Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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euch durch Bitten oder Geschenke zum Ungehorsam verleiten laßt. Niemand, Niemand darf diese Gärten ohne meinen ausdrücklichen mündlichen Befehl betreten! Ich denke, daß ihr mich kennt! Nehmt diese Goldstateren zum Lohne für den erschwerten Dienst und hört meinen Schwur beim Mithra, daß ich des Nachlässigen oder Ungehorsamen nicht schonen werde!«

      Die Wächter verneigten sich und waren entschlossen, ihrem Vorgesetzten zu gehorchen, denn sie wußten, daß er nicht zu scherzen pflege, wenn er ernstlich drohte, und ahnten, daß große Dinge zu erwarten seien, denn der geizige Boges vertheilte seine Stateren nicht zum Spaße.

      Dieselbe Sänfte, welche Nitetis getragen hatte, führte den Eunuchen in die Festhalle zurück.

      Die Gattinnen des Königs hatten sich entfernt; nur die Kebsweiber standen noch auf dem ihnen angewiesenen Platze und sangen, ungehört von den lärmenden Männern, ihre einförmigen Lieder.

      Die zechenden Gäste dachten längst nicht mehr an das ohnmächtige Weib. Jeder neue Becher steigerte das Toben und Durcheinanderschreien der Trunkenen. Vergessen schien die Erhabenheit des Ortes und die Gegenwart des allmächtigen Herrschers.

      Hier jauchzte ein Berauschter gellend auf in trunkener Lust, dort umarmten sich zwei Krieger, deren Zärtlichkeit der Wein erzeugt hatte, dort wurde ein schwerberauschter Neuling von kräftigen Dienern aus der Halle getragen, dort ergriff ein alter Trinker einen Krug statt des Bechers, und leerte ihn unter dem Jubelgeschrei seiner Nachbarn auf einen Zug.

      An der Spitze der Tafel saß der König, bleich wie der Tod, theilnahmlos in den Becher starrend. Sobald er seines Bruders ansichtig wurde, ballten sich seine Fäuste.

      Er vermied es, ihn anzureden, und ließ seine Fragen unbeantwortet. Je länger er vor sich hinstarrte, je fester wurde seine Ueberzeugung, die Aegypterin habe ihn hintergangen und ihm Liebe geheuchelt, während ihr Herz Bartja gehörte! Welch’ schändliches Spiel war mit ihm getrieben worden, wie tief mußte die Treulosigkeit dieser gewandten Heuchlerin wurzeln, da die bloße Nachricht, daß sein Bruder eine Andere liebe, nicht nur ihre gewohnten Künste zu vernichten, sondern sie sogar ihres Bewußtseins zu berauben genügte.

      Otanes, der Vater der Phädime, hatte, als Nitetis die Halle verließ, gerufen: »Die Aegypterinnen scheinen für das Liebesglück ihrer Schwäger sehr empfindlich zu sein; die Perserinnen sind weniger freigebig mit ihren Gefühlen und sparen sie ihren Männern auf!«

      Der Stolze gab sich den Anschein, als vernehme er nicht diese Worte, und verschloß seine Augen und sein Gehör, um des Gemurmels und der Blicke seiner Gäste, welche allesammt bestätigten, daß er hintergangen worden sei, nicht gewahr zu werden.

      Bartja konnte keine Schuld an ihrer Treulosigkeit haben; sie nur liebte den schönen Jüngling und liebte ihn vielleicht um so heißer, je weniger sie auf eine Erwiederung ihrer Leidenschaft hoffen durfte. Hätt’ er den leisesten Argwohn gegen seinen Bruder gehegt, so würde er ihn auf der Stelle getödtet haben. Bartja war unschuldig an seiner Täuschung und seinem Unglück; aber er war die Ursache desselben, und darum stieg der alte Groll, welcher, kaum eingeschlummert, in seinem Herzen ruhte, von neuem, und wie jeder Rückfall gefährlicher ist als die erste Krankheit, mit doppelter Heftigkeit in ihm empor.

      Er sann und sann und wußte nicht, wie er das falsche Weib bestrafen sollte. Ihr Tod befriedigte nicht seine Rache; er wollte ihr Schlimmeres anthun!

      Sollte er sie in Schmach und Schande nach Aegypten zurückschicken? O nein! Sie liebte ja ihre Heimath und würde dort von ihren Eltern mit offenen Armen empfangen worden sein. Sollt’ er, nachdem sie ihre Schuld gestanden (denn das Geständniß zu erzwingen, war er fest entschlossen), die Treulose in einen einsamen Kerker verschließen oder sie, als Dienerin seiner Kebsweiber, dem Boges übergeben?

