Römische Geschichte. Cassius Dio

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Römische Geschichte - Cassius Dio


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wird? 2 Ihn, den ihr als bartlosen Jüngling zum Feldherrn gewählt habt, solltet ihr als Mann verwerfen? Ihm, dem ihr als Ritter jene Kriege übertragen habt, wollt ihr als Senator diesen Feldzug nicht anvertrauen? 3 Ihm, den ihr vor genauerer Prüfung in dem Drang der Gefahren für den einzigen Retter gehalten habt, wollt ihr, da er so tüchtig sich bewährt hat, in der jetzigen nicht minder wichtigen Sache nicht vertrauen? Ihn, den ihr, noch nicht zum Feldherrn gereift, gegen den Sertorius gewählt habt, wollt ihr, als gewesenen Konsul nicht gegen Seeräuber schicken? 4 Aber es bleibt euch keine Wahl. Und du, Pompeius, höre mich und die Stimme des Vaterlands! Für das Vaterland bist du geboren, für das Vaterland erzogen; seinem Dienste musst du dich weihen, für sein Wohl jeder Beschwerde, jeder Gefahr dich unterziehen, ja wenn du auch sterben müsstest, ohne Zögern selbst dem Tod entgegengehen.

      (12) Lächerlich ist es, dich, der du in so vielen und so gefahrvollen Kriegen deinen Mut und deine Vaterlandsliebe bewiesen hast, hierzu erst aufzufordern. 2 Aber noch einmal, folge meinem, folge dem Rat deiner Mitbürger! Nicht schrecke dich die Missgunst Einzelner, sie mache dich nur noch eifriger; verachte gegen die Liebe des Volkes und, gegen den Nutzen, den du uns allen schaffst, diese Neider. 3 Und wenn du je dich rächen willst, so beginne deine Rache damit, dass du wider ihr Hoffen und Erwarten als Feldherr dir neue Lorbeeren erwirbst und deine früheren Großtaten damit krönst, dass du uns aus so vielen und so großen Gefahren befreist.«

      (13) So sprach Gabinius. Gegen diese Rede des Gabinius wollte Trebellius auftreten, als er aber nicht zu Wort kam, widersetzte er sich der Abstimmung. 2 Hierüber aufgebracht, verschob Gabinius die Abstimmung über Pompeius und ließ über Trebellius selbst abstimmen. Schon hatten 17 Tribus gestimmt, dass Trebellius ungesetzlich handle und nicht mehr Tribun sein könne, und die achtzehnte war im Begriff, dasselbe zu tun,77 ohne dass Trebellius sich zufriedengab. 3 Da erhob Roscius, jede Einrede vergeblich erachtend, die Hand und schlug vor, zwei Männer zu wählen, um wenigstens so dem Pompeius Macht zu beschränken. Über dieser Handbewegung schrie das Volk so laut und drohend auf, dass ein Rabe, der über ihnen hinflog, wie vom Donner gerührt, auf sie herabstürzte. 4 Jetzt rührte Roscius Zunge und Hand nicht mehr. Catulus hatte bisher geschwiegen, jetzt aber forderte ihn Gabinius, der nicht zweifelte, dass er als erster Senator die anderen günstig stimmen und durch das Beispiel der Volkstribunen belehrt, seinen Beitritt, wie er hoffte, nicht versagen würde, auf, seine Meinung zu sagen. 5 Als ein Mann, der durch Wort und Tat das Gemeinwohl zu fördern strebte, geehrt und hoch geachtet, erhielt er das Wort und sprach folgendermaßen:

      (14) »Dass ich jederzeit die Sache des Volkes verfochten habe, ihr Senatoren, kann keinem von euch unbekannt sein. Und seid ihr davon überzeugt, so ist es mir Pflicht, mit offenem Freimut euch zu sagen, was ich für den Staat als ersprießlich erachte, und eure Pflicht ist, mich ruhig zu hören und dann einen Entschluss zu fassen. 2 Schenkt ihr mir nicht Stille, so würdet ihr das Nützliche, welches ihr vielleicht hören dürftet, nicht erfassen; beherzigt ihr meine Worte, so möget ihr immerhin von mir vernehmen, was euch fördern kann. 3 Für meinen Teil nun behaupte ich, dass man keinem Mitbürger die Feldherrngewalt so oft hintereinander übertragen darf. Es ist nach unseren Gesetzen untersagt und hat sich durch die Erfahrung als höchst gefährlich erwiesen. Was machte den Marius zu dem, was er war, als dass er in kürzester Zeit so viele Kriege zu führen bekam und in wenigen Jahren sechsmal Konsul geworden war? 4 Was den Sulla zum Sulla, als dass er so viele Jahre hintereinander den Oberbefehl der Heere behielt, hierauf zum Diktator und dann zum Konsul gewählt wurde? Es liegt einmal nicht in der Natur des Menschen, dass der jüngere oder ältere Mann, an langes Herrschen gewöhnt, sich der Landessitte wieder zu fügen den Willen hätte.

