Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.grübelte noch über das Verhältnis zwischen Cäcilia und Josi nach. So wie sich die Bäuerin verhalten hatte, lag ihr sehr viel an Josi. Doch sie war keine Verwandte. Wenn Josi keine eigene Familie hatte, dann war die Bäuerin vielleicht so eine Art Patin?
Dirk mußte mit jemanden reden. So rief er Toni auf dem Handy an. Er erzählte ihm alles. Toni lachte.
»Ich habe meine Anna gleich mit auf die Berghütte genommen und ihr alles gezeigt. Vielleicht solltest du doch länger in Waldkogel bleiben. Soll ich mal mit der Draxelbäuerin reden? Vielleicht kannst du auf den Hof ziehen und mit anpacken. Dann bist du deiner Josi nah?«
»Ein verlockender Gedanke, Toni. Ich werde es mir überlegen. Aber so einfach wird da nichts zu machen sein.«
Toni lachte.
»Das ist einfacher, als du denkst. Meine Mutter und die Draxelbäuerin kennen sich gut und schätzen sich. Wenn meine Mutter die Cäcilia bittet, dir auf dem Hof ein Zimmer zu geben, dann tut sie es bestimmt. Du kannst mich ja wieder anrufen, wenn du eine Entscheidung gefällt hast.«
Dirk hörte Anna im Hintergrund etwas sagen.
»Du, Dirk! Anna läßt dir schöne Grüße ausrichten. Sie denkt an dich! Sie fragt sich, ob du in Waldkogel bleibst, wenn du das Madl heiratest. Anna würde sich freuen, jemanden aus ihrer alten Heimat hier zu haben.«
»So weit bin ich noch nicht, Toni!«
»Dann fang an, dir darüber Gedanken zu machen!«
Sie redeten noch eine Weile, dann legte Dirk auf.
Stimmt, dachte er. Toni hat recht. Wie wird die Zukunft mit Josi aussehen? Wird ihr Hamburg gefallen? Ich muß sie bald einmal heimbringen. Dirk erinnerte sich an das Angebot seines Vaters, daß er ein Sabbatjahr nehmen könnte. Der Gedanke gefiel ihm immer mehr.
*
Als die Draxelbäuerin ins Haus kam, traf sie auf Josi, die aufgeregt, mit hochrotem Kopf die Treppe herunterkam.
»Das ist… da steht… das muß das Auto von diesem jungen Mann sein… auf dem Hof!« stammelte und stotterte Josefa mit hochrotem Kopf.
Cäcilia legte beruhigend den Arm um Josis Schultern.
»Ja, er ist hier! Er heißt Dirk! Doch erst einmal einen guten Morgen!«
»Guten Morgen, Zilli! Entschuldige meine Unhöflichkeit.«
Cäcilia schob Josi in die Küche und drückte sie auf einen Stuhl.
»Erst wird gefrühstückt.«
»Ich habe keinen Hunger! Ich bekomme keinen Bissen hinunter.«
Cäcilia lachte.
»Es ist bekannt, daß Verliebte glauben, sie könnten nur von Luft und Liebe existieren.«
Der Tisch war schon gedeckt.
»Ich habe mit dem Frühstück auf dich gewartet. Ich habe nur mit dem Seppel eine Tasse Kaffee getrunken. Nun laß uns essen. Dann sage ich dir, wo er auf dich wartet. Ich habe kurz mit ihm geredet. Ein fescher Bursche, das muß ich schon sagen.«
Cäcilia schenkte Josi Kaffee ein. Weil diese sehr aufgeregt war, bestrich ihr Cäcilia ein Brot mit guter Butter aus eigener Milch und gab Erdbeermarmelade darauf. Sie schnitt das Brot in kleine mundgerechte Stücke.
Josefa schaute auf ihren Teller.
»Das Brot schaut gut aus. Du hast das so lieb gemacht, wie eine…« Josefa ließ das Wort aus, »…für ihr Kind.«
»Mutter – wolltest du sagen, nicht wahr?«
»Ja!« flüsterte Josi leise.
Die Draxelbäuerin atmete tief.
»Josi, ich muß mit dir reden. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind für mich große Werte. Ich habe gehofft, daß ich mehr Zeit habe, mit dir über diese Angelegenheit zu reden. Ich dachte vielleicht in einigen Wochen, wenn es dir hier gefällt und du dich ein bisserl heimisch fühlst. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Da muß ich meine Pläne ändern. Es ist mir jetzt wichtig, daß du weißt, daß ich dich aus einem besonderen Grund eingeladen habe. Wenn du dich nicht verliebt hättest, dann wäre alles einfacher. Aber es kann auch sein, daß es dadurch einfach wird. Das kann ich noch nicht genau entscheiden. Also höre!«
Josefa klopfte das Herz. Sie aß ein Klötzchen Butterbrot mit Marmelade nach dem anderen. Sie schaute Cäcilia mit großen Augen an.
»Also! Ich habe eine bestimmte Absicht verfolgt, als ich ein Madl auf den Hof eingeladen habe – als ich dich auf den Hof geholt habe. Ich habe in einigen Wochen Geburtstag. Ich werde fünfzig Jahre alt.«
»Du siehst viel jünger aus, Zilli!« warf Josefa ein.
»Danke! Unterbrich mich bitte nicht. Ich mag nach außen ruhig wirken. Aber ich bin auch ganz schön aufgeregt. Oh, Gott, stehe mir bei! Laß mich die richtigen Worte finden.«
Die Bäuerin warf einen flehentlichen Blick in Richtung des Herr-gottswinkels in der Küche. Josefa blickte sich auch um. Sie sah, daß die Kerze nicht brannte. Die junge Frau stand auf und zündete sie an.
»So, jetzt ist es besser! Ich höre dir gerne zu, Zilli! Sage mir, was du auf dem Herzen hast. Heute nacht habe ich dir mein Vertrauen geschenkt. Jetzt schenke du mir dein Vertrauen.«
»Ja! Das stimmt!«
Cäcilia nahm einen zweiten Anlauf.
»Das war so! Ich bin zu Pfarrer Zandler gegangen und habe ihn gebeten, mir zu helfen jemanden zu suchen – ein Madl – das vielleicht für immer auf dem Draxel Hof bleiben möchte. So viel ich weiß, hast du als Kind immer gehofft, daß jemand kommt und dich als sein Kind annimmt. Der Himmel allein weiß, warum wir uns nicht früher kennengelernt haben. Also, ich hätte dich sofort genommen und mein lieber verstorbener Mann auch, da bin ich mir sicher. Jetzt bist du ein junges Madl und kannst selbst entscheiden. Bitte überlege dir, ob du dir vorstellen kannst, für immer hier bei mir zu leben. Wie das juristisch ist, das weiß ich nicht. Aber ich hoffe, daß es auch jetzt noch möglich ist, etwas zu machen, daß du wie eine Tochter hier bist.«
Es war jetzt ganz still in der Küche. Nur das Ticken der alten Pendeluhr war zu hören. Wenn es möglich gewesen wäre, das Klopfen von Josis Herz so laut zu hören, wie sie es schlagen hörte, dann hätte der Lärm die Berghänge erzittern lassen.
Josi schluckte. Sie schaute Cäcilia mit großen Augen an.
»Ja, Josi! Als ich dich da gestern auf dem Hof stehen sah und dich begrüßt habe, da habe ich es gewußt. Du bist die Richtige! Ich habe dich gleich in mein Herz geschlossen. Ich würde dich gerne aufnehmen wie eine eigene Tochter. Dich adoptieren, wenn du willst? Das mußt du nicht gleich entscheiden, Josi. Ich wollte nur, daß du es weißt, bevor du mit Dirk redest. Wenn du willst, dann betrachte mich ab sofort als deine nächste Verwandte und den Draxel Hof als deine Heimat.«
Cäcilias Stimme bebte leicht.
»Aber wie gesagt: Es ist deine Entscheidung. Ich denke, daß du nicht Ja sagst aus materiellen Gründen. Dazu hast du ein zu unschuldiges Herz. Du bist nicht berechnend.«
Josefa wandte den Blick ab. Sie schaute aus dem Fenster und schwieg. In Gedanken durchlebte sie ihr ganzes bisheriges Leben, die Jahre im Waisenhaus, die Hoffnungen und Enttäuschungen, die sie erfahren hatte. Immer wieder hatten sich adoptionswillige Ehepaare für Josefa interessiert. Doch dann nahmen sie ein anders Kind. Jetzt war es soweit. Endlich sagte jemand ja zu ihr.
Josefa drehte den Kopf zu Cäcilia.
»Ich habe auch dich gleich ins Herz geschlossen. Außerdem sehen wir uns etwas ähnlich, wenn wir auch keine Blutsverwandte sind. Seit ich dich gesehen habe, dachte ich mir – und besonders heute nacht –, es wäre schön, eine ältere Schwester zu haben. Du wirkst auch viel jünger als du bist. Aber als Adoptiv-mutter nehme ich dich auch gerne an. Das ist viel besser. Willst du mich denn wirklich? Bist du dir ganz sicher, daß du mich willst?«
»Madl!