Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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      7 Zuerst schreckte sie das von allen Seiten widerhallende Geschrei; dann kamen Pfeile aus allen Gegenden geflogen; und wie sie, als die Etrusker sich schlossen, schon von einem zusammenhängenden Heerhaufen umringt waren, sahen sie, je stärker der Feind eindrang, sich ebenfalls gezwungen, einen viel engeren Kreis zu schließen. 8 Dadurch wurde zugleich ihre geringe Anzahl und die Menge der Etrusker viel sichtbarer, bei denen sich auf dem engen Raum die Zahl der Glieder vervielfachte. 9 Folglich wandten sich die Fabier, mit Aufhebung des Kampfes, den sie gegen alle Seiten zugleich angefangen hatten, zusammen auf einen Punkt. Gegen diesen mit Körper und Waffen andrängend, erbrachen sie sich im Keil einen Ausweg. 10 Er führte sie auf einen sanft ansteigenden Hügel. Hier hielten sie zuerst wieder stand, und kaum dass ihnen der höhere Ort von neuem Atem zu schöpfen gestattete und von einer so großen Bestürzung sich zu erholen, schlugen sie auch die Heraufrückenden zurück, und von ihrem Standort begünstigt hätten die Wenigen gesiegt, hätten nicht die Vejenter durch Umgehung des Hügels den Gipfel erstiegen. 11 So bekam der Feind von Neuem die Oberhand.

      Die Fabier wurden alle bis auf den letzten Mann niedergemacht und ihre Verschanzung genommen. Man stimmt darin überein, dass ihrer 306 gefallen sind und nur ein einziger, der noch nicht völlig erwachsen war, übrig blieb, der Stammhalter des Fabischen Geschlechts, das dazu bestimmt war, in misslicher Lage von innen und außen dem römischen Volke mehr als einmal dessen größte Stütze zu werden.

      (51) Als diese Niederlage die Römer traf, waren schon Caius Horatius und Titus Menenius Konsuln. Gegen die auf ihren Sieg stolzen Tusker wurde sogleich Menenius abgesandt. 2 Auch diesmal fiel die Schlacht unglücklich aus, und die Feinde eroberten das Janiculum; ja die Stadt, die außer dem Krieg noch durch Hungersnot litt, wäre eingeschlossen worden – denn die Etrusker wären über den Tiber gegangen –, hätte man nicht den Konsul Horatius aus dem Volskerland zurückgerufen. Und dieser Krieg kam den Mauern selbst so nahe, dass man sich zuerst beim Tempel der Hoffnung schlug, und zwar mit gleichem Glück, dann am Collinischen Tor. 3 War hier gleich auf Seiten der Römer der Vorteil nur unbedeutend, so machte doch dies Treffen die Soldaten, denen es ihren alten Mut wiedergab, für künftige Schlachten tauglicher.

      4 Aulus Verginius und Spurius Servilius wurden Konsuln. Nach der Niederlage in der letzten Schlacht vermieden die Vejenter ein Treffen. Doch plünderten sie und machten wie von einer Burg herab vom Janiculum nach allen Seiten Ausfälle ins römische Gebiet, nirgends waren die Herden und die Landleute sicher. 5 Endlich wurden sie durch dieselbe List gefangen, womit sie die Fabier gefangen hatten. Als sie den Herden nachsetzten, die ihnen absichtlich hier und dort zur Lockspeise vorgetrieben wurden, gerieten sie in einen Hinterhalt. 6 Je zahlreicher sie waren, desto mehr wurden von ihnen zusammengehauen.

      Ihre wütende Erbitterung über diesen Verlust war die Veranlassung und Einleitung zu einer noch größeren Niederlage. Sie setzten nämlich bei Nacht über den Tiber und wagten es, das Lager des Konsuls Servilius anzugreifen. Mit großem Verlust zurückgeschlagen, retteten sie sich mit knapper Not in das Janiculum.

      7 Sogleich setzte der Konsul ebenfalls über die Tiber und schlug unten am Janiculum ein festes Lager auf. Freilich auch durch sein Glück im gestrigen Treffen tollkühn gemacht, mehr aber noch, weil ihn der Mangel an Lebensmitteln zu verwegenen Entschlüssen verleitete – mochten sie gewagt sein, wenn sie nur schneller wirkten –, 8 ließ er sein Heer auf gut Glück gerade zum Janiculum bergauf vor das feindliche Lager rücken, und schimpflicher zurückgeschlagen als tags zuvor die Feinde von ihm, verdankte er seine und seines Heeres Rettung dem Einschreiten seines Amtsgenossen. 9 Hier wurden die Etrusker zwischen zwei Heeren, denen sie abwechselnd den Rücken kehrten, sämtlich niedergehauen. So beendete ein glückliches Wagnis den Vejentischen Krieg.

      (52) Mit dem Frieden bekam die Stadt auch wieder einen größeren Vorrat an Getreide, teils weil man aus Kampanien Zufuhr von Getreide hatte, teils weil jeder, sobald die Furcht vor künftigem eigenen Mangel schwand, seine verborgenen Vorräte auftat. 2 Nun stellte sich bei Überfluss und Ruhe der Übermut wieder ein, und man trieb die alten Übel, weil es von außen daran gebrach, im Inneren wieder auf. Durch ihr Zaubermittel, den Vorschlag der Landverteilung, setzten die Tribunen den Bürgerstand in Bewegung, hetzten ihn dann auf die sich widersetzenden Väter, und nicht bloß gegen die Gesamtheit, sondern auch gegen einzelne. 3 Quintus Considius und Titus Genucius, die Erneuerer des Vorschlages, die Äcker zu teilen, luden den Titus Menenius vor Gericht. Sie machten ihm einen Vorwurf aus dem Verlust des Postens an der Cremera, weil er als Konsul nicht weit davon sein Lager gehabt habe. 4 Dies brachte ihm den Untergang. Da sich die Väter für ihn ebenso eifrig bemühten wie für Coriolanus, auch die Liebe für seinen Vater Agrippa noch nicht erloschen war, 5 milderten die Tribunen die Strafe. Obgleich sie ihn auf Leben und Tod angeklagt hatten, legten sie ihm dennoch, als er verurteilt wurde, eine Geldstrafe von 2000 Kupfer-As auf. Dies brachte ihm den Tod. Man sagt, er erlag dem Schimpf und Gram; er verfiel in eine Krankheit und starb.

      6 Ein neuer Angeklagter, Spurius Servilius, dem die Tribunen Lucius Caedicius und Titus Statius, sobald er vom Konsulat abging, unter den Konsuln Caius Nautius und Publius Valerius gleich im Anfang des Jahres vor Gericht luden, stellte den tribunizischen Angriffen nicht, wie Menenius, seine eigenen oder der Väter Bitten entgegen, sondern ein dreistes Vertrauen auf seine Unschuld und seinen guten Namen. 7 Auch ihm legte man die Schlacht mit den Tuskern am Janiculum zur Last. Er aber, ebenso wie vorhin bei der Gefahr des Staates, jetzt in seiner eigenen der Mann von glühendem Mut, verscheuchte die Gefahr durch seine Kühnheit, indem er nicht bloß die Tribunen, sondern den ganzen Bürgerstand in einer Rede voll Feuer zu Paaren trieb und ihnen die Verurteilung und den Tod des Titus Menenius vorwarf, da es doch das Werk seines Vaters sei, dass die Bürgerlichen, einst von ihm in die Stadt wieder eingesetzt, gerade diese Obrigkeit, durch die sie jetzt so unbändig wären, und diese gesetzlichen Vorrechte bekommen hätten. 8 Zugleich unterstützte ihn sein Mitkonsul Verginius als vorgeführter Zeuge dadurch, dass er ihn an seinem eigenen Ruhm teilnehmen ließ; noch mehr aber kam ihm die Verurteilung des Menenius zustatten: So ganz anders dachte man über diesen jetzt.

      (53) Die inneren Streitigkeiten hatten ein Ende. Da brach ein Krieg mit den Vejentern aus, mit denen sich die Sabiner vereinigt hatten. Der Konsul Valerius, der nach Einberufung der Hilfstruppen aus den Latinern und Hernikern mit einem Heer nach Veji geschickt wurde, griff das Lager, welches die Sabiner vor den Mauern ihrer Bundesgenossenstadt aufgeschlagen hatten, sogleich an und machte dadurch ihre Verwirrung so allgemein, dass er, während sie zerstreut in Scharen aus allen Toren stürzten, um den Feind zu vertreiben, sich des Tores, auf welches er den ersten Angriff gemacht hatte, bemächtigte. 2 Nun erfolgte im Lager selbst mehr ein Gemetzel als ein Kampf. Aus dem Lager drang das Getümmel in die Stadt, und mit einer Bestürzung, als wäre Veji schon erobert, liefen die Vejenter zu den Waffen. Ein Teil zog den Sabinern zu Hilfe, ein anderer griff die Römer an, die mit ganzer Macht das Lager stürmten. 3 Jetzt mussten sie dies eine Zeitlang aufgeben und kamen aus der Ordnung. Bald aber wandten auch sie sich gegen beide Teile und leisteten Widerstand, und die vom Konsul auf den Feind gesandte Reiterei schlug die Tusker völlig. So gab ein entscheidender Augenblick den Sieg über zwei Heere und die beiden mächtigsten und größten Nachbarstaaten.

      4 Während dieser Vorfälle bei Veji hatten sich die Volsker und Aequer im Latinerland gelagert und dort geplündert. Die Latiner nahmen, ohne einen Feldherrn oder Hilfe von Rom abzuwarten, ihnen mit Hilfe der Herniker ihr Lager ab 5 und fanden hier außer ihrem wiedergewonnenen Eigentum große Beute. Dennoch schickte man von Rom den Konsul Caius Nautius gegen die Volsker. Ich glaube, man wollte es nicht zur Sitte werden lassen, dass die Bundesgenossen ohne einen römischen Führer und Heer aus eigener Macht und nach ihren Plänen Kriege führten. 6 Aller nur mögliche Schaden und Hohn wurde den Volskern angetan, und doch konnte man sie nicht dahin bringen, eine Schlacht zu wagen.

      (54) Darauf wurden Lucius Furius und Caius Manlius Konsuln. Dem Manlius bestimmte das Los die Vejenter; doch kam es nicht zum Krieg. Auf ihre Bitte wurde ihnen ein Waffenstillstand auf vierzig Jahre bewilligt und eine Lieferung von Getreide und Geld auferlegt.

      2 An den Frieden von außen reihte sich sogleich der Zwist im Innern, von den Tribunen durch den Vorschlag der Landverteilungen angetrieben, war der Bürgerstand in Aufruhr. Die Konsuln, ohne sich im Geringsten durch die Verurteilung des Menenius oder die Gefahr des Servilius abschrecken zu lassen, widersetzten sich mit allen Kräften.


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