Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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sagen, wenn Du mit bleichen Wangen zu ihr kämest!« –

      Viertes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Ein heißer Hundstags-Morgen war über Naukratis aufgegangen. Der Nil hatte bereits seine Ufer überschritten und die Aecker und Gärten von Aegypten mit Wasserfluthen bedeckt.

      Der Schönste der Ankömmlinge, in denen der Leser unsere jungen Freunde Darius, Bartja und Zopyrus erkannt haben wird, redete einen Hafenwächter an und bat ihn, ihm die Wohnung Theopomp’s, des Milesiers, seines Gastfreundes, zu zeigen.

      Dienstwillig und höflich, wie alle Griechen, ging der Beamte den Fremden voran und führte sie über den Markt, dessen Eröffnung gerade durch den Klang einer Glocke angezeigt wurde, in ein stattliches Haus, das Eigenthum des angesehensten Mannes von Naukratis, des Milesiers Theopompus.

      Drei wunderliebliche Geschöpfe in weißen, halbdurchsichtigen Gewändern mit bunten Säumen saßen, von lauter Blumen umgeben, auf niedrigen Sesseln und wanden gemeinsam einen großen Kranz von Rosen, Veilchen und Orangeblüthen. Ihre holden, von Kränzen umgebenen Köpfchen glichen den drei Rosenknospen, welche Eine von ihnen, die unsere Freunde zuerst bemerkt hatte, ihnen entgegenhielt.

      »Kauft mir meine Rosen ab, ihr schönen Herren!« rief sie mit heller, klangvoller Stimme, »und steckt sie euren Liebchen in die Haare!«

      Zopyrus nahm die Blumen und gab, die Hand des Mädchens festhaltend, zurück: »Ich komme soeben aus weiter Ferne, schönes Kind, und habe noch keine Freundin zu Naukratis; darum laß mich diese Rosen in Dein eigenes goldenes Haar und dieses Goldstück in Dein weißes Händchen stecken!«

      »Nein!«

      »Das ist schade, denn wir sind Schwestern!«

      »Und Du meinst, daß wir drei hübsche Pärchen abgeben würden?«

      »Das hab’ ich vielleicht gedacht; aber nicht gesagt.«

      »Und Deine Schwestern?«

      Die Mädchen lachten, schienen kaum abgeneigt gegen eine derartige Verbindung zu sein und reichten auch Bartja und Darius Rosenknospen dar.

      Die Jünglinge nahmen die Blumen an, spendeten gleichfalls ein Goldstück und wurden nicht eher von den Schönen fortgelassen, bis sie den Helm eines jeden mit grünen Lorbeerblättern umkränzt hatten.

      Die Kunde von der seltenen Freigebigkeit der Fremden hatte sich indessen unter den vielen Blumenmädchen, welche rings umher Bänder, Blüthen und Kränze feilhielten, verbreitet. Jede reichte ihnen Rosen und lud sie mit Blicken und Worten ein, zu verweilen und zu kaufen.

      Zopyrus wäre gern, wie mancher junge Herr von Naukratis, noch viel länger bei den Mädchen geblieben, die sich fast alle durch Schönheit und leicht zu gewinnende Herzen auszeichneten; Darius drängte ihn aber fort und ersuchte Bartja, dem Leichtsinnigen jeden weiteren Aufenthalt zu verbieten. So gelangten sie denn, nachdem sie bei den Tischen der Wechsler und den Bürgern, die, auf steinernen Bänken sitzend, unter freiem Himmel Rath hielten, vorbeigekommen waren, zum Hause des Theopomp.

      Der Milesier kam den Fremden mit anmuthiger Höflichkeit entgegen und fragte in verbindlicher Weise, womit er ihnen dienen könnte.

      Nachdem Bartja sich überzeugt hatte, daß sich kein unberufener Hörer in der Nähe aufhalte, übergab er dem Hausherrn die Briefrolle, welche ihm von Phanes beim Abschiede übergeben worden war.

      Kaum hatte Theopompus das Schreiben gelesen, als er sich tief vor dem Königssohne verbeugte und ausrief: »Beim Zeus, der das Gastrecht wahrt, eine größere Ehre, als durch Deinen Besuch, hätte meinem Hause nicht widerfahren können. Betrachte Alles, was ich habe, als Dein Eigenthum, und bitte auch Deine Begleiter, bei mir vorlieb zu nehmen! Verzeihe, wenn ich Dich in Deinen


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