Römische Geschichte. Cassius Dio
Читать онлайн книгу.und Feindschaft gegen den Pompeius anfachen, damit die Römer um so eher seiner überdrüssig würden. Cicero aber gab sich das Ansehen, als hätte er die Waagschale des Staates in seinen Händen und wollte bei dem Volk und den Großen dafür gelten, dass, wohin er das Gewicht lege, die Schale sinken müsse. 5 Er war beider Freund und trat bald auf diese, bald auf jene Seite, um sich bei beiden Teilen die Achtung zu erhalten. Hatte er sich früher für die Vornehmen erklärt und war daher lieber Ädil als Volkstribun geworden, so trat er jetzt zu dem Abschaum des Pöbels über.
(27) Als später die Großen den Manilius in den Anklagestand versetzten und dieser Zeit zu gewinnen suchte, stellte er sich ihm nicht nur überhaupt entgegen, sondern gab auch als Prätor und erster Richter nur nach vielen Bitten zu, die Sache auf den folgenden Tag zu verschieben, indem er das nahe Ende des Jahres vorschützte. 2 Als jedoch das Volk deswegen murrte, erschien Cicero auf die Nötigung der Volkstribunen in der Volksversammlung, redete wider den Senat und versprach, Manilius mit zu verteidigen. Dies zog ihm üble Nachreden zu, er wurde Überläufer gescholten. Doch hemmte den Gerichtsgang ein plötzlicher Aufstand. 3 Publius Paetus nämlich und Cornelius Sulla, des allgewaltigen Sulla Brudersohn, zu Konsuln gewählt, wurden der Bestechung angeklagt und hatten verabredet, ihre Ankläger Lucius Cotta und Lucius Torquatus, zumal da sie an ihrer Stelle für das künftige Jahr zu Konsuln bestimmt waren, umzubringen, 4 und hierzu nebst anderen den Gnaeus Piso und den Lucius Catilina, einen höchst verwegenen Mann, der selbst sich um das Konsulat beworben hatte und ihnen deshalb um so mehr grollte, aufgestellt. Ihr Anschlag aber misslang, weil die Sache verraten wurde und Cotta und Torquatus vom Senat Personenschutz erhalten hatten. […].83 5 Sie wären sogar öffentlich hingerichtet worden, wenn nicht ein Volkstribun eingeschritten wäre. Als sich aber Piso auch so nicht zufriedengab, fürchtete der Senat einen Aufstand und schickte ihn als Befehlshaber nach Spanien, wo er jedoch von den Einwohnern wegen irgendeiner Unannehmlichkeit erschlagen wurde.
(28) Pompeius schickte sich anfangs an, sich nach Kreta und zu Metellus einzuschiffen; als er aber von dem neuen Volksbeschluss erfuhr, stellte er sich, wie früher, ungehalten und klagte über seine Gegner, als schöben sie ihm immer nur gefahrvolle Unternehmungen zu, um ihn irgendwo zu Falle zu bringen, 2 in Wirklichkeit aber kam ihm nichts erwünschter. Er kehrte sich nicht mehr an Kreta und andere Inselpunkte, die noch nicht zur Ordnung gebracht waren, sondern rüstete sich zum Krieg gegen die Barbaren und schickte, um den Mithridates auszukundschaften, Metrophanes mit freundschaftlichen Anträgen an ihn ab. 3 Dieser aber nahm die Botschaft sehr kalt auf, weil der Partherkönig Arsakes indessen gestorben war und er dessen Nachfolger Phraates für sich zu gewinnen hoffte. Als aber Pompeius unter denselben Bedingungen gar bald mit Phraates ein Freundschaftsbündnis geschlossen und diesen dazu gebracht hatte, in das dem Tigranes unterworfene Armenien einzufallen, geriet er in Furcht und schickte sogleich eine Gesandtschaft ab, über Frieden zu unterhandeln. 4 Pompeius verlangte, er sollte die Waffen niederlegen und die Überläufer herausgeben. Dieser hatte aber keine lange Bedenkzeit. Denn da diese Forderungen im Lager bekannt wurden und die Überläufer, deren Anzahl groß war, ihre Auslieferung fürchteten und seine eigenen Leute besorgt waren, ohne jene kämpfen zu müssen, kam es zum Aufstand, 5 und sie hätten sich an Mithridates selbst vergriffen, wenn dieser nicht mit der Versicherung, er habe nicht um Frieden, sondern um die Macht der Römer auszukundschaften, die Gesandtschaft abgeschickt, sie mit Mühe besänftigt hätte.
(29) Sobald Pompeius sah, dass es zum Kampf kommen würde, traf er die nötigen Vorkehrungen und rief die Valerianer unter seine Fahnen zurück. In Galatien kam ihm Lucullus mit der Erklärung entgegen, der Krieg sei beendet, es brauche keines Feldzugs mehr, auch seien die Bevollmächtigten angekommen, welche der Senat zur Ordnung der Verhältnisse in den eroberten Ländern geschickt hatte. 2 Als er diesen aber nicht zur Rückkehr bewog, brach er in Schmähungen aus und schalt ihn einen Eindringling, der nach Krieg und Herrschaft geize. Pompeius aber hörte nicht auf ihn, verbot allen, Befehle von ihm anzunehmen und eilte Mithridates entgegen, um sich so bald als möglich mit ihm zu schlagen.
