Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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euren Konsuln, nicht von den Tribunen, im Lager Dienst tatet, nicht auf dem Marktplatz, wenn in der Linie von eurem Geschrei die Feinde, nicht in der Versammlung die römischen Väter erbebten, dann kehrtet ihr, reich an Beute, reich an Land, das ihr dem Feind abgenommen hattet, beladen mit Gütern und Ruhm für euer Vaterland und für eure Person, als Triumphierende in euer Haus und zu seinen Göttern, und jetzt lasst ihr den Feind beladen mit dem Eurigen abziehen. 7 So klebt denn wie angenagelt in Versammlungen und verlebt eure Tage auf dem Marktplatz! Die Notwendigkeit zu kämpfen, die ihr flieht, folgt euch doch nach. Es war euch zu beschwerlich, in das Aequer- und Volskerland auszuziehen? Dafür ist jetzt der Krieg vor den Toren, und wenn ihr ihn da nicht abwendet, wird er nächstens innerhalb der Mauern sein, wird die Burg, das Kapitol ersteigen und euch in eure Häuser verfolgen. 8 Schon vor zwei Jahren befahl der Senat eine Werbung, und ein Heer sollte auf den Algidus ausrücken: Statt dessen sitzen wir untätig zu Hause, zanken wie die Frauen, lassen uns den augenblicklichen Frieden gefallen und sehen nicht ein, dass aus dieser kurzen Ruhe ein vielfacher Krieg entstehen werde.

      9 Ich weiß, dass ich andere Sachen hätte vortragen können, die ihr lieber gehört hättet; wenn aber auch meine Denkungsart mich nicht aufforderte, lieber die Wahrheit als das Angenehme zu sagen, so zwingt mich letztlich die Not. Ich möchte euch gern gefallen, ihr Quiriten, aber noch weit lieber ist mir eure Wohlfahrt; eure daraus erwachsende Gesinnung gegen mich mag auch sein wie sie will. 10 Es liegt in der Natur der Sache, dass der, der vor der Menge in eigener Sache spricht, lieber gehört wird als der, dem nur das allgemeine Wohl vor der Seele schwebt; ihr müsstet denn etwa glauben, dass jene öffentlichen Schmeichler, jene Kriecher beim Volk, die euch weder unter den Waffen noch in Ruhe sein lassen, euch eures eigenen Besten wegen anstacheln und aufhetzen. 11 Euren Aufstand nutzen sie dann aus zu ihrem Ruhm oder Vorteil; und weil sie sehen, dass sie bei der Eintracht der Stände völlig unnütz sind, so machen sie sich lieber einer schlechten Sache als gar keiner – zu Führern der Verwirrung und des Aufruhrs. 12 Könnt ihr nun endlich dieses Unwesens überdrüssig werden und wollt euch eurer Väter und eure alte Sitte statt dieser neuen wieder zu eigen machen, so lasse ich mir jede Todesstrafe gefallen, 13 wenn ich nicht diese Plünderer unseres Landes in wenigen Tagen in die Flucht schlage, aus ihrem Lager treibe und von unseren Toren und Mauern diesen Kriegsschrecken, der euch jetzt betäubt, in ihre Städte bringe.

      (69) Selten ist sonst eine volkstümliche Rede eines Tribunen den Bürgern angenehmer gewesen als diese des sehr strengen Konsuls. 2 Und selbst die Mannschaft, welcher sonst eine ähnlich drohende Lage in der Verweigerung der Kriegsdienste die furchtbarste Waffe gegen die Väter in die Hände gab, sehnte sich nach Bewaffnung und Krieg; und das Fliehen der Landleute, ferner die in den Dörfern Ausgeplünderten und Verwundeten, die noch weit grässlichere Dinge meldeten, als was sich dem Auge darbot, erfüllten die ganze Stadt mit Wut.

      3 Als man aber in den Senat kam, da wandten sich alle an Quinctius, sahen ihn als den einzigen Erhalter der römischen Hoheit an, und die Ersten der Väter erklärten, das sei noch eine Rede, wie sie eines regierenden Konsuls würdig sei, würdig seiner so vielen früheren Konsulate, würdig seines ganzen Lebens, das mit Ehrenstellen ausgeschmückt sei, die er so oft bekleidet, noch öfter verdient habe. 4 Andere Konsuln hätten entweder mit Aufopferung der Würde des Senates den Bürgern geschmeichelt oder durch zu strenge Behauptung der Rechte dieses Standes die Menge gegen alle Leitung noch widerspenstiger gemacht, Titus Quinctius aber sei in seiner Rede sowohl der Majestät der Väter als der Einigkeit der Stände und besonders der gegenwärtigen Lage eingedenk gewesen. 5 Sie bitten ihn und seinen Amtsgenossen im Namen des Staates aufzutreten, sie bitten die Tribunen, mit den Konsuln einmütig den Krieg von der Stadt und ihren Mauern zurückzuschlagen und den Vätern in einer so schwierigen Lage mit der Folgsamkeit des Bürgerstandes entgegenzukommen. Das gemeinschaftliche Vaterland wende sich an die Tribunen und rufe bei der Verheerung der Dörfer und der fast schon begonnenen Belagerung der Stadt ihre Hilfe an.

      6 Mit allgemeiner Zustimmung wurde die Werbung anbefohlen und abgehalten. Da die Konsuln vor der Versammlung erklärten, es sei keine Zeit, Entschuldigungen zu untersuchen, alle Dienstfähigen sollten sich am folgenden Tag in aller Frühe auf dem Marsfeld einfinden; 7 zur Untersuchung der Entschuldigungen aller derer, welche sich jetzt zum Dienst nicht meldeten, würden sie nach Beendigung des Krieges die nötige Zeit bewilligen; der werde als Ausreißer angesehen werden, dessen Vorwand sie nicht gültig fänden. Am folgenden Tag erschien die gesamte junge Mannschaft. 8 Die Hauptleute in jeder Kohorte wählten sich diese selbst, jeder Kohorte hingegen wurden zwei Senatoren vorgesetzt. Alles dies wurde so zeitig bewerkstelligt, dass die Fahnen noch an demselben Tag, als sie die Quästoren aus der Schatzkammer verabfolgt und auf das Marsfeld geliefert hatten, um zehn Uhr morgens von diesem Platz aufbrachen, und das neue Heer, dem einige Kohorten alter Krieger freiwillig folgten, beim zehnten Meilensteine übernachten konnte. 9 Der folgende Tag brachte sie dem Feind zu Gesicht, und bei Corbio wurden die Lager nebeneinander aufgeschlagen. 10 Am dritten Tage fand der Kampf, weil die Römer die Erbitterung und jene, die den Krieg so oft erneuert hatten, das Bewusstsein ihrer Schuld und die Verzweiflung spornte, keinen weiteren Aufschub.

      (70) Standen gleich bei dem römischen Heer zwei Konsuln mit gleicher Gewalt, so lenkte dennoch – und dies ist für die Leitung wichtiger Geschäfte besonders heilsam – mit Agrippas Einwilligung sein Amtsgenosse das Ganze, und dieser war bei seinem Vorrang artig genug, die Gefälligkeit, womit jener sich selbst ihm unterordnete, durch die Bereitwilligkeit zu erwidern, mit welcher er ihn an seinen Entwürfen und an seinem Ruhm teilnehmen ließ, und einen Mann, welcher ihm nicht gleichkam, sich gleichstellte.

      2 In der Schlacht hatte Quinctius den rechten Flügel, Agrippa den linken, die Führung des Mitteltreffens wurde dem Legaten Spurius Postumius Albus anvertraut, den andern Legaten Servius Sulpicius setzten sie über die Reiterei. 3 Das Fußvolk auf dem rechten Flügel hielt sich vortrefflich, obgleich die Volsker kräftigen Widerstand leisteten. 4 Publius Sulpicius mit seiner Reiterei brach mitten durch die feindliche Linie, und obgleich er auf demselben Weg, ehe die Feinde ihre in Unordnung gebrachten Glieder wiederherstellen konnten, zu den Seinigen hätte zurückkehren können, so zog er es doch vor, den Feind im Rücken anzugreifen, und er hätte im Augenblick durch diesen Angriff von hinten die von zwei Seiten bedrohten Feinde gesprengt, wenn sich nicht die volskische und äquische Reiterei zu seiner eigentlichen Beschäftigung mit ihm eingelassen und ihn eine Zeitlang hingehalten hätte. 5 Da rief Sulpicius, zum Zögern sei jetzt keine Zeit. Sie wären umzingelt und von den Ihrigen abgeschnitten, wenn sie nicht alle ihre Kraft aufböten, dem Reitergefecht ein Ende zu machen. 6 Es sei nicht genug, die feindlichen Reiter als Flüchtlinge entkommen zu lassen, man müsse Ross und Mann niederhauen, so dass keiner ins Treffen zurückkehren, keiner das Gefecht erneuern könne. Unmöglich könnten diese ihnen standhalten, denen die geschlossene Linie des Fußvolkes habe weichen müssen. Das redete er nicht vor tauben Ohren. 7 In einem Anlauf schlugen sie die ganze Reiterei, warfen eine Menge von den Pferden und durchbohrten Ross und Reiter mit ihren Wurfspießen. Damit hatte das Reitergefecht ein Ende. 8 Jetzt ließen sie nach gemachtem Angriff auf das Fußvolk ihren Erfolg den Konsuln melden, vor denen die feindliche Linie schon wich. Die Nachricht erhöhte den siegenden Römern den Mut und schlug die schon weichenden Aequer vollends. 9 Ihre Niederlage begann im Mittelpunkt, wo ihnen die durchgebrochene Reiterei die Glieder in Unordnung gebracht hatte. 10 Dann wurde vom Konsul Quinctius ihr linker Flügel geschlagen, auf dem rechten aber gab es die meiste Arbeit. Kaum merkte hier Agrippa, ein junger kräftiger Mann, dass es um die Schlacht allenthalben besser stehe als bei ihm, da rückte er mit den Fahnen, die er den Fähnrichen abnahm, in eigener Person an, und andere warf er sogar in die dicht gedrängten Feinde. 11 Die Soldaten, durch die Furcht vor dieser Schande aufgebracht, drangen ein, und der Sieg war allgemein. Jetzt ließ ihm Quinctius sagen, er bedrohe schon als Sieger das feindliche Lager, wolle aber nicht eher einbrechen, bis er wisse, ob auch sein linker Flügel gesiegt habe. 12 Habe er die Feinde schon geschlagen, so möge er zu ihm stoßen, damit das gesamte Heer zugleich Beute machen könne. 13 Agrippa traf als Sieger unter gegenseitigen Glückwünschen bei seinem siegreichen Amtsgenossen am feindlichen Lager ein. Da die Wenigen, die es verteidigten, bald vertrieben waren, drangen die Konsuln ohne Widerstand in die Verschanzungen ein und führten das Heer, das eine reiche Beute machte und sein in der Plünderung seines Landes verlorenes Eigentum wiedergewann, nach Hause. 14 Den Triumph sollen sie selbst nicht gefordert noch der Senat


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