Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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denn schon war das Gerücht von dem Vorgefallenen in das Weiberhaus und zu ihr gedrungen.

      Sie lag, nur mit einem leichten seidenen Hemde und gelben, von Türkisen und Perlen strotzenden Pantoffeln bekleidet, von zwanzig Dienerinnen umgeben, auf dem purpurnen Diwan ihres Putzzimmers. Sobald sie Boges nahen hörte, schickte sie die Sklavinnen fort, sprang auf, lief ihm entgegen und überschwemmte ihn mit einer Fluth von zusammenhangslosen Fragen, welche sämmtlich ihre Feindin Nitetis betrafen.

      »Gemach, mein Täubchen,« sagte Boges, seine fleischige Hand auf ihre Schulter legend. »Gemach! Wenn Du Dich nicht bequemen kannst, mäuschenstill und ohne Fragen meinem Berichte zuzuhören, so erfährst Du heute kein Sterbenswort. Ja, meine goldene Königin, ich habe Dir so viel zu erzählen, daß ich erst morgen fertig werden würde, wenn Du mich nach Herzenslust unterbrechen dürftest. Ach, mein Lämmchen, ich habe heut’ noch so viel zu thun! Da gibt es erstens einem ägyptischen Eselsritte beizuwohnen, zweitens einer ägyptischen Hinrichtung zuzusehen . . . aber ich greife meiner Geschichte vor und will von Anfang an erzählen. Weinen, lachen, schreien darfst Du vor Freude, so viel Du willst; das Fragen bleibt Dir aber verwehrt, bis ich fertig bin. Diese Liebkosung hab’ ich wohl verdient! So, jetzt lieg’ ich gut und kann anfangen: Es lebte in Persien ein großer König, der viele Weiber hatte, von denen er Phädime am meisten liebte und vor allen anderen auszeichnete. Da gefiel es ihm eines Tages, um die Hand der Tochter des Amasis von Ägypten zu werben. So schickte er denn eine große Gesandtschaft mit seinem eigenen Bruder als Freiwerber nach Sais . . .«

      »Torheiten!« rief Phädime ungeduldig; »ich will wissen, was sich heut ereignet hat.«

      »Nein, nein,« unterbrach ihn Phädime abermals, »ich kann jetzt nicht hören, was ich schon lange weiß. Ich sterbe vor Ungeduld. Seit vielen Stunden warte ich hier in fieberhafter Spannung. Jedes neue Gerücht, das sich Dienerinnen und Eunuchen zu mir zu bringen beeilten, steigerte meine Ungeduld. Ich bin im Fieber und kann nicht länger warten. Verlange von mir, was Du willst, aber befreie mich aus dieser entsetzlichen Spannung. Später will ich Dir, wenn Du mich bittest, Tage lang zuhören!«

      Boges lächelte vergnüglich und sagte, sich die Hände reibend: »Schon als Kind hab’ ich kein schöneres Vergnügen gekannt, als einem an der Angel zappelnden Fischlein zuzusehen; jetzt hängst Du, der schönste aller Goldkarpfen, an meinem Seile; darum kann ich Dich nicht eher loslassen, als bis ich mich zur Genüge an Deiner Ungeduld geweidet habe.«

      »Aber wie entkam Gaumata?«

      »Durch eine nur mir bekannte Fallthür, die den Fliehenden weit geöffnet erwartete. Alles ging vortrefflich; ja es war mir sogar gelungen; ein Dolchmesser des Bartja, das er auf der Jagd verloren hatte, zu erlangen und es unter das Fenster der Nitetis zu legen. Um den Prinzen zu entfernen und ihn zu hindern, während der Zeit dieser Vorgänge mit dem Könige oder anderen gewichtigen Zeugen zusammen zu kommen, hatte ich den griechischen Kaufmann Koläus, der gegenwärtig milesische Tuche zu Babylon feil hält und der mir jeden Gefallen thut, weil ich den ganzen Bedarf an wollenen Stoffen für das Weiberhaus von ihm entnehme, gebeten, mir einen Brief in griechischer Sprache zu schreiben, der Bartja im Namen seiner Liebsten, Sappho heißt sie, aufforderte, sich ganz allein zur Zeit des Aufgangs des Tistarsterns bei dem ersten vor dem Euphratthore gelegenen Stationshause einzufinden. Mit diesem Briefe hatt’ ich aber Unglück, denn der Bote, welcher ihm denselben übergeben sollte, richtete seine Bestellung ungeschickt aus. Zwar betheuerte er, das Schreiben Bartja selbst übergeben zu haben; es unterliegt aber keinem Zweifel, daß er es einem Fremden, wahrscheinlich dem Gaumata, einhändigte. Ich war nicht wenig erschreckt, als ich erfuhr, Bartja sei am Abend mit seinen Freunden beim Weine vereint gewesen. Doch, das Geschehene war nicht rückgängig zu machen und Zeugen wie Dein Vater, Hystaspes, Krösus und Intaphernes wogen die Aussagen des Darius, Gyges und Araspes reichlich auf. Hier zeugte man gegen, dort für den Freund. Schließlich ging doch noch Alles gut. Die jungen Herren sind zum Tode verurtheilt, und Krösus, welcher sich, wie immer, dem Könige unverschämte Dinge zu sagen erfrechte, wird schon sein letztes Stündlein hinter sich haben. In Bezug auf


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