Römische Geschichte. Cassius Dio

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Römische Geschichte - Cassius Dio


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Seiten vor die Mauer, stieg ohne Mühe über die Dämme, hieb die wenigen dort zurückgelassenen Wächter zusammen 3 und ließ einen Teil des Grabens, weil die Feinde die Brücken vorher abgebrochen hatten, verschütten, ohne durch die Pfeile und selbst das Feuer, bei dem vielen Regen, Schaden zu nehmen. 4 Nachdem er über den Graben gesetzt war, hatte er die Stadt, da die innere Mauer nicht sehr stark war und man sich auf die Außenwerke verließ, bald in seiner Gewalt; die mit dem Bruder des Tigranes auf die Burg Geflüchteten zwang er, sich auf Bedingungen zu ergeben; er machte viel Beute und überwinterte daselbst.

      Während er auf diese Weise Nisibis in seine Gewalt bekam, verlor er viele Plätze in Armenien und rund um den Pontos. Denn Tigranes hatte jene, weil er sie für unbezwinglich hielt, nicht entsetzt, sondern war in die vorbenannten Gebiete gezogen, um sie, während die Römer vor Nisibis viel Arbeit hatten, vorwegzunehmen. 2 Den Mithridates schickte er in sein eigenes Reich, er selbst aber zog in das ihm gehörige Armenien, wo er den Lucius Fannius, der sich ihm entgegenstellte, einschloss und belagerte, bis Lucullus es erfuhr und ihm zu Hilfe eilte.

      (9) Während dieser Vorgänge machte Mithridates einen unerwarteten Einfall in den anderen Teil Armeniens und in die übrigen Landschaften, hieb viele Römer, welche im Land umherschweiften, zusammen, und rieb einen anderen Teil in einem Treffen auf. So hatte er auch die meisten Plätze in kurzer Zeit wieder in Besitz. 2 Denn die Eingeborenen, welche ihm als ihrem Stammgenossen und Erbfürsten wohlwollend gegenüberstanden, die Römer aber als Fremde, und weil sie von ihren Statthaltern bedrückt wurden, hassten, schlugen sich zu ihm und besiegten den in jenen Gegenden stehenden römischen Befehlshaber Marcus Fabius, 3 wozu die früher bei Mithridates in Sold gestandenen, jetzt aber unter Fabius dienenden Thraker und die bei dem römischen Heer befindlichen Sklaven nicht wenig beitrugen. Denn von Fabius auf Kundschaft ausgeschickt, hinterbrachten ihm die Thraker nicht nur nichts Zuverlässiges, 4 sondern fielen, als er unvorsichtiger vorrückte und Mithridates ihn unversehens angriff, mit diesem über die Römer her, und auch die Sklaven, denen derselbe ihre Freiheit versprach, griffen mit an. 5 Sie hätten ihn völlig aufgerieben, wenn nicht Mithridates, welcher, obgleich schon über 70 Jahre alt, sich mitten unter die Feinde stürzte und mitfocht, von einem Stein getroffen, bei den Barbaren Sorge um sein Leben erregt hätte. Denn da sie mit dem Gefecht innehielten, konnte sich Fabius mit seinen Leuten durch Flucht retten.

      (10) Hierauf warf er sich nach Kabira,66 wurde daselbst belagert, aber von Triarius entsetzt. Dieser kam nämlich auf seinem Zug zu Lucullus hier vorbei, sammelte, als er Kunde von dem Vorfall erhielt, so viele Truppen, wie er konnte, 2 und setzte Mithridates, welcher ein mächtiges römisches Heer im Anzug glaubte, dergestalt in Furcht, dass er, noch ehe er ihn zu Gesicht bekam, mit seinem Lager aufbrach. Hierdurch ermutigt verfolgte er die Flüchtigen bis Komana und brachte ihm dort eine Niederlage bei. 3 Mithridates war nämlich auf der den anrückenden Römern gegenüberliegenden Seite des Flusses [Iris] gelagert, zog aber in der Absicht, die vom Marsch Ermüdeten anzugreifen, persönlich hinüber und befahl einem anderen Heeresteil während des Kampfes über eine andere Brücke zu gehen und im entscheidenden Augenblick anzugreifen. Lange focht er mit unentschiedenem Ergebnis, aber die Brücke, über welche zu viele auf einmal hinüberdrängten, entzog ihm den Beistand der abgesandten Hilfe und vereitelte seinen Plan. Da es schon Winter war, zogen sich beide Teile in ihre festen Plätze zurück und verhielten sich ruhig.

      (11) Komana67 liegt in dem jetzigen Kappadokien und rühmte sich, das Bild der Taurischen Artemis und das Geschlecht Agamemnons bis auf den heutigen Tag in seiner Mitte zu besitzen. Wie diese Dinge dorthin gekommen wären und sich erhalten hätten, wüsste ich bei den verschiedenen Sagen nicht mit Bestimmtheit zu erklären. 2 Was ich aber weiß, will ich angeben. Diese zwei Städte gleichen Namens in Kappadokien liegen nicht sehr fern voneinander und haben dieselben Altertümer. Beide fabeln das Gleiche und zeigen dieselben Dinge vor, vor allem aber besitzen sie beide das echte Opferschwert der Iphigenie. Hiervon nun soviel.

