unbedacht gelassen hatte, gab man diesem nach des Großvaters Tod ohne alle Aussicht auf ein Erbteil geborenen Knaben von seiner Dürftigkeit den Namen Egerius (Dürftiger). 4 Lucumo hingegen, dem schon sein Reichtum als Erben des ganzen Vermögens Selbstvertrauen verlieh, erfüllte mit noch höheren Plänen seine Verheiratung mit Tanaquil, einer Frau von sehr vornehmer Abkunft, die schon dafür sorgen wollte, dass der Rang, in welchen sie eingeheiratet hatte, nicht niedriger bliebe als der, den ihr die Geburt gab. 5 Sie konnte den Unwillen über die Nichtachtung, womit die Etrusker Lucumo als dem Sohn eines angekommenen Flüchtlings begegneten, nicht länger ertragen, vergaß der natürlichen Liebe zu ihrer Vaterstadt, um nur ihren Mann in Amt und würden zu sehen, und entschloss sich, von Tarquinii wegzuziehen. 6 Rom schien ihr für ihre Absichten der beste Ort. In einem neuen Volk, wo aller Adel noch jung und bloß durch Verdienst erworben sei, werde ein tatkräftiger, rüstiger Mann seinen Platz schon finden; ein Sabiner namens Tatius sei dort König gewesen, von Cures Numa auf den Thron gerufen, selbst Ancus sei der Sohn einer Sabinerin und habe für seinen Adel nur das einzige Ahnenbild des Numa aufzuweisen. 7 Leicht überredete sie den ehrsüchtigen Mann, dem ohnehin Tarquinii nur von mütterlicher Seite als Heimatstadt galt. Sie wandern mit ihrer ganzen Habe aus nach Rom.

      8 Eben waren sie an das Janiculum gekommen. Er saß mit seiner Gattin auf einem Wagen. Da schwebte ein Adler mit gespannten Schwingen sanft hernieder, nahm ihm den Hut, flog mit großem Geschrei über dem Wagen hin und her, setzte ihm, als wäre er bloß zu dieser Verrichtung vom Himmel gesandt, den Hut wieder auf den Kopf und stieg in die Höhe. 9 Tanaquil, als eine Frau, die, wie die Etrusker gewöhnlich, sich auf die Offenbarungen des Himmels verstand, bezog hoch erfreut, wie die Erzählung sagt, diesen Vogelfluge auf sie beide. Sie schloss ihren Mann in die Arme und hieß ihn Großes und Erhabenes hoffen. 10 Dazu gebe gerade dieser Vogel die Hoffnung, der aus der höchsten Himmelshöhe komme und dieses Gottes Bote sei; am ragenden Gipfel des menschlichen Körpers habe er seine Sendung vollzogen, habe die auf sein menschliches Haupt gesetzte Zierde ihm abgehoben, um sie aus Gotteshand ihm wiederzubringen.

      Von diesen Hoffnungen und Gedanken erfüllt, fuhren sie in die Stadt, kauften dort eine Wohnung, und er gab sich hier den Namen Lucius Tarquinius Priscus. 11 Den Römern blieb der neue, reiche Mitbürger nicht unbemerkt; und er selbst kam seinem Glück durch zuvorkommende Begrüßungen, höfliche Einladungen und dadurch, dass er durch Wohltaten möglichst viele sich zu Freunden machte, zu Hilfe, bis man endlich von ihm auch am königlichen Hof sprach. 12 Dieser Bekanntschaft erwarb er durch Anstand und Geschicklichkeit, womit er seine Dienstleistungen beim Könige ausrichtete, die Rechte der vertrauteren Freundschaft, so dass er bei allen öffentlichen und geheimen Beratungen über Krieg und Frieden zugegen sein musste, und endlich, überall erprobt, im Testamente des Königs als Vormund der Prinzen eingesetzt wurde.

      (35) Ancus, jedem der früheren Könige durch Tüchtigkeit im Krieg und im Frieden gleich, hatte 24 Jahre regiert. Seine Söhne waren dem Jünglingsalter nahe; desto eifriger drang Tarquinius darauf, dass die Volksversammlung zur Königswahl baldmöglichst gehalten würde. 2 Als sie angesagt war, schickte er die Prinzen um jene Zeit auf die Jagd, und er soll der Erste gewesen sein, der als Bewerber um den Thron sich zu empfehlen suchte und eine Rede hielt, in der er es ganz darauf angelegt hatte, die Herzen des Volkes zu gewinnen. 3 Er sagte, einmal liege in seinem Gesuch nichts Neues. Wenn er zu Rom zu regieren wünsche, so sei er nicht der erste Ausländer, worüber vielleicht jemand Unwillen oder Befremden äußern könne, sondern der dritte. Tatius sei nicht bloß aus einem Fremden, aus einem Feind sogar zum König gemacht; Numa, ohne die Stadt zu kennen, ohne anzuhalten, vermittels einer Aufforderung zum Thron berufen. 4 Zum andern aber sei er, sobald er unabhängig geworden sei, mit seiner Gattin und seinem Hab und Gut nach Rom gezogen. Er habe von den Jahren, in denen der Mann sich den bürgerlichen Geschäften unterziehe, einen größeren Teil in Rom als in seiner alten Vaterstadt verlebt. 5 Er habe im Frieden und im Krieg unter einem Lehrer, dessen er sich nicht schämen dürfe, unter dem Könige Ancus selbst, das römische Recht und die römischen Sitten erlernt. In der Folgsamkeit und Ehrerbietigkeit gegen den König habe er mit allen, in der Wohltätigkeit gegen andere mit dem König selbst gewetteifert. 6 Was er da anführte, war nicht unbegründet, und das Volk ernannte ihn einstimmig zum König. War es zu verwundern, dass den übrigens vortrefflichen Mann die Sucht, sich Anhang zu verschaffen, die er bei seiner Bewerbung gezeigt hatte, auch auf den Thron begleitete? Es war ebenso sehr seine Absicht, seinen Thron zu befestigen, als Liebe zum allgemeinen Besten, wenn er hundert in die Zahl der Väter aufnahm, welche nachher die Geschlechter vom zweiten Rang genannt wurden, eine Partei, die es sicher mit dem König hielt, dem sie ihre Einführung in das Rathaus zu danken hatten.