      (15) Nicht sage ich dies, den Pompeius zu beschuldigen, sondern weil es euch niemals zuträglich gewesen und nach unseren Gesetzen nicht gestattet ist. Die Feldherrnschaft bringt denen, die wir würdig finden, entweder Ehre, so müssen alle Tüchtigen darauf Anspruch haben (dies ist Demokratie), oder sie bringt Beschwerde, so müssen auch darein sich alle gleich schicken (dies fordert die Gleichheit). 2 So erleichtert euch die Übung vieler durch die Tat die Wahl der Tüchtigen zu jeglichem Auftrag, während im anderen Fall nur wenige die zu solchen militärischen Ämtern die erforderlichen Kenntnisse erwerben. 3 So geschah es, dass ihr in dem Krieg wider Sertorius um Feldherrn so verlegen wart, weil ihr vor dieser Zeit immer nur derselben Männer euch bedientet. Ist also auch Pompeius in jeder anderen Hinsicht würdig, gegen die Seeräuber gewählt zu werden, so dürft, weil eine solche Wahl nicht nur ungesetzlich ist, sondern auch durch die Erfahrung sie als verderblich erwiesen hat, weder ihr noch er sie gestatten.

      (16) Dies fürs Erste und Hauptsächlichste. Weiter aber bemerke ich, dass, wenn gemäß den Gesetzen die Konsuln, die Prätoren, die Prokonsuln und die Proprätoren die Provinzen und Kriegsämter erhalten, es weder recht noch ratsam für euch ist, diese zu übergehen und eine neue Art von Amt einzuführen. 2 Wozu wählt ihr denn die jährlichen Beamten, wenn ihr sie nicht in solchen Fällen gebrauchen wollt? Etwa damit sie in purpurverbrämten Togen umherwandeln? Damit sie nur dem Namen nach Beamte, der Rechte ihrer Ämter aber beraubt seien? 3 Müsst ihr nicht diese und alle anderen Diener des Staates verletzen, wenn ihr die hergebrachten Ämter aufhebt, den gesetzlich gewählten Männern nicht vertraut und eine neue und bisher noch nie bestandene Amtsgewalt einem Mann übertragt, der in keinem öffentlichen Amte steht?

      (17) Sollte je außer den jährlichen Magistraten ein weiterer zu wählen nötig sein, so haben wir dafür von alters her eine Institution: den Diktator. Aber auch diesen haben eure Väter nicht für alle Aufgaben und nicht länger als auf sechs Monate gewählt. 2 Bedarf es eines solchen, so könnt ihr, ohne die Gesetze zu verletzen, ohne euch des Leichtsinns in Beratung über das Gemeinwohl schuldig zu machen, Pompeius oder irgendeinen anderen zum Diktator wählen,78 nur soll er seine Gewalt nicht über die festgesetzte Zeit ausdehnen, nicht über die Grenzen von Italien hinaus! Denn es kann euch nicht unbekannt sein, dass auch darauf eure Väter streng hielten und dass man nur ein einziges Beispiel hat, wo ein Diktator für Sizilien gewählt wurde, ohne daselbst Krieg führen zu dürfen.79 3 Allein Italien bedarf keines Mannes mit solcher Befehlsgewalt, und euch wäre, ich sage nicht das Amt, sondern der bloße Name Diktator schon unerträglich. Dies beweist eure Entrüstung gegen Sulla. Wie ließe sich also rechtfertigen, jetzt eine solche Gewalt, auf drei Jahre, für alle Staatsgeschäfte in- und außerhalb Italiens aufzustellen? 4 Wie viele Gefahren daraus für die Staaten entspringen, wie viele schon durch gesetzeswidrige Herrschsucht unser Staatsleben verwirrt und tausenderlei Übel über uns gebracht haben, ist keinem von euch unbekannt.

      (18) Was braucht es eines weiteren Beweises? Wer sieht nicht ein, dass es nirgendwo gut getan noch heilsam ist, einem Einzigen das Ganze anzuvertrauen, ihn zum Herrn all unserer Güter zu machen? Und wäre er der Beste, so müssten ihn zu große Auszeichnungen und übermäßige Gewalt übermütig machen und verderben! 2 Auch gebe ich euch zu bedenken, dass ein einziger Mann unmöglich das ganze Meer beherrschen, die Leitung des ganzen Krieges mit Erfolg übernehmen kann. Denn wollt ihr die Sache am rechten Ort angreifen, so müsst ihr sie allenthalben gleichzeitig bekriegen, damit sie sich nicht zusammenschließen, nicht ihre Schlupfwinkel bei den gerade nicht Angegriffenen suchen und euch entschlüpfen. 3 Hierfür aber reicht ein Mann auf keine Weise aus. Denn wie kann er an demselben Tag in Italien, Kilikien, Ägypten, Syrien, Griechenland und Hispanien, auf dem Ionischen Meer und auf den Inseln Krieg führen? Soll etwas Erkleckliches dabei herauskommen, so müsst ihr eine starke Mannschaft und viele Befehlshaber aufstellen.

      (19) Wendet man aber ein, dass, wenn ihr auch einem Einzigen den ganzen Krieg übertrüget, dieser doch auf jeden Fall seine Admirale und Befehlshaber unter sich hätte; so antworte ich mit mehr Recht und mehr Bedachtsamkeit auf unseren Nutzen: Warum können nicht dieselben Männer, welche als Befehlshaber unter ihm stehen sollen, von euch selbst gewählt und mit unbeschränkter Gewalt bekleidet werden? 2 Denn so ließen sie sich den Krieg mehr angelegen sein, weil jedem sein eigener Teil zugewiesen wäre, und er einen


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