Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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lassen, so hätte man nicht bestehen können. Dann wäre er mit dem Tod der beiden Konsuln, während die Bürger krank gelegen hätten, und so schon alles zusammengestürzt sei, mit seinen Vorschlägen aufgetreten, die konsularische Regierung auszurotten, hätte den Aequern und Volskern im Angriff auf die Stadt zum Führer gedient. 9 Was verlange er noch mehr? Ob es ihm nicht freistehe, wenn ja die Konsuln irgendeinen Bürger mit Härte oder Grausamkeit behandelten, ihnen einen Klagetag zu bestimmen und sie selbst vor dem Richterstuhl derer anzuklagen, aus deren Mitte der Beleidigte sei. 10 Der Mensch mache nicht die Regierung der Konsuln gehässig und unerträglich, sondern die Macht der Tribunen, die er jetzt von Neuem aus ihrer Ruhe und Verträglichkeit mit den Vätern in ihre alten Leiden zurückführe. Er wolle ihn nicht bitten; er solle fortfahren, wie er begonnen. – 11 Euch, ihr übrigen Tribunen, sprach Fabius weiter, euch bitten wir, vor allen Dingen zu bedenken, dass euer Amt eingerichtet wurde, einzelnen beizustehen, nicht, alle zu verderben, dass man in euch Tribunen für die Bürger, nicht den Vätern Feinde aufstellte. 12 Für uns ist es ein Unglück, für euch ein Vorwurf, wenn der Staat in seiner Verwaisung angegriffen wird. Nicht euer Recht, nein, der Hass gegen euch wird sich mindern, sprecht mit eurem Amtsgenossen, dass er die Sache unentschieden bis zur Ankunft der Konsuln aussetze. Selbst Aequer und Volsker verfolgten ihren Krieg gegen uns, als die Konsuln im vorigen Jahr die Seuche wegraffte, nicht bis zur Grausamkeit und Unmenschlichkeit.

      13 Die Tribunen besprachen sich mit Terentilius; und als man die Verhandlung zum Schein verschoben, im Grunde aber aufgehoben hatte, ließ man sogleich die Konsuln herbeirufen.

      (10) Lucretius kehrte mit ungeheurer Beute und weit größerem Ruhm heim und erhöhte diesen Ruhm bei seiner Ankunft dadurch, dass er die ganze Beute auf dem Marsfeld ausstellen ließ, so dass jeder sein Eigentum, wenn er es binnen drei Tagen ausfindig machte, an sich nehmen konnte. Was keinen Herrn fand, wurde verkauft. 2 Einstimmig gebührte dem Konsul der Triumph; allein die Sache wurde verschoben, weil der Tribun mit seinem Vorschlag auftrat. Dies hielt der Konsul für wichtiger. 3 Mehrere Tage lang dauerten die Verhandlungen darüber im Senat und vor dem Volk. Endlich ließ der Tribun aus Achtung vor dem allgemein verehrten Konsul die Sache fallen. Und nun ließ man dem Feldherrn und dem Heer die ihnen gebührende Ehre widerfahren. 4 Er triumphierte über die Volsker und Aequer, und seinem Wagen folgten seine Legionen. Dem andern Konsul bewilligte man den Einzug in die Stadt im kleinen Triumph ohne Soldaten. 5 Im folgenden Jahr machte der Terentilische Vorschlag, von allen Tribunen wieder zur Sprache gebracht, den neuen Konsuln zu schaffen. Diese waren Publius Volumnius und Servius Sulpicius. 6 In diesem Jahr sah man den Himmel in Feuer; es gab eine starke Erderschütterung, ein Ochse habe geredet; was man im vorigen Jahr nicht hatte glauben wollen, glaubte man diesmal. Unter anderen Wunderzeichen regnete es auch Fleisch. Diesen Regen, heißt es, habe eine große Schar darin herumschwärmender Vögel weggeschnappt; was aber niederfiel, habe mehrere Tage allenthalben gelegen, ohne den Geruch im Mindesten zu verändern. 7 Die mit der Einsicht der Heiligen Bücher39 betrauten Zweimänner müssten diese einsehen, sie verkündeten Gefahr von einer Zusammenrottung von Fremdlingen, einen Angriff auf die höchsten Plätze der Stadt und ein Blutvergießen von da herab. Unter anderen warnten sie auch vor aller inneren Uneinigkeit.

      Schon gaben die Tribunen die Erklärung ab, dies sei so eingeleitet, um ihren Vorschlag zu hintertreiben, und man sah einem heftigen Kampf entgegen, 8 als von den Hernikern – als sollte man sich jahraus jahrein in gleichem Kreis drehen – die Nachricht einlief, die Volsker und Aequer, so geschwächt sie wären, machten ihre Heere vollzählig; zu ihrem Hauptpunkt hätten sie Antium gemacht; die Siedler aus Antium hielten öffentlich zu Ecetra Versammlungen; sie wären die Anstifter, sie die Hauptmacht dieses Krieges.

      9 Auf diese im Senat vorgebrachten Meldungen wurde eine Werbung anbefohlen und die Konsuln beauftragt, die Führung des Krieges zu teilen, so dass der eine die Volsker, der andere die Aequer übernähme.