(30) Dieser aber zog sich, weil er sich zu schwach sah, zurück, verheerte alles Land, durch das er kam, führte den Pompeius in der Irre herum und bewirkte, dass er an Lebensmitteln Mangel litt. Als nun Pompeius aus dieser Ursache in Armenien einfiel und dasselbe ganz unbesetzt zu treffen hoffte, kam Mithridates, dessen Eroberung befürchtend, auch dahin, besetzte dem Feind gegenüber eine feste Anhöhe 2 und hielt sich mit dem Heer selbst ruhig, indem er die Römer durch Mangel an Lebensmitteln aufzureiben hoffte (er selbst bezog sie im eigenen Land überall her im Überfluss), schickte aber immer einige Reiterei in die offene Ebene herab, um die dort Umherstreifenden anzugreifen, sodass viele deshalb zu ihm übergingen. 3 Pompeius wagte nicht, ihn hier anzugreifen, verlegte sein Lager an einen anderen Ort, wo er ringsumher Wald und daher weniger von der Reiterei und den Bogenschützen der Feinde zu befürchten hatte, 4 legte an einer passenden Stelle einen Hinterhalt, streifte mit wenigen Reitern um das Lager der Feinde, brachte sie in Alarm und lockte sie an die gewünschte Stelle, wo er viele niederhieb. Hierdurch ermutigt schickte er seine Leute nach allen Seiten zum Futterholen aus.
(31) Als er, wessen er bedurfte, ungestört bezog und die Landschaft Anaïtis in Armenien, die einer Göttin gleichen Namens geheiligt war, mit einem Heeresteil besetzte und daher viele zu ihm übertraten, 2 auch des Marcius Soldaten bei ihm eingetroffen waren, geriet Mithridates in Furcht und traute sich nicht länger zu bleiben, sondern brach plötzlich nachts in aller Stille auf und marschierte die Nacht hindurch auf das dem Tigranes zugehörige Armenien zu. 3 Pompeius folgte, in der Absicht, ihm eine Schlacht zu liefern, wagte jedoch weder bei Tag, da der Feind sein Lager nicht verließ, noch bei Nacht, wegen Unkenntnis der Gegend ihn anzugreifen, bevor sie die Grenze erreichten. Hier merkte er jetzt, dass sie ihm zu entkommen suchten und sah sich deshalb zu einem nächtlichen Treffen genötigt. 4 Mit diesem Entschluss brach er um die Mittagszeit, da die Feinde rasteten und sich dessen nicht versahen, zu einer Stelle auf, durch die sie zu kommen hatten. An einem Hohlweg zwischen Hügeln angelangt, führte er das Heer zu den Höhen und erwartete daselbst den Feind. 5 Als jene, bisher unangefochten und in der Hoffnung, dass ihnen die Römer nicht weiter folgen würden, sorglos und unbedacht in den Hohlweg vorrückten, überfiel er sie in der Finsternis, denn sie hatten nirgends Licht und auch am Himmel leuchtete kein Gestirn.
(32) Der Verlauf der Schlacht war folgender: Zuerst bliesen die Trompeter auf ein verabredetes Zeichen mit einem Mal zur Schlacht, dann erhoben die Soldaten mit dem Tross das Feldgeschrei. Die einen schlugen mit den Lanzen an die Schilde, andere mit Steinen an ehernes Geschirr. 2 Die hohlen Berge fassten den Klang und gaben ihn mit grauenvollem Widerhall zurück, sodass die Barbaren, plötzlich in so finsterer Nacht und so öder Umgebung davon aufgeschreckt, in furchtbare Bestürzung gerieten und sich in die rächende Hand eines Gottes gefallen glaubten, 3 indessen sie die Römer von allen Seiten mit einem Hagel von Steinen, Pfeilen und Wurfspießen empfingen und, in der dicht gedrängten Masse nie das Ziel verfehlend, die Feinde in äußerste Verzweiflung brachten. 4 Zum Marsch, nicht zur Schlacht gerüstet, Männer und Frauen, auf Pferden, Kamelen aller Art, auf Wagen, in bedeckten Karren und Kutschen, in ein buntes Gewirr zusammengedrängt, die einen verwundet, die anderen der Wunden gewärtig – was Wunder, wenn sie vor Schrecken betäubt aufeinanderrennend sich selbst zugrunde richteten? 5 Solches erlitten sie, aus der Ferne bekämpft. Als aber die Römer ihre Kraft aus der Weite erschöpft hatten, stürzten sie herab und die Äußersten wurden ringsum niedergehauen und ein Hieb brachte den meist Wehrlosen den Tod. Allein auch in der Mitte, wohin der Schrecken ringsumher alles zusammentrieb, herrschten Not und Verderben. 6 Man drückte und trat sich zu Tode, wusste sich weder zu retten noch des Feindes zu erwehren. Sie konnten, meist Reiter und Bogenschützen, im Finstern weder vor sich ausschauen noch, in den engen Raum gedrängt, ihrer Waffen sich bedienen. Als aber der Mond aufging, freuten sie sich und hofften, in seinem Licht sich der Feinde leichter erwehren zu können. 7 Auch hätte ihnen dies geholfen, wenn nicht die Römer, welche denselben im Rücken hatten, bald da, bald dort