Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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manchen andern Wissenschaften gearbeitet wurde; aber sie hatten sich alle der nämlichen Form unterwerfen müssen. In verwickelten Lehrgebäuden, für die Überlieferung des Katheders, selten für eigentlich geistiges Verständnis geeignet, breiteten sie sich aus; die Universitäten beherrschten nicht ohne Beschränktheit und Zwang die allgemeine Bildung. Um so leichter geschah es, daß die oberen Klassen der Gesellschaft allmählich davon minder berührt wurden und sich von französischen Richtungen hinreißen ließen.

      durch die er eine umfassende, neue, obwohl noch in manchem inneren Konflikt begriffne, doch im ganzen übereinstimmende Weltansicht ausbildete und sich selbst gegenüberstellte. Diese Literatur hatte dann die unschätzbare Eigenschaft, daß sie nicht mehr auf einen Teil der Nation beschränkt blieb, sondern sie ganz umfaßte, ja ihrer Einheit zuerst wieder eigentlich bewußt machte.

      Wenn nicht immer neue Generationen großer Poeten auf die alten folgen, so darf man sich nicht so sehr darüber wundern. Die großen Versuche sind gemacht und gelungen; es ist im Grunde gesagt was man zu sagen hatte, und der wahre Geist verschmäht es, auf befahrenen, bequemen Wegen einherzuschreiten. Doch wurde das Werk des deutschen Genius noch bei weitem nicht vollendet; seine Aufgabe war, die positive Wissenschaft zu durchdringen. Mancherlei Hindernisse haben sich ihm dabei entgegengestellt, die aus dem Gange seiner eignen Bildung oder auch andern Einwirkungen entsprangen. Wir dürfen nun hoffen, Geschrieben im Jahre 1832. daß er sie alle überwinden, zu einem vollkommneren Verständnis in sich selbst gelangen und alsdann zu unablässig neuer Hervorbringung fähig sein werde.

      Jedoch ich halte inne, denn von der Politik wollte ich reden. Obschon diese Dinge auf das genauste zusammengehören und die wahre Politik nur von einem großen nationalen Dasein getragen werden kann. Soviel ist wohl gewiß, daß zu dem Selbstgefühl, von welchem dieser Schwung der Geister begleitet war, keine andre Erscheinung soviel beigetragen hat wie das Leben und der Ruhm Friedrichs II. Es gehört dazu, daß eine Nation sich selbständig fühle, wenn sie sich frei entwickeln soll, und nie hat eine Literatur geblüht, ohne durch die großen Momente der Geschichte vorbereitet gewesen zu sein. Aber seltsam war es, daß Friedrich selbst davon nichts wußte, kaum etwas ahnte. Er arbeitete an der Befreiung der Nation, die deutsche Literatur mit ihm, doch kannte er seine Verbündeten nicht. Sie kannten ihn wohl. Es machte die Deutschen stolz und kühn, daß ein Held aus ihnen hervorgegangen war.

      46. Friedrichs des Großen Ausgang, Rückblick auf seine Staatsverwaltung

       Inhaltsverzeichnis

      Die deutschen Mächte und der Fürstenbund, Werke Bd. 31 u. 32 S. 189-198.

      Im Sommer 1786 hatte Friedrich, wie gewöhnlich, einige Freunde bei sich, die er nicht mehr bei Tafel um sich sah, wie er sonst sehr liebte. Er versammelte sie aber zu andern Stunden des Tages, wo denn alle Dinge der Welt besprochen wurden, die politischen Ereignisse, die Erscheinungen der Literatur, Landwirtschaft und Gartenkunst. Seiner Krankheit, obgleich sein Chirurgus ihn täglich besuchte, geschah jedoch nie Erwähnung, denn nur an andre Dinge wollte er denken, nicht an sein hinfälliges Selbst. Eine weitere Beschäftigung gewährte ihm die fortgesetzte Lektüre ausgezeichneter Werke, vornehmlich aus der alten Literatur und Geschichte, nach seiner Wahl, denn er kannte sie alle, in französischen Übersetzungen, die ihm vorgelesen wurden.


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