Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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Sache entschieden: »wir haben den zweiten Band von Roßbach geliefert«.

      aufmerksam, daß es leicht sei, dem Staate in glücklichen Tagen zu dienen; ein guter Bürger sei man erst, wenn man dem Gemeinwesen seine Dienste auch in Zeiten des Unglücks weihe. »Wir kämpfen für die Ehre und für unser Vaterland, ungeschreckt durch die Überlegenheit unserer Feinde. Meine Heiterkeit und mein guter Humor sind mit den geliebten und verehrten Personen begraben, an die sich mein Herz angeschlossen hatte. Ich habe eine große Maschine zu regieren, und zwar ohne Gehilfen; ich zittere, wenn ich daran denke. Kein Wunder, wenn der Kummer und die Unruhe, die ich seit zwei Jahren erfahre, meine Leibeskonstitution untergraben.« Er litt damals an Krampfanfällen. »Mein Wahlspruch ist siegen oder sterben; in andern Fällen lassen sich Mittelwege denken, nicht in meiner Lage.«

      Wenn er ihn nicht ausgeführt hat, so rührt dies daher, daß die Ereignisse doch nicht eine Wendung nahmen, aus der schlechterdings kein andrer Ausweg gewesen wäre. Nur wenn der Staat vollkommen verloren war, konnte er daran denken, seinem persönlichen Dasein ein Ende zu machen. Wir zweifeln nicht: er hätte es getan.

      Es bildet einen eigentümlichen Kontrast gegen diese verzweiflungsvolle Stimmung des Königs, daß indessen die Kaiserin-Königin trotz des Unfalls von Liegnitz mit wachsendem Mut auf eine entscheidende Unternehmung gegen ihn drang. In ihr konzentrierte sich, wir berührten es schon, die Direktion der militärischen Geschäfte; der Hofkriegsrat versammelte sich unter ihrem Vorsitz. Daun hat zuweilen die Gutachten seiner Generale, ohne ein eignes hinzuzufügen, nach Wien geschickt, um sich eine Entscheidung auszubitten; die Antworten der Kaiserin waren zuletzt maßgebend für die Intentionen, die man im Felde verfolgte. Vor allem hätte sie nochmals eine Unternehmung gegen Glogau gewünscht, bei welcher die Verbindung mit den Russen erst eigentlich vollzogen worden wäre. Auch waren diese nicht abgeneigt dazu mitzuwirken. Allein der Generalfeldzeugmeister Laudon, sonst so unternehmend, erklärte sich dagegen, weil die Herbeischaffung des erforderlichen Belagerungsgeschützes unüberwindliche Schwierigkeiten haben würde. Eine wirkliche Vereinigung der beiden Armeen in Schlesien hätten die Österreicher selbst nicht einmal gern gesehen, denn die Russen, sagten sie, seien durch ihren geringen Sold auf Plünderung gleichfalls angewiesen, und ihre Verpflegung würde große Ungelegenheiten herbeiführen. Ein andrer Gedanke der Kaiserin war auf die nochmalige Eroberung von Schweidnitz gerichtet, dessen Besitz sie allein vor weitern Einbrüchen des Königs sichern könne. Sie forderte diese Unternehmung selbst für den Fall, daß es darüber zu einer Schlacht komme, für deren Ausfall sie selbst die volle Verantwortung übernehme. Daun antwortete hierauf, daß es unmöglich sei, die Belagerung zu vollführen und sich zugleich gegen die Angriffe des Königs zu sichern.

      Friedrich hatte indessen, mit der Armee des Prinzen Heinrich vereinigt, ein festes Lager bezogen. Maria Theresia meinte, ihre Truppen seien stark genug, um ihn daselbst anzugreifen, denn unerträglich sei es doch, daß der Feldzug wieder ohne wesentliche Erfolge enden solle. Und soviel man abnehmen kann, war Daun eines Tages wirklich zu einem solchen Angriff entschlossen, als der König sein festes Lager mit einem noch festeren vertauschte, in welchem er unangreifbar wurde. Da sich in Schlesien nichts erreichen ließ, so gab Laudon den Rat, den Kriegsschauplatz nach Sachsen zu verlegen. Lascy faßte den Anschlag, und er selbst stellte sich dabei an die Spitze, in Verbindung mit den Russen in die Kurmark einzubrechen. Auf Besitznahme war es auch jetzt nicht abgesehen, sondern mehr auf Brandschatzungen, die dann vornehmlich den Russen zugute kamen. Diese Bewegung sowohl als die bedenkliche Lage der Dinge in Sachsen bewogen den König, Schlesien zu verlassen, um seinen Feinden anderweit in Person zu begegnen. Für die Mark war es nicht nötig, sie wurde von den Eingedrungenen ohnehin geräumt. Von der größten Bedeutung aber war es, daß das österreichische Heer dem König auf seinem Wege nach Sachsen folgte, ganz im Sinne der Kaiserin, welche ihrem Feldmarschall zur Pflicht machte, besonders Leipzig und Torgau zu behaupten und, wenn es nötig sei, dafür eine Schlacht zu wagen.


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