      10 Die Tribunen riefen laut öffentlich auf dem Markt allen Leuten in die Ohren, der Volskische Krieg sei eine verabredete Sache, und die Herniker seien immer bereit, ihre Rolle zu spielen. Jetzt wende man schon nicht mehr zur Bedrückung der römischen Freiheit Kraft an, sondern vernichte sie durch einen Kniff. 11 Weil es keinen Glauben mehr finde, dass die beinahe aufgeriebenen Volsker und Aequer imstande sein sollten, als Angreifende den Krieg zu erneuern, so sähen sich die Väter nach neuen Feinden um und brächten eine treue, nahe gelegene Kolonie in üblen Ruf. Angekündigt werde der Krieg den unschuldigen Antiaten, 12 geführt mit dem römischen Bürgerstand, den sie mit Waffen belastet in jähem Zug zur Stadt hinaustreiben wollten, um sich durch diese Austreibung und Verbannung ihrer Mitbürger an den Tribunen zu rächen. 13 Alsdann sei es – und man möge nicht glauben, dass sie etwas anderes dadurch bezweckten – um das Gesetz geschehen, wenn man nicht beizeiten, solange die Bürger noch zu Hause, noch in der Toga wären, Vorkehrungen treffe, sich nicht aus der Stadt vertreiben noch das Joch aufladen zu lassen. 14 Wenn sie Mut hätten, solle es an Hilfe nicht fehlen. Alle Tribunen wären einig, von außen seien kein Schrecken und keine Gefahr zu fürchten, schon im vorigen Jahr hätten die Götter dafür gesorgt, dass die Freiheit sicher verteidigt werden könne, so die Tribunen.

      (11) Gegenüber hatten sich die Konsuln ihre Sessel hinstellen lassen und fingen vor den Augen der Tribunen die Werbung an. Diese kamen dahin gestürzt und brachten die ganze Versammlung mit sich. Wie zum Versuch wurden einige aufgerufen, und sogleich kam es zu Gewalttätigkeiten. 2 Legte der Liktor auf Befehl des Konsuls Hand an einen, so befahl der Tribun, ihn loszulassen, und niemand beschränkte sich auf sein Recht, sondern man musste sich zur Erreichung seines Zweckes auf seine Stärke und seine Faust verlassen.

      3 Hatten sich so die Tribunen benommen, um die Werbung zu vereiteln, so benahmen sich die Väter ebenso, das Gesetz zu vereiteln, das an jedem Versammlungstag vorgebracht wurde. 4 Der Streit begann, als die Tribunen das Volk abtreten hießen, weil die Väter sich nicht wegtreiben lassen wollten. Von den Älteren mischte sich niemand ein, denn es galt hier keine kluge Leitung, sondern dreistes Wagen und Kühnheit entschieden. 5 Auch die Konsuln zogen sich sehr zurück, um nicht in der allgemeinen Unordnung ihre Hoheit einer Beschimpfung auszusetzen. 6 Einem jungen Quinctius, mit Vornamen Kaeso, gab teils seine hohe Geburt, teils seine Körpergröße und Stärke viele Überlegenheit. Über diese von den Göttern ihm verliehenen Vorzüge waren viele Ehrentaten im Krieg und Beredsamkeit vor Gericht sein erworbenes Verdienst, so dass er als der beredtste und tapferste Mann im Staat galt. 7 Wenn er umgeben von einer Schar Patrizier dastand, so bot er allein, alle überragend, als wären mit seiner Stimme und stärke alle Diktaturen und Konsulate sein, den Angriffen der Tribunen und den Stürmen des Volkes Trotz. 8 Unter seiner Anführung wurden die Tribunen mehrmals vom Markt gejagt und die Bürgerlichen zerstreut und vertrieben. Wer ihm entgegentrat, zog mit Schlägen und zerrissenen Kleidern ab, so dass es klar war, es sei, wenn ein solches Verfahren gelte, um das Gesetz geschehen.

      9 Da setzte einer von den Tribunen, die fast schon mutlos waren, Aulus Verginius, dem Kaeso eine Klage auf Leib und Leben an. Den Feuergeist erbitterte er dadurch mehr, als dass er ihn schreckte; und um so eifriger bekämpfte dieser das Gesetz, jagte die Bürgerlichen aller Orten und führte seinen Krieg gegen die Tribunen, als habe er nun ein Recht dazu. 10 Der Kläger sah es gern, dass der Beklagte seinem Sturz entgegeneilte, den Volksmasse zur Flamme auflodern und ihn selbst Stoff zu Beschuldigungen finden ließ; indessen brachte er das Gesetz wieder in Anregung, nicht so sehr in der Hoffnung, es durchzusetzen, als die Unbesonnenheit des Kaeso zu reizen. 11 Und da fielen manche unüberlegte Äußerungen und Handlungen der Jüngeren allein dem verdächtigen Feuerkopf des Kaeso zur Last, gleichwohl ging das Gesetz nicht durch. 12 Auch sagte Aulus Verginius den Bürgern mehr als einmal: Merkt ihr es denn nun endlich, ihr Quiriten, dass ihr einen Bürger Kaeso und das gewünschte Gesetz nicht zugleich haben könnt? 13 Doch was sage ich von dem Gesetz? Er verträgt sich nicht mit eurer Freiheit; an Übermut lässt er alