Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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heilloser Perser, der lange in Aegypten gewesen und mit mir gereist ist, hat ihnen Alles mitgetheilt, was uns verunreinigt422. Als ich mich scheeren wollte, nahmen sie mir das Messer fort. Eine nichtswürdige Dirne küßte mich, eh’ ich mich dessen versah, auf die Stirn. Du brauchst nicht zu lachen! Ich bedarf wenigstens eines Monats, um mich von all’ diesen Befleckungen zu säubern. Als endlich das Brechmittel, welches ich genommen, seine Wirkung that, verhöhnten sie mich. Aber das war noch nicht Alles. Ein verwünschter Küchenjunge schlug in meiner Gegenwart ein heiliges Kätzchen halb zu Tode. Ein Salbenreiber, der erfahren hatte, daß ich Dein Diener sei, ließ mich durch denselben verruchten Bubares, mit dem ich hergekommen, fragen, ob ich mich auch auf Augenheilkunde verstehe? Ich habe diese Frage vielleicht bejaht; denn, weißt Du, in sechzig Jahren sieht man seinem Herrn schon etwas ab. Da klagt mir der elende Mensch, Bubares verdolmetschte mir Alles, daß er sich wegen eines schrecklichen Uebels an seinen Augen beunruhige. Als ich ihn frage, worin dies bestehe, läßt er mir antworten, daß er im Dunkeln nichts zu erkennen vermöge!«

      »Du hättest ihm antworten sollen, das einzige Mittel gegen diese Krankheit sei, Licht anzustecken!«

      »O, wie ich diese Bösewichter hasse! Wenn ich noch eine Stunde lang bei ihnen bleiben muß, so gehe ich zu Grunde!«

      »Dacht’ ich’s doch! Auch er hat sich verändert! Osiris ist todt und Seth herrscht wieder auf Erden!«

      »Gehab’ Dich wohl! Wenn das Siebengestirn aufgeht, so erwartet Dich der Sklave Pianchi, unser alter Aethiopier, an dieser selben Stelle.«

      »Pianchi, der alte Spitzbube, den ich nicht sehen mag?«

      »Derselbe!«

      »Hm, ’s ist immer noch was Gutes, wenn man bleibt wie man war. Ich kenne freilich Leute, die das nicht gerade von sich sagen können, die, statt sich auf ihre Kunst zu beschränken, auch innere Krankheiten heilen wollen, die einem alten treuen Diener . . .«

      »Befehlen seinen Mund zu halten und den Abend in Geduld zu erwarten.«

      Diese letzten mit Ernst gesprochenen Worte verfehlten ihren Eindruck auf den Alten keineswegs. Er verneigte sich und sagte, ehe sein Herr ihn verließ: »Ich bin unter dem Schutze des früheren Söldnerobersten Phanes hieher gekommen. Er hat dringend mit Dir zu sprechen.«

      »Das ist seine Sache; er möge mich aufsuchen!«

      »Du steckst ja den ganzen Tag bei dieser Kranken, deren Augen so gesund sind . . .«

      »Hib!!«

      »Meinetwegen mag sie den Staar auf beiden haben! Darf Phanes heut’ Abend mit mir kommen?«

      »Ich wünschte mit Dir allein zu sprechen.«

      »Und ich mit Dir; der Hellene scheint aber sehr eilig zu sein und weiß fast Alles, was ich Dir zu erzählen habe.«

      »Hast Du geplaudert?«

      »Das gerade nicht, aber . . .«

      »Mein Vater rühmte Deine Treue und ich hielt Dich bis heute für zuverlässig und verschwiegen.«

      »Das war ich auch immer. Dieser Hellene wußte aber schon viel von dem, was ich weiß, und das Andere . . .«

      »Nun?«

      »Das Andere hat er aus mir herausgeholt, ich weiß selbst nicht wie! Trüge ich nicht dies Amulet gegen den bösen Blick, so müßte . . .«

      »Ich kenne den Athener und verzeihe Dir! Es würde mir lieb sein, wenn er Dich heut’ Abend begleitete. Wie hoch die Sonne schon steht! Die Zeit drängt! So erzähle in kurzen Worten, was sich zugetragen hat . . .«

      »Ich denke, heut’ Abend . . .«

      »Nein, ich muß wenigstens eine allgemeine Kenntniß von dem Vorgefallenen haben, eh’ ich mit dem Athener rede. Mach’ es kurz!«

      »Du bist bestohlen worden.«

      »Weiter nichts?«

      »Wenn Du das nichts nennst.«

      »Antworte! Weiter nichts?«

      »Nein!«

      »Dann lebe wohl!«

      »Aber, Nebenchari . . .«

      Der Augenarzt hörte diesen Ruf nicht mehr, denn schon hatte sich die Pforte, welche zu dem Hause der Weiber des Königs führte, hinter ihm geschlossen.

      Als das Siebengestirn aufgegangen war, saß Nebenchari in einem der prächtigen Zimmer, die er auf der östlichen Seite des Palastes, unweit der Wohnung Kassandane’s, inne hatte. Die Freundlichkeit, mit der er seinem alten Diener begegnet war, hatte wieder jenem Ernste Platz gemacht, der ihn unter den leichtblütigen Persern in den Ruf eines finsteren Griesgrams brachte.

      Er war ein ächter Aegypter, ein ächtes Kind jener Priesterkaste, deren Mitglieder selbst in ihrer Heimath, sobald sie sich öffentlich zeigten, feierlich und würdevoll einherzugehen und niemals zu scherzen pflegten, während sie im Kreise ihrer Genossen und Familie den selbstauferlegten Zwang abschüttelten und heiter bis zur Unbändigkeit sein konnten.

      Nebenchari empfing Phanes mit kalter Höflichkeit, obgleich er ihn von Sais her kannte, und befahl dem alten Hib nach einer kurzen Begrüßung, ihn mit dem Obersten allein zu lassen.

      »Ich habe Dich aufgesucht,« begann der Athener in ägyptischer Sprache, deren er vollkommen mächtig war, »weil ich wichtige Dinge mit Dir besprechen muß . . .«

      »Von denen ich unterrichtet bin!« lautete die kurze Antwort des Arztes.

      »Das möchte ich bezweifeln,« erwiederte Phanes mit ungläubigem Lächeln.

      »Du bist aus Ägypten verjagt, von Psamtik, dem Thronerben, bitter verfolgt und gekränkt worden, und kommst jetzt nach Persien, um Kambyses zum Werkzeuge Deiner Rache gegen mein Vaterland zu machen.«

      »Du irrst! Deinem Vaterlande schulde ich nichts; desto mehr habe ich jedoch dem Hause des Amasis heimzuzahlen.«

      »Du weißt, daß in Ägypten Staat und König Eins sind.«

      »Ich glaube vielmehr die andere Bemerkung gemacht zu haben, daß sich die Priester Deiner Heimath gern dem Staate gleichsetzen.«

      »So bist Du besser unterrichtet als ich. Ich hielt bis dahin die ägyptischen Könige für unbeschränkt.«

      »Das sind sie, soweit sie sich dem Einflusse Deiner Standesgenossen zu entheben verstehen. – Auch Amasis beugt sich jetzt vor den Priestern.«

      »Seltsame Neuigkeit!«

      »Die man Dir längst mitgetheilt haben wird.«

      »Meinst Du?«

      »Ganz bestimmt! Aber noch bestimmter weiß ich, daß es Amasis einmal, hörst Du, einmal gelungen ist, den Willen seiner Lenker dem seinigen unterzuordnen.«

      »Ich erfahre nur wenig aus der Heimath und weiß nicht, was Du meinst.«

      »Das glaube ich; denn wenn Du es wüßtest und balltest jetzt nicht Deine Fäuste, dann wärest Du nicht besser als ein Hund, der sich winselnd treten läßt und seinem Quäler die Hände leckt!«

      Der Arzt erbleichte bei diesen Worten und sagte: »Ich weiß, daß ich von Amasis beleidigt worden bin; bitte Dich aber, zu bemerken, daß ich die Rache für ein zu süßes Gericht halte, um es mit einem Fremden theilen zu mögen!«

      »Wohlgesprochen! Was aber meine Rache anbetrifft, so vergleiche ich sie mit einem Weinberge, der so voll ist, daß ich ihn nicht


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