Praxis der Selbstmotivierung. Jens-Uwe Martens

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Praxis der Selbstmotivierung - Jens-Uwe  Martens


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      Die Beschäftigung mit den eigenen Zielen

      Wenn man nicht genau weiß, wohin man will, landet man leicht da, wo man gar nicht hinwollte.

      Dieses Zitat wurde durch einen Bestseller von Robert F. Mager[7] berühmt, in dem er die operationale Definition von Lernzielen bei der Aus- und Weiterbildung forderte. Nach Mager müssen Ziele so definiert sein, dass es keine Missverständnisse über das Erreichen der Ziele gibt. Klare Ziele sind aber nicht nur wichtig, wenn man eine Trainings- oder eine Schulungsmaßnahme konzipiert, sie sind genauso wichtig, wenn man sein eigenes Verhalten planen will – und wenn man sich motivieren will, die gesetzten Ziele zu erreichen. Klar sind Ziele dann, wenn sie für uns – oft auch für andere – sichtbar sind, wenn sie konkret sind. Das Ziel „Ich möchte reich werden“ ist zu ungenau und zu abstrakt. Das Ziel „Ich möchte mit 31 Jahren ein Haus im Grünen bewohnen“ ist dagegen konkreter.

      Ziele müssen aber nicht nur klar sein, sie müssen vor allem für uns selbst Bedeutung besitzen, sie müssen für uns persönlich wichtig sein, sie müssen von uns selbst stammen.

      Die Klärung der eigenen Ziele und die Bearbeitung dieser Ziele, so dass sie die Qualität besitzen, die sie für uns wertvoll machen, gehören in die erste Phase, den Weg von der Wahl eines Handlungsziels bis zur Zielrealisation. Insgesamt unterscheiden wir vier Regeln, die sich auf die Ziele beziehen. Man muss sie beachten, wenn man sich selbst motivieren will:

      1. Das Ziel attraktiv machen

      2. Aktivieren intrinsischer Bedürfnisse

      3. Persönliche Ziele

      4. Ziele visualisieren.[8]

      Regel 1: Das Ziel attraktiv machen

      Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimmst.

DANTE ALIGHIERI

      Als erst einige Grundmauern des Petersdoms standen, fragte ein Priester einige Maurer: „Was machen Sie gerade?“

      Der erste Maurer antwortete: „Ich mache, was man mir aufgetragen hat. Fragen Sie den Vorarbeiter, der sagt es Ihnen sicher.“

      Der zweite Maurer antwortet: „Ich mauere Ziegel, ich baue eine Mauer, ich tue meine Arbeit.“

      Der dritte Maurer antwortet: „Ich arbeite mit am Bau einer der größten Kathedralen der Welt, an einem Gebäude, das viele Hunderte von Jahren Zeugnis davon ablegen wird, was Menschen mit Hilfe der Inspiration Gottes leisten können.“

      Die Botschaft der Geschichte

      Der dritte Maurer war ein Mensch mit einer Vision. Er verrichtete seine Arbeit mit Freude und sicher war die Qualität seiner Arbeit auch besser, als die der ersten beiden Maurer. Letztlich kommt es darauf an, ob wir bei dem, was wir tun, den Blick für das Ganze bekommen oder behalten. Es kommt darauf an, die Welt aus dem Weltraum sehen zu können, wie der Astronaut Russel (Rusty) Schweickart[9] sagte, der als einer der ersten Menschen den Planeten Erde aus der Weltraum betrachten konnte und daraus seine Vision entwickelte. „Wenn Sie das große Bild Ihres Lebens sehen, so wird Ihnen dies helfen, einen Plan, eine Mission zu entwickeln, die es Ihnen ermöglicht, dieses Leben auf umfassende und erfüllende Weise zu leben.“

      Große und kleine, schwierige und einfach zu erreichende Ziele

      Motivation ist immer auf ein Ziel hin gerichtet. Große Ziele verschaffen große Motivation, kleine Ziele eher kleine. Das Problem besteht darin, dass große Ziele fast immer auch viel Aufwand verlangen und dieser Aufwand wird mitgedacht, wenn man sich das Erreichen eines solchen großen Ziels vorstellt.

      Kleine Ziele haben den Vorteil, dass sie schneller und leichter erreicht werden, aber sie sind natürlich meist auch nicht so attraktiv.

      Wissenschaftlich betrachtet ist die Stärke der Motivation also von zwei Faktoren abhängig: von dem Wert der Belohnung, der meist umso größer ist, je schwieriger die Aufgabe sich darstellt, und von der Erfolgswahrscheinlichkeit, die umso größer ist, je einfacher ein Ziel zu erreichen ist. An zwei Extremen wird der Zusammenhang deutlich: Wenn es mein Ziel ist, in einer Quiz-Sendung des Fernsehens aufzutreten und eine Million zu gewinnen, dann werde ich den Wert der Belohnung hoch ansetzen, aber nur dann aktiv werden, wenn ich die Erfolgswahrscheinlichkeit nicht zu niedrig beurteile. Wenn ich mir vorgenommen habe, früher ins Bett zu gehen, um beim Aufstehen am Morgen nicht mehr so müde zu sein, dann ist die Erfolgswahrscheinlichkeit sehr hoch, aber die Belohnung wird von vielen nicht genügend hoch eingeschätzt, um den Fernseher auszuschalten. Natürlich spielen bei der Beurteilung der Situation auch das Bild, das ich von meiner Person habe (Bin ich jemand, der das, was er sich vornimmt auch durchführt? Oder bin ich jemand, der sich von der Situation inspirieren lässt und flexibel ist?), meine Motive und Bedürfnisse (Was ist mir wirklich wichtig?) und vieles mehr eine Rolle.

      Probleme mit der Motivation hat man immer erst dann, wenn Ziele nur schwer erreichbar sind, wenn entweder zu viele äußere oder innere Widerstände dagegen sprechen, sich auf das Erreichen des Ziels zu konzentrieren.

      Äußere Widerstände können einen Menschen anspornen, sich noch mehr anzustrengen. Hier spielt das Selbstbild eine große Rolle. Wenn jemand in der Vergangenheit oft die Erfahrung gemacht hat, dass er zu schwach für die Aufgaben ist, die ihm das Leben stellt, und der sich an die schlimmen Situationen der Ohnmacht und der Hilflosigkeit erinnert, die mit dem Scheitern verbunden waren, der wird schnell aufgeben, wenn er beim Erreichen seiner Ziele auf Widerstände stößt. Hat jemand jedoch schon öfter an sich selbst erfahren, dass er an Widerständen wachsen kann und dass es ihm möglich war, die Hindernisse zu überwinden, dann kann er sich das Gefühl des Triumphs und der Kraft ins Gedächtnis rufen. Dieser Mensch wird sich durch Schwierigkeiten beim Erreichen seines Zieles herausgefordert fühlen und sich besonders anstrengen. Äußere Hindernisse können ihn also sogar herausfordern und damit motivieren. Die Frage, wie ein Mensch auf äußere Widerstände reagiert, hat also viel mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Ich werde darauf bei der letzten Regel 20 noch einmal zurückkommen.

      Innere Widerstände bedeuten, dass jemand zu viele, sich widerstrebende Bedürfnisse und Wünsche hat. Einerseits möchte ich früh ins Bett gehen, andererseits ist dieser Fernsehfilm gerade so spannend oder ich habe Angst, etwas Wichtiges zu versäumen. Aus dem berühmten Theaterstück „Faust“ von Goethe stammt der Satz: „Zwei Seelen wohnen – ach – in meiner Brust.“ Es sind diese widerstrebenden „zwei Seelen“, die oft für unsere Untätigkeit verantwortlich sind und das Erreichen unserer Ziele vereiteln. Die Konsequenz ist, dass wir immer wieder feststellen, dass wir das, was wir uns vorgenommen haben, nicht erreichen.

      Aber sind es wirklich immer nur „zwei“ Seelen? Haben wir nicht sehr oft noch viel mehr Seelen in unserer Brust, die uns hinsichtlich unserer Ziele oder hinsichtlich der Tätigkeiten, die auf die Ziele gerichtet sind, hin- und herschwanken lassen? Wir möchten gern für die Prüfung lernen, weil wir das Ziel haben, eine gute Note zu bekommen. Gleichzeitig möchten wir aber auch der Einladung unserer Freunde folgen und mit ihnen ins Kino gehen. Oder eine attraktive Kommilitonin oder ein netter Kommilitone lockt mit einem Abendessen. Beispiele dieser Art ließen sich noch endlos weiter ausführen und sicher hat das jeder schon einmal erlebt. Der Hamburger Psychologe und Bestsellerautor Friedemann Schulz von Thun hat für diese menschliche Grundhaltung das Modell vom „inneren Team“ entwickelt. Wir werden auch auf dieses Thema bei der Behandlung der letzten Regel noch einmal zurückkommen.

      Aufgaben als Herausforderung sehen

      Äußere und innere Widerstände können wir vor allem dann überwinden, wenn unser Ziel attraktiv ist. Dabei können Widerstände sogar dabei helfen, ein Ziel für uns wünschenswert zu machen. Viele Menschen lieben die Herausforderung. Herausforderungen bergen die Chance in sich, persönlich zu wachsen und Erfolgserlebnisse zu erleben, die unser Selbstwertgefühl steigern. Ob wir bei auftretenden Schwierigkeiten das Problem sehen oder darin eine Chance erkennen, sich zu bewähren und


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<p>7</p>

Mager, 1974

<p>8</p>

Es geht uns hier nicht primär darum, die einzelnen Phasen genau gegeneinander abzugrenzen. Die Unterscheidung zwischen der ersten und zweiten Phase des Handlungsmodells von Heckhausen wurde vor allem zur Gliederung der einzelnen Regeln verwendet. Die der ersten Phase zugeordneten Regeln haben viele Kennzeichen, aufgrund deren man sie auch der zweiten Phase zuordnen könnte.

<p>9</p>

Siehe Schweickarts Homepage: www.well.com/user/rs/index.html