Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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sondern entfernte auch die einzige menschliche Hilfe, die man hatte, den Marcus Furius, aus der Stadt. 8 Da ihn der Volkstribun Lucius Apulejus wegen der Beute von Veji angeklagt hatte, und er um dieselbe Zeit einen erwachsenen Sohn verlor, berief er seine Zunftgenossen und Klienten – sie machten keinen geringen Teil der Bürger aus – zu sich ins Haus, ihre Gesinnungen zu erfahren, und da sie ihm die Antwort gaben, sie wollten die Summe, zu der man ihn verurteilen würde, aufbringen, seine Freisprechung aber könnten sie nicht bewirken, 9 so ging er mit der Bitte an die unsterblichen Götter: Wenn er dies Unrecht unschuldig litte, so möchten sie ihn je eher je lieber von seinen undankbaren Mitbürgern vermisst werden lassen, in die Verbannung. Man verurteilte ihn in seiner Abwesenheit zu einer Geldstrafe von 15 000 schweren Kupfer-As.

      (33) Nach Vertreibung des Mitbürgers, dessen Gegenwart, wenn sich auf irgendetwas, das von Menschen abhängt, mit Gewissheit rechnen lässt, Roms Eroberung unmöglich gemacht hätte, kamen von den Clusinern – denn schon nahte das über die Stadt verhängte Unglück – Gesandte mit der Bitte um Hilfe gegen die Gallier.

      2 Der Sage nach soll diese Nation, gereizt durch die Annehmlichkeit der Erzeugnisse und besonders des Weines, eines ihr damals noch neuen Genusses, über die Alpen gegangen sein und die von den Etruskern angebauten Fluren besetzt haben; 3 den Wein aber habe ihr, um sie zu locken, ein Clusiner, namens Arruns, zugeführt, um sich an einem Lucumonen, dem Verführer seiner Frau, zu rächen, dessen Vormund er selbst gewesen war, den er aber, als einen sehr mächtigen jungen Mann, ohne eine auswärtige Macht aufzubieten, nicht zur Strafe ziehen konnte; 4 er soll bei ihrem Übergang über die Alpen ihr Führer gewesen sein und sie zum Angriff auf Clusium aufgefordert haben.

      Ich will nicht leugnen, dass Arruns (oder ein anderer Clusiner) Gallier vor Clusium geführt habe; 5 dass aber die Belagerer Clusiums nicht die ersten Gallier waren, welche über die Alpen gingen, ist ausgemacht; denn die Gallier gingen schon 200 Jahre früher, ehe sie Clusium bestürmten und die Stadt Rom eroberten, nach Italien herüber, 6 und ihre Heere kämpften nicht mit diesen Etruskern zum ersten Mal, sondern schon viel früher mit denen, die zwischen den Apenninen und den Alpen wohnten. 7 Die Macht der Tusker nämlich erstreckte sich vor der römischen Oberherrschaft weit über Land und Meer. Wie mächtig sie auf dem oberen und unteren Meer waren, welche Italien gleich einer Insel umgeben, beweisen schon die Namen, 8 da Letzteres bei den Völkerschaften Italiens nach dem Namen des Volkes das Tuskermeer, und Ersteres nach einer Kolonie der Tusker, Adria, das Adriatische Meer heißt. Die Griechen nennen sie gleichfalls das Tyrrhenische und Adriatische Meer.

      9 Bei dieser Aussicht auf beide Meere bewohnten sie ihr Land in zwölf Städten, zuerst diesseits des Apenninus bis ans Untermeer, nachher auch in den Ländern jenseits des Apenninus, wohin sie nach der Zahl ihrer Hauptstämme Kolonien ausgehen ließen, 10 welche das ganze Land jenseits des Padus (Po) bis an die Alpen besetzten, den Winkel der Veneter ausgenommen, die um den Meerbusen herum wohnen. 11 Auch die Alpenvölker haben ohne Zweifel denselben Ursprung, namentlich die Rätier, denen aber die Gegend selbst ihre Wildheit mitteilte und ihnen von allem Ererbten nichts weiter übrig ließ als den Klang der Sprache, und auch den nicht einmal unverfälscht.

      (34) Vom Übergang der Gallier nach Italien haben wir folgende Nachrichten: Als in Rom Tarquinius Priscus regierte, waren unter den Kelten, die den dritten Teil Galliens innehaben, die Bituriger das gebietende Volk; den König über das ganze keltische Land gaben sie. 2 Dieser hieß Ambigatus und war durch seine und seines Volkes Tapferkeit und Glück sehr mächtig, da unter seiner Regierung Gallien an Fruchtbarkeit und Menschen so ergiebig war, dass er die zu große Volksmenge kaum regieren zu können glaubte. 3 In der Absicht, sein Reich von dem überlästigen Schwarm zu befreien, und selbst schon hochbetagt, ließ er bekannt machen, er wolle seine Schwestersöhne, Bellovesus und Segovesus, unternehmende Jünglinge, in die Länder aussenden, die ihnen die Götter durch den Vogelflug zu Wohnsitzen bestimmen würden. 4 Damit sich ihrem Anzug kein Volk widersetzen könne, möchten sie selbst so viele Menschen aufbieten als sie wollten. Da wies das Los dem Segovesus die Hercynischen Wälder an, dem Bellovesus verliehen die Götter einen weit erfreulicheren Weg, den nach Italien. 5 Die hierzu in den Völkerschaften Entbehrlichen bot er auf, die Bituriger, Arverner, Senonen, Haeduer, Ambarrer, Carnuten, Aulerker. Mit einem großen Heer zu Fuß und zu Pferd brach er auf und kam zu den Tricastinern. 6 Nun hatte er die Alpen vor sich. Dass ihm diese unübersteiglich schienen, wundert mich umso weniger, da sie, soviel uns die zusammenhängende Geschichte meldet, wenn wir nicht etwa den Sagen von Herkules glauben wollen, noch nie überstiegen worden waren. 7 Da hier die Höhe der Gebirge die Gallier wie eingezäunt festhielt und sie in Verlegenheit waren, auf welchem Weg sie über die mit dem Himmel zusammenhängenden Bergrücken in einen anderen Weltteil kommen könnten, fühlten sie sich auch durch einen göttlichen Wink gehalten, als sie hörten, dass noch andere Land suchende Ankömmlinge von dem Volk der Salyer bedrängt würden. 8 Dies waren die Massilier, die von Phocaea mit einer Flotte gekommen waren. Die Gallier, die diesem Umstand eine Deutung auf ihre eigene Lage gaben, leisteten den Massiliern Beistand, so dass diese, weil jetzt die Salyer es geschehen lassen mussten, den Platz, den sie gleich bei ihrer Landung besetzt hatten, befestigen konnten. Sie selbst gingen durch das Land der Tauriner und unwegsame Bergschluchten über die Alpen, 9 und als sie nicht weit vom Fluss Ticinus die Tusker besiegt hatten und erfuhren, das Land, in dem sie sich niedergelassen hatten, heiße das Land der Insubrer, so fanden sie darin, dass sie auch im Haeduerland einen Bezirk gleichen Namens, die Insubrer, gehabt hatten, einen Wink, hier zu bleiben, bauten eine Stadt und nannten sie Mediolanum [Mailand].

      (35) Eine neue Schar, Cenomaner nämlich, welche bald nachher unter Anführung des Elitovius der Spur der früheren folgte, überstieg, von Bellovesus begünstigt, durch dieselbe Schlucht die Alpen und ließ sich in der Gegend, wo jetzt die Städte Brixia und Verona sind, im Land der Libuer nieder; 2 nach ihnen nahmen die Salluvier ihren Sitz neben dem alten ligurischen Volk, den Laevern, die um den Fluss Ticinus wohnten. Nachher gingen die Boier und Lingonen über den Poeninus, und weil sie schon die ganze Gegend zwischen dem Po und den Alpen besetzt fanden, fuhren sie in Flößen über den Po und trieben nicht allein die Etrusker, sondern auch die Umbrer aus ihren Besitzungen; doch beschränkten sie sich auf die Länder diesseits des Apenninus.

      3 Die letzten Ankömmlinge endlich, die Senonen, wohnten vom Fluss Utens bis an den Aesis. Und dieser Völkerstamm ging, wie ich finde, auf Clusium und dann auf Rom los; nur das ist nicht völlig gewiss, ob er allein kam oder von allen Völkerschaften der diesseits der Alpen wohnenden Gallier unterstützt wurde.

      4 Die Clusiner also – die der neue Krieg in Schrecken setzte, als sie eine solche Menge Feinde und nie gesehene Menschengestalten und Waffen erblickten und zugleich hörten, dass die Heere der Etrusker von ihnen oft diesseits und jenseits des Po geschlagen worden wären –, schickten, obgleich sie mit den Römern weder als Verbündete noch als Freunde in einem Verhältnis standen, außer dass sie ihren Stammesgenossen, den Vejentern, nicht gegen das römische Volk beigestanden hatten, dennoch Gesandte nach Rom, beim Senat um Hilfe zu bitten. 5 Die Hilfe wurde ihnen nicht gewährt; man schickte drei Gesandte hin, die Söhne des Marcus Fabius Ambustus, welche im Namen des römischen Senates und Volkes den Galliern erklären sollten, sie möchten Leute, von denen sie nie beleidigt worden wären, Bundesgenossen und Freunde des römischen Volkes, unbehelligt lassen. 6 Die Römer würden diese, wenn es sein müsse, auch mit den Waffen verteidigen, doch hielten sie es für besser, womöglich einen wirklichen Krieg abzuwenden und mit den Galliern, dieser ihnen fremden Nation, lieber in friedlicher Weise als durch Waffen bekannt zu werden.

      (36) Die Gesandtschaft war an sich friedlich, hätte sie nicht die trotzigen Überbringer gehabt, die mehr Galliern als Römern glichen. Als sie ihren Auftrag in der Versammlung der Gallier ausgerichtet hatten, gaben ihnen diese zur Antwort: 2 Obgleich sie den Namen der Römer zum ersten Mal hörten, so glaubten sie doch, sie müssten tapfere Männer sein, weil sich die Clusiner in ihrer Not an sie gewandt hätten. 3 Und weil sie ihre Bundesgenossen lieber durch eine Gesandtschaft als mit den Waffen vor ihnen hätten schützen wollen, so wollten auch sie den angebotenen Frieden nicht zurückweisen, wenn die Clusiner von ihrem bebauten Land, das sie in größeren Strecken besäßen, den Galliern, die dessen bedürften, einen Teil abträten; unter anderen Bedingungen könne kein Friede sein. 4 Sie wären bereit, die Antwort im Beisein der Römer zu vernehmen, und wollten auch, falls ihnen die Ländereien nicht bewilligt würden, im Beisein


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