Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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Deinem Begehr! Die schönste Gastlichkeit ist diejenige, welche den Gästen die vollste Freiheit gewährt. O, jetzt erkenne ich auch Deine Freunde wieder! Aber diese haben sich ebenfalls sehr verändert und,. gleich Dir, die Locken gestutzt. Ja, ich möchte behaupten, daß Du, mein Freund, dessen Name . . .«

      »Ich heiße Darius.«

      »Daß Du, Darius, Deine Haare schwarz gefärbt hast. Ja? Ihr seht, daß mein Gedächtniß mich nicht betrügt. Uebrigens darf ich mich dessen nicht allzuhoch rühmen; hab’ ich euch doch mehrmals zu Sais und auch hier, als ihr ankamet und abreistet, gesehen! Du fragst, o Königssohn, ob euch die anderen nicht erkennen würden? Gewiß nicht! Die fremde Tracht, die kurzen Haare und die Färbung eurer Augenbrauen verändern euch wunderbar. Aber verzeiht einen Augenblick! Mein alter Schließer winkt und scheint eine wichtige Nachricht zu bringen.«

      Der gesprächige Hellene hatte kaum ausgeredet, als der Schreiber, ein dürrer, weißgekleideter Mann, sich den Fremden gegenüberstellte, und sie mit Hülfe eines Dolmetschers nach ihrer Herkunft und dem Zweck ihrer Reise befragte.

      Die Jünglinge hielten ihre Behauptung, entwichene lydische Hekatontarchen zu sein, fest und ersuchten den Beamten, ihnen Mittel und Wege für ihren Eintritt in die ägyptischen Hülfstruppen anzugeben und sie mit Pässen zu versehen.

      Nachdem Theopompus für unsere Freunde Bürgschaft geleistet hatte, zauderte der Beamte nicht lange und stellte ihnen die gewünschten Papiere aus.

      Der Paß des Bartja lautete:

      »Smerdes, – Sohn des Sandon aus Sardes, – ungefähr 22 Jahre alt, von stattlichem, schlankem Wuchse, mit wohlgestaltetem Angesichte, gerader Nase und hoher Stirn, in deren Mitte sich eine kleine Narbe befindet, darf, weil Bürgschaft für ihn geleistet worden ist, da, wo das Gesetz die Fremden duldet, in Aegypten verweilen.

      Im Namen des Königs. Sachons, Schreiber.«

      Als die Beamten das Haus verlassen hatten, rieb sich Theopompus die Hände und sagte: »Nun könnt ihr, wenn ihr meinen Rath in allen Stücken befolgt, sicher in diesem Lande verweilen. Bewahrt diese Papierröllchen gleich euren Augen und laßt sie niemals von euch. Jetzt ersuche ich euch aber, mir zum Frühstück zu folgen und mir, wenn es euch genehm ist, zu erzählen, ob das Gerücht, welches am Markte verbreitet war, nicht, wie gewöhnlich, lügt. Eine von Kolophon kommende Triere brachte nämlich die Nachricht, Dein hoher Bruder, edler Bartja, rüste gegen Amasis.«

      Am Abende desselben Tages feierten Bartja und Sappho ein Wiedersehen, dessen Glück durch die mit dem Erscheinen des Königssohnes verbundene Ueberraschung so unermeßlich war, daß die Jungfrau in der ersten Stunde keine Worte für ihre Wonne und Dankbarkeit finden konnte. Als sie endlich wieder in jener Akanthus-Laube, welche ihre junge Liebe mit blühenden Zweigen verborgen hatte, allein waren, sank Sappho an das Herz des theuren Wiedergekehrten. Lange sprachen sie kein Wort und sahen weder Mond noch Sterne, die in der lauen Sommernacht ihre stillen, bedeutungsvollen Kreise über ihren Häuptern zogen. Sie hörten nicht das Lied der Nachtigallen, welche, wie damals, ihren geliebten Itys in flötenden Wechselgesängen riefen, sie fühlten nicht den befeuchtenden Thau, den die Nacht auf ihre, wie auf die Häupter der Blumen im Rasen, herniedergoß.

      Endlich faßte Bartja beide Hände seiner Geliebten und schaute sie lange sprachlos an, als wollte er sich das Bild ihrer Züge unauslöschlich einprägen; sie aber blickte schämig zu Boden, als er endlich ausrief:

      »Wenn ich von Dir träumte, so schienst Du mir schöner als Alles, was Auramazda erschaffen; jetzt aber find’ ich, daß Du selbst meine Träume an Schönheit überbietest!«

      Und als sie ihm für diese Worte mit einem strahlenden Blicke gedankt hatte, schlang er nochmals seinen Arm um ihre Hüften, zog sie fester an sich und fragte

      »Hast Du mein gedacht?«

      »Nur, nur an Dich!«

      »Und hofftest Du, mich schon so bald zu sehen?«


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