      (12) Im folgenden Jahr (687 der Stadt, 67 v.Chr.) unter den Konsuln Manius Acilius und Gaius Piso stand Mithridates in einem Lager bei Gaziura Triarius gegenüber und suchte diesen auf jede Weise zur Schlacht zu reizen. 2 Vor allem tummelte er sich selbst vor den Augen der Römer herum und ließ sein Heer Feldübungen machen, um ihm noch vor Ankunft des Lucullus eine Schlacht zu liefern, ihn (wie er hoffte) zu besiegen und den Rest seines Reiches wiederzuerobern. Als jener sich nicht rührte, schickte er einen Heeresteil nach der Feste Dadasa, wo die Römer ihr Gepäck hatten, um ihn, wenn er dorthin zu Hilfe eilte, zu einer Schlacht zu nötigen. 3 Es gelang. Bisher hatte Triarius aus Furcht vor des Mithridates Übermacht und in Erwartung des Lucullus, den er um Hilfe gebeten hatte, stillgehalten; als er aber von der Belagerung Dadasas hörte und die Soldaten darüber unruhig wurden und drohten, wenn niemand sie führe, von selbst dahin zu Hilfe zu eilen, brach er wider seinen Willen auf. 4 Die Feinde aber fielen, sobald er vorrückte, über sie her, umringten sie und machten sie nieder, und selbst diejenigen, welche sich ins freie Feld geflüchtet hatten, weil sie nicht wussten, dass der Fluss dorthin abgeleitet war, überfielen sie und hieben sie zusammen.68

      (13) Alle bis auf den letzten Mann wären vernichtet worden, wenn nicht einer der Römer, sich stellend, als gehörte er zu den Hilfstruppen (denn auch Mithridates hatte, wie ich schon erwähnte, viele in seinem Heer, die auf gleiche Weise gerüstet waren) und hätte ihm etwas zu sagen, auf ihn zugekommen wäre und ihn verwundet hätte. Er wurde zwar sogleich ergriffen und niedergemacht, die Feinde aber gerieten darüber in Bestürzung, und viele Römer entkamen. 2 Mithridates heilte seine Wunde, da er aber befürchtete, es möchten noch mehrere Feinde unter seinem Heer sein, musterte er unter irgendeinem Vorwand seine Soldaten und gab ihnen plötzlich Befehl, nach ihren Zelten zu eilen; so entdeckte er die einzeln zurückbleibenden Römer und ließ sie niedermachen.

      (14) Inzwischen kam Lucullus an, und man glaubte allgemein, er würde leicht mit ihm fertig werden und alles Verlorene in Kürze wieder erobert haben. Allein auch er richtete nichts aus. 2 Mithridates hatte auf der Höhe von Talaura eine feste Stellung genommen und ließ sich in kein Treffen ein. Der andere Mithridates, Schwiegersohn des Tigranes, fiel, aus Medien kommend, unversehens über die umschwärmenden Römer her und hieb viele zusammen. Tigranes selbst sollte im Anzug sein, 3 und nun begann es, im Heer unruhig zu werden. Die valerianischen Soldaten69 nämlich, welche nach abgelaufener Dienstzeit noch beim Heer geblieben waren, hatten sich, infolge des Sieges, der Ruhe und des Überflusses sowie durch Lucullus’ häufige Abwesenheit sich selbst überlassen, schon in Nisibis gerührt 4 und wurden von einem unruhigen Menschen, Publius Clodius (nach anderen hieß er Claudius), obwohl dessen Schwester Lucullus’ Gemahlin war, noch mehr aufgestiftet. Eine weitere Ursache der Unruhen gab die Nachricht von der baldigen Ankunft des Konsuls Acilius, der aus vorbenannten Gründen als Nachfolger für Lucullus gesandt worden war. So achteten sie ihn, als ob er schon außer Dienst wäre, noch weniger.

      (15) Lucullus nun war deshalb, und weil er die von Marcius, der vor Acilius Konsul gewesen war und jetzt in seine Provinz Kilikien heranzog, erbetene Hilfe nicht erhalten hatte, in großer Verlegenheit, 2 indem er es ebenso bedenklich fand vorzurücken, wie in seiner jetzigen Stellung zu bleiben. Er entschied sich endlich für Ersteres, in der Hoffnung, Tigranes, vielleicht von dem Marsch ermüdet, zu überfallen, in die Flucht zu schlagen und so die aufrührerischen Soldaten etwas zu beruhigen. Allein beides gelang ihm nicht. 3 Das Heer folgte ihm bis zur Grenze von Kappadokien, dort aber kehrten alle einmütig, ohne ein Wort zu sagen, um. Die Valerianer aber, welche hörten, dass sie vom Senat zu Rom aus ihrem Dienst entlassen wären, verließen ihn allesamt.

      (16) Wundern darf man sich nicht, wie Lucullus, obgleich der geschickteste Feldherr und der erste Römer, der mit einem Heer über den Taurus gegangen und zwei mächtige Könige besiegt hatte (und sie auch wohl gefangen genommen hätte, wenn er den Krieg schnell hätte beendigen wollen), seiner eigenen Soldaten nicht Meister wurde, und wie diese sich immer gegen ihn auflehnten und ihn endlich verließen. 2 Denn er forderte zu viel von ihnen, war


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