Unsere liebe Sisi. Gabriele Praschl-Bichler

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Unsere liebe Sisi - Gabriele  Praschl-Bichler


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des Königs herausstellen. Obwohl er seine Frau anfangs liebte und achtete, hat er es nach einiger Zeit mit der ehelichen Treue nicht sehr ernst genommen. Er zog fröhlich in der Welt umher, hatte etliche Affären und uneheliche Nachkommen und überließ den Haushalt und die Aufzucht der gemeinsamen Kinder seiner Frau Luise.

      Zu den besonders glücklichen Verbindungen dieser Generation zählten die zwei mit den sächsischen Königen, die Ehe Elises mit dem König von Preußen und die zwei Verbindungen mit dem Haus Österreich. Ja, aber … wo hat sich denn da so plötzlich eine zweite habsburgische Heirat eingeschlichen? Von der Ehe Sophies mit Erzherzog Franz Carl haben wir nun schon einige Male gehört. Und die anderen erwachsen gewordenen Schwestern hatten wir doch schon alle mehr oder minder gut verheiratet. Dennoch ist noch eine Verbindung unbesprochen geblieben. Wer genau gelesen hat, erinnert sich vielleicht, daß Prinzessin Charlotte (s. oben) nur in erster Ehe unglücklich verheiratet war. Denn in zweiter Ehe, die diesmal nach Österreich führte, war sie wesentlich zufriedener. Noch bevor ihre Schwester Sophie den Habsburger Prinzen heiratete, wurde Charlotte die vierte Ehefrau Kaiser Franz (II.) I. von Österreich. Durch diese Hochzeit und die später folgende Eheschließung ihrer Schwester Sophie gerieten die Familienverhältnisse zwischen Wittelsbachern und Habsburgern noch komplizierter. Denn Kaiser Franz II./I. war der Vater Erzherzog Franz Carls, des späteren Ehemanns von Sophie. Die beiden Schwestern wurden durch ihre Verbindungen zu Schwiegermutter und Schwiegertochter. Die Kinder Sophies hatten dadurch eine Großmutter, die gleichzeitig auch ihre Tante war (s. Stammtafel Habsburger und Wittelsbacher, S. 40).

      Schon bald nach der Hochzeit zeichnete die nunmehrige Erzherzogin in ihren Briefen das Bild einer immer glücklicher werdenden Ehe und eines harmonischen Zusammenlebens im Kreis der neuen Familie. Die liebevolle Aufnahme und Unterstützung erleichterten ihr auch den einzigen Kummer ihres Lebens, das lange Warten auf eigenen Nachwuchs. Denn Sophie, die sich nichts sehnlicher wünschte, als viele Kinder zu bekommen, hatte große Probleme. Erst nach dreijähriger Ehe wurde sie zum ersten Mal schwanger und erlitt bald die erste von insgesamt fünf aufeinanderfolgenden Fehlgeburten. Als sich – nach einer Badekur in Ischl – endlich eine sechste, erstmals erfolgversprechende Schwangerschaft ankündigte, nahm Sophie alle Strapazen, die man ihr dabei abverlangte, geduldig auf sich. Sie verbrachte wochenlang regungslos im Bett liegend und konzentrierte sich nur noch auf dieses eine einzige, sie selig machende Ereignis: die Geburt ihres ersten Kindes. Am 18. August 1830 erblickte nach 48 Stunden Wehen und »mit der Zange genommen« Franz Joseph, der spätere Kaiser, das Licht der Welt. Seine Ankunft versetzte seine Mutter in einen nicht enden wollenden Jubel. Eine Flut von Briefen, die sie vom Wochenbett aus an alle Verwandten schickte, geben Zeugnis von der übergroßen Freude, die sie und ihre kleine Familie erfüllte. Gegen die Regeln der Zeit und der Gesellschaftsschicht, der sie entstammte, stillte sie den Kleinen sogar selbst (Kaiserin Elisabeth hat das nicht gemacht). Üblicherweise wurden Säuglinge nach der Geburt in die Obhut von Ammen gegeben, damit die Mütter wieder zu Kräften kommen konnten. Aber Erzherzogin Sophie hatte Kraft genug. Jetzt, da einmal ein erstes Kind lebend geboren war, wußte sie, daß sie auf weiteren Nachwuchs hoffen durfte.

