Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.Cäcilias scharfe Worte verfehlten nicht ihre Wirkung. Zilli, die sonst als liebe und ruhige Waldkogelerin bekannt war, zeigte die Zähne wie eine Tigerin, die ihr Junges verteidigt. Veronika Boller wußte, sie mußte sich in acht nehmen.
»Liebe Zilli! Was hast du dir denn für dein Madl vorgestellt?«
Zilli sprach sich leise mit Josi ab. Dann wählten die beiden aus. In der Umkleidekabine und auf der Ladentheke häuften sich bald die Kleidungsstücke. Josi kam gegen den Kaufrausch ihrer Mama nicht an. Sie gab schließlich nach, weil sie sah, wieviel Freude es Cäcilia machte. So probierte sie ein Dirndl nach dem anderen. Dazu kamen Wanderkleidung und einfache Landhausmode für den Alltag aus Jeansstoff mit Stickereien. Zilli fand, daß Josi das gut auf dem Hof tragen konnte. Aber das war nur der Anfang. Es kamen noch Pullover, Westen, Schuhe, Umschlagstücher und viele Kleinigkeiten dazu.
»So, das war es, Veronika! Packe alles zusammen. Dein Mann kann uns das zusammen mit der Rechnung auf den Hof bringen, so in einer Stunde. Wir haben noch etwas vor.«
Veronika nickte nur und hielt den beiden die Tür auf.
Draußen sagte Zilli zu Josi.
»Komm, laß dich anschauen! Fesch schaust aus. Der Jeansanzug im Landhausstil mit der rotblau karierten Bluse steht dir gut.«
»Ich mag das Material. Das läßt sich gut waschen, wenn mal ein Fleck darauf ist, was bei Landarbeit nicht ausbleibt. Wenn wir heute nachmittag die Oberin besuchen, möchte ich in meiner kleinen Wohnung vorbeifahren. Erstens sollst du sehen, wie ich gelebt habe. Dann will ich meine Gummistiefel holen. Die sind für den Stall ganz praktisch.«
»Das wird eine Überraschung für den Seppel sein«, lachte Zilli.
»Daran wird er sich gewöhnen müssen. Ich will richtig mit anpacken. Damit mir niemand etwas nachsagen kann und ich Bescheid weiß. Ich fühle mich zwar wie eine Prinzessin, aber es schadet nichts, wenn ich auch weiß, wie man die Erbsen sortiert.«
»Ich verstehe dich! Mußt aber nicht gleich übertreiben. Sollst dir erst mal eine schöne Zeit machen.«
Dann waren sie auch schon vor der Praxis der Tierärztin angekommen. Frau Dr. Brand kam von einem Hausbesuch. Sie stieg aus dem Auto.
»Grüß Gott, Doktorin! Des ist meine Adoptivtochter Josi! Sie meint, es wäre an der Zeit, daß wir wieder einen Hund auf dem Hof bekommen. Ich denke mir, daß du gute Verbindungen zu den Tierheimen aus der Umgebung hast. Wir würden gern einen Hund aus dem Heim nehmen.«
Beate Brand grüßte freundlich. Dann bat sie Zilli und Josi mit in die Praxis. Es war noch keine Sprechstunde. Die Veterinärmedizinerin führte sie in ihre Wohnung. Mitten im Wohnzimmer stand ein Hundekorb. Darin lagen zwei kleine Welpen.
»Die kannst haben, Bäuerin! Die Mutter mit den neugeborenen Hundewelpen wurden auf dem Parkplatz bei der Tankstelle in Marktwasen gefunden. Es waren fünf Welpen. Drei habe ich nicht retten können, die Mutter leider auch nicht. Sie war schwer verletzt. Ich habe sie erlösen müssen. Ich ziehe die Kleinen mit der Hand auf. Sie haben eine enge Bindung aneinander. Ich würde sie ungern auseinanderreißen. Die Rasse, die ist nicht genau zu bestimmen. Die Mutter war recht groß.«
Beate Brand holte zwei kleine Flaschen mit Milch. Josi griff mit der einen Hand nach einem der Welpen und mit der anderen nach der Flasche. Sie ließ das winzige Hundekind trinken.
»Du machst das wiklich sehr geschickt!«
»Ich bin Krankenschwester und habe eine Zusatzausbildung als Kinderschwester für Frühgeborene.«
»Ah! Das erklärt einiges! Nun, wie ist es?« wandte sich Beate an die Bäuerin.
Die schaute Josi an und sagte:
»Was meinst du, Josi? Wir können beide nehmen!«
Josefa strahlte und nickte eifrig.
Die Tierärztin sagte, sie könnten die Welpen in einer Woche abholen.