      7 Seinen ersten Krieg führte er mit den Latinern und nahm ihnen die Stadt Apiolae im Sturm. Da er von hier eine größere Beute heimführte als der Ruf des Krieges erwarten ließ, so stellte er Spiele an, welche an Pracht und Einrichtung die der vorigen Könige übertrafen. 8 Damals wurde auch zuerst der Platz zu einer Rennbahn (Zirkus), die jetzt die Große heißt, abgesteckt. Den Vätern und Rittern wurden Stellen zugeteilt, wo sich jeder seinen Zuschauersitz anlegen konnte. Diese bekamen die Benennung fori (Reihenbänke). 9 Die Sitze der Zuschauer ruhten zwölf Fuß über der Erde auf Stützbalken. Pferde und Fechter, die man größtenteils aus Etrurien kommen ließ, machten den Gegenstand der Spiele aus. Sie wurden nachher alle Jahre gefeiert und hießen bald die Römischen, bald die Großen Spiele. 10 Derselbe König verteilte auch die Umgebungen des Marktplatzes an Privatleute, um sie zu bebauen, und ließ Hallen und Buden anlegen.

      (36) Auch war er damit beschäftigt, eine steinerne Mauer um die Stadt zu ziehen, als ein Krieg mit den Sabinern das angefangene Werk unterbrach. Dieser kam ihm so unerwartet, dass die Feinde, ehe noch ein römisches Heer ihnen entgegenrücken und sie aufhalten konnte, schon über den Anio gingen. 2 In Rom herrschte deshalb Bestürzung; und die erste Schlacht fiel bei großem Verlust auf beiden Seiten unentschieden aus. Da zogen die Feinde sich in ihr Lager zurück und ließen den Römern Zeit, sich zum Krieg von Neuem zu rüsten. Tarquinius glaubte, zur gehörigen Stärke fehle es ihm besonders an Reiterei, und er beschloss, neben den Zenturien der Ramnes, Tities und Luceres, die schon Romulus errichtet hatte, neue hinzuzufügen und durch ihre unterscheidende Benennung nach seinem Namen sich ein Andenken zu stiften. 3 Romulus hatte jene mit Zustimmung des Vogelfluges ausgehoben; also behauptete auch Attus Navius, ein damals berühmter Vogelschauer, ohne Genehmigung der Vögel dürfe hierin keine Änderung oder Neuerung vorgenommen werden. 4 Der König, heißt es, hierüber aufgebracht, hielt ihn mit seiner Kunst zum Besten und sagte: Nun wohlan, du Mann Gottes, befrag’ deine Vögel, ob das möglich ist, was ich jetzt im Sinn habe. Jener vernahm die Vögel darüber und versicherte die gewisse Möglichkeit. Nun, sprach der König, ich dachte mir Folgendes: Du solltest mit einem Schermesser einen Schleifstein durchschneiden. Hier hast du beides. Tue nun, was deine Vögel als möglich ankündigen. Und er soll ohne Zögern den Schleifstein durchschnitten haben. 5 Das dem Attus errichtete Standbild mit verhülltem Haupt hat auf der Stelle gestanden, wo die Tat geschah, dem Rathaus zur Linken, hart an der Treppe auf dem Versammlungsplatz. Auch der Schleifstein soll hier als Denkmal dieses Wunders für die Nachwelt verwahrt gelegen haben. 6 Wenigstens gelangten der Vogelflug und das Priesteramt der Vogelschauer zu einer so hohen Achtung, dass später im Krieg und Frieden nichts ohne Befragung der Vögel vorgenommen wurde, und Volksversammlungen, Berufungen der Heere, kurz die wichtigsten Sachen ausgesetzt werden mussten, wenn die Vögel ihre Zustimmung versagten. 7 Und damals hat Tarquinius an den Zenturien keine Änderung vorgenommen, außer dass er sie noch einmal so stark machte, so dass nun die drei Zenturien aus 1800 Reitern bestanden. 8 Die Hinzugekommenen blieben in dieselben Namen einbegriffen, nur mit dem Zusatz: die Späteren. Jetzt nennen wir sie, weil sie verdoppelt sind,14 die sechs Zenturien.

      (37) Nach Vermehrung dieses Teiles seiner Truppen lieferte er den Sabinern eine zweite Schlacht. Aber außer dass das römische Heer an Stärke gewonnen hatte, kam er ihm noch durch eine versteckte List zu Hilfe. Da am Ufer des Anio eine große Menge gefälltes Holz lag, schickte er hin und ließ dies angezündet in den Fluss werfen; der Wind kam der Flamme zu Hilfe, und da das Holz, meistenteils auf Flößen, gegen die Brückenpfähle trieb und


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