      Die zweite Schwangerschaft verlief einfacher und ruhiger, und auch die Geburt war im Unterschied zur ersten ohne Komplikationen. Ferdinand Maximilian, »Maxi« genannt, kam am 6. Juli 1832 als gesundes Baby zur Welt. Ein Jahr nach ihm wurde ihr am 31. Juli abermals ein Sohn geboren. Er wurde auf den Namen Carl Ludwig getauft, im Familienkreis aber immer nur »Carl« genannt. Ihm folgte am 27. Oktober 1835 das »lieb Ännchen«, Erzherzogin Maria Anna. Als einziges Mädchen unter lauter Brüdern entwickelte sie sich zum allseits anerkannten Familienmittelpunkt. Sie starb allerdings im fünften Lebensjahr. Den Verlust dieses Kindes sollte Erzherzogin Sophie nie verwinden. In vielen ihrer Briefe finden sich Bemerkungen über die Kleine. Sie hat noch fünfundzwanzig Jahre später ihrem kaum sieben Jahre alten Enkel, Kronprinz Rudolph, von dem geliebten verstorbenen Kind erzählt (s. dazu den Brief auf S. 226). – Ein paar Monate nach dem Tod der kleinen Tochter hat sie einen Sohn totgeboren. Zwei Jahre später kam der letzte Sohn zur Welt. Er wurde Ludwig Victor genannt und war der von allen recht verwöhnte Nachzügler. Er erhielt auch die meisten Kosenamen, die Eltern nannten ihn »Bubi«, seine Geschwister riefen ihn »Hetzi« oder »Luzziwuzzi«.

      Um sich von den Kindern so wenig wie möglich trennen zu müssen, haben ihre Eltern, Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Carl, ihre Erziehung bis ins Schulalter hauptsächlich selbst übernommen. Auch darin unterschied sich das Paar wesentlich von seinen Standesgenossen, denn Kinder aus Herrscherfamilien waren die meiste Zeit in der Obhut von Gouvernanten und Erziehern. Die kleinen Erzherzoge verbrachten aber die meiste Zeit des Tages bei ihren Eltern. Sie nahmen sie sogar zu öffentlichen Anlässen mit, um die Kinder früh und natürlich auf ihre spätere Arbeit vorzubereiten. Denn das Leben an einem Kaiserhof bedeutete von klein auf, mit ungewöhnlichen Situationen umzugehen, sich daran zu gewöhnen, ständig beobachtet zu werden und seinen Alltag vor aller Augen leben zu müssen. Schon als Baby verfügten die kleinen Prinzen über einen eigenen Hofstaat, der aus Kindermädchen, Erziehern und Dienern bestand. Sie verrichteten die notwendigen Dienste, die meiste Zeit verbrachten die Kinder aber in der Obhut ihrer Mutter, die auch die schönsten schriftlichen Dokumente über sie hinterließ. Wenn ein Mitglied ihrer Familie – ihr Mann oder eines ihrer Kinder – erkrankte, übernahm Erzherzogin Sophie die Pflege selbst. Sie scheute auch keine ansteckenden Krankheiten, was damals ebenfalls außergewöhnlich war. Üblicherweise wurden Virus-Erkrankte mit eigenem Pflegepersonal in Quarantäne gesteckt. Nicht so bei dieser liebenden Frau und Mutter. Egal ob ihr Ehemann die Blattern hatte oder ihre Kinder an Scharlach litten, sie pflegte alle selbst gesund und verließ nie das Bett der Kranken.


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