»Namen habe ich ihnen noch nicht geben. Die müßt ihr mir vorher sagen, dann kann ich sie in die Impfpapiere eintragen.«
»Da wird uns schon etwas einfallen, nicht wahr, Josi?«
»Bestimmt, Mama!«
Josi genoß es, das Wort »Mama« auszusprechen.
Cäcilia und Josefa blieben länger als vorgesehen bei der Tierärztin. Sie tranken noch eine Tasse Tee mit ihr. Dann fuhren sie heim auf den Draxel Hof. Cäcilia machte schnell das Mittagessen. Währenddessen räumte Josi die neuen Kleidungsstücke in ihren Schrank. Dabei überlegte sie, was sie am Nachmittag zum Besuch bei der Oberin anziehen würde. Es war ein ganz neues Leben für die junge Frau. Plötzlich wollte sie schön sein und hübsche Sachen tragen. Sie wollte gefallen. Dabei dachte sie auch an Dirk. Sie nahm sich vor, ihn bald zu sehen.
*
Nach dem Mittagessen telefonierte Josefa noch einmal mit der Oberin und kündigte an, daß sie mit Cäcilia kommen würde. Sie bat die Oberin um ihre Unterstützung bei der juristischen Abwicklung der Adoption. Die Oberin versprach, sofort alles in die Wege zu leiten.
Als Cäcilia und Josefa im Mutterhaus der Franziskanerinnen eintrafen, wurden sie sofort von der Oberin empfangen. Sie war nicht alleine. In ihrem Arbeitszimmer wartete der Familienanwalt und Notar. Er begrüßte die beiden Frauen freundlich. Dann legte er ihnen dar, wie die Adoption eines Erwachsenen nach dem Gesetz möglich war. Er hatte die Papiere bereits vorbereitet und mußte nur noch einige Daten von Cäcilia einsetzten.
Dann unterschrieben sie. Zuerst leistete Cäcilia ihre Unterschrift und dann Josefa.
Der Anwalt versprach, die Dokumente sofort an das zuständige Amt weiterzuleiten, damit baldigst die Urkunde ausgestellt werden konnte. Danach würde Josefa auch neue Personenpapiere erhalten und konnte sich dann offiziell Josefa Draxel nennen.
Die Oberin und der Anwalt sprachen ihre Glückwünsche aus. Es war ein bewegender Augenblick. Selbst die strenge Mutter Oberin bekam glänzend feuchte Augen.
»Ich wünsche euch beiden Gottes Segen und ein schönes Leben, voller gegenseitiger Achtung, Liebe, Harmonie und Sonnenschein an jedem Tag.«
Josefa bedankte sich auch für die liebevolle Fürsorge, die sie all die Jahre zuvor erfahren hatte.
Anschließend fuhren Cäcilia und Josefa in Josis kleine Wohnung. Im nahegelegenen Supermarkt besorgten sie sich Bananenkisten und packten den größten Teil von Josefas Sachen ein. Cäcilias großer Geländewagen war voll. Sogar auf dem Dachgepäckträger türmten sich die Kisten.
Als sie fertig waren, reichte Cäcilia Josefa die Autoschlüssel.
»Du kannst fahren!«
»Soll ich wirklich? Ich habe zwar den Führerschein, bin aber schon lange nicht mehr gefahren und so ein großes Auto noch nie.«
»Das wird schon! Mußt ja nicht rasen.«
Josefa fuhr langsam, fast zu langsam. Aber sie ließ sich von den hupenden Fahrzeuge hinter ihr nicht aus der Ruhe bringen.
»Was machen die für ein Gezeter?« schimpfte die junge Frau. »Sie können doch überholen, wenn sie wollen.«
Die Landstraße nach Waldkogel war sehr kurvenreich. Es gab nur ein gerades Stück, auf dem man überholen konnte. Dort schoß ein Auto an ihnen vorbei. Es war ein grüner, etwas kleinerer Geländewagen. Josi warf einen Seitenblick in Richtung des Fahrers. Ihr Herz blieb fast stehen.
Er hatte sie auch erkannt. Er gab Gas, brauste ein Stück voraus und hielt dann an. Er sprang aus dem Auto und stellte sich mitten auf die Straße. Er breitete die Arme aus. Josefa war gezwungen zu halten. Sie sprang auch aus dem Auto.
»Dirk, was soll das? Willst du, daß ich es bin, die jetzt in den Graben fährt?«
Dirk Hansen strahlte sie an.
»Nicht unbedingt! Aber dann hätte ich Gelegenheit, dich zu retten! Ein reizvoller Gedanke.«
Er ging einfach auf sie zu und