      Das war das Rechte! So wollt’ er die Treulose strafen, so wollt’ er die Heuchlerin, welche sich erlaubt hatte, ein frevelhaftes Spiel mit ihm zu treiben, und deren Anblick er doch nicht entbehren mochte, züchtigen.

      Dann sagte er sich: »Bartja muß fort von hier, denn Feuer und Wasser kommen eher zusammen, als dieses Glückskind und ich beklagenswerter Mann. Seine Nachkommen werden sich einst in meine Schätze theilen und diese Krone tragen; aber noch bin ich König und will beweisen, daß ich’s bin!«

      Der greise Vater des Darius erwiederte: »Mir scheint es, als wenn uns die Gesandten der Nomaden keine Wahl gelassen hätten. Gegen menschenleere Steppen können wir nicht zu Felde ziehen; weil aber unsere Heere einmal gerüstet sind und unsere Schwerter schon zu lange geruht haben, so brauchen wir einen Krieg. Um diesen führen zu können, fehlt uns nichts als einige kräftige Feinde, und sich Feinde zu machen ist die leichteste Arbeit, die ich kenne!«

      Die Perser brachen bei diesen Worten in lauten Jubel aus; Krösus aber ergriff, als der Lärm verstummte, das Wort und sprach: »Du bist ein Greis, wie ich, Hystaspes; aber als ächter Perser wähnst Du nur in Schlachten und Kämpfen glücklich sein zu können. Der Stab, einst das Zeichen Deiner Feldherrnwürde, ist jetzt Deine Stütze; dennoch redest Du gleich einem heißblütigen Jünglinge! Feinde, das geb’ ich zu, sind leicht gefunden; aber nur Thoren bemühen sich, solche mit Gewalt zu erwerben. Wer sich muthwilligerweise Feinde verschafft, gleicht einem Frevler, welcher sich selbst verstümmelt. Haben wir Feinde, dann ziemt sich’s gegen sie zu kämpfen, wie es sich für den Weisen schickt, dem Unglücke eine feste Stirn entgegen zu setzen! Laßt uns keinen Frevel begehen, meine Freunde, und keinen ungerechten, den Göttern verhaßten Krieg beginnen, sondern warten, bis man uns ein Unrecht zufügt, und dann mit dem Bewußtsein, wegen einer gerechten Sache in den Kampf zu ziehen, siegen oder sterben.«

      Ein leises Murmeln des Beifalls, übertönt von dem Rufe: »Hystaspes hat das Rechte getroffen! Suchen wir einen Feind!« unterbrach die Rede des Greises.

      Der Botschafter Prexaspes, welcher nun das Wort erhielt, rief lachend: »Folgen wir den beiden edlen Greisen; dem Krösus, indem wir auf ein Unrecht, welches man uns zufügt, warten, dem Hystaspes, indem wir unsere Empfindlichkeit steigern und annehmen, daß Jeder, der sich nicht freudig ein Mitglied des großen Reiches unseres Vaters Cyrus nennen möchte, unter die Feinde der Perser zu zählen sei. Fragen wir z. B. bei den Indern an, ob sie stolz sein würden, Deinem Scepter zu gehorchen, Kambyses. Sagen sie nein, dann lieben sie uns nicht, und wer uns nicht liebt, der ist eben unser Feind!«

      »Nichts da!« rief Zopyrus. »Wir müssen Krieg haben um jeden Preis!«

      »Ich stimme für Krösus,« rief Gobryas.

      »Ich auch!« der edle Artabazus.

      »Wir sind für Hystaspes,« schrieen der Held Araspes, der greise Intaphernes und andere alte Waffengefährten des Cyrus.

      »Keinen Krieg gegen die Massageten, welche uns fliehen, aber Krieg um jeden Preis!« brüllte der Feldherr Megabyzus, der Vater des Zopyrus, mit seiner schweren Faust auf die Tafel schlagend, daß die goldenen Gefässe an einander klirrten und mehrere Becher umfielen.

      »Keinen Krieg gegen die Massageten, an denen Cyrus von den Göttern selbst gerächt wurde,« sagte der Oberpriester Oropastes.

      »Krieg! Krieg!« brüllten die trunkenen Perser in wildem Durcheinander.

      Kalt und ruhig ließ Kambyses einige Zeit lang die ungezügelte Begeisterung seiner Streiter toben; dann erhob er sich von seinem Sitze und rief mit donnernder Stimme. »Schweigt und hört euren König!«

      Wie ein Zauberschlag wirkten diese Worte auf die berauschte Schaar. Selbst der Trunkenste gehorchte in unbewußtem Gehorsam dem Befehle seines Herrschers, welcher, seine Stimme senkend, fortfuhr: »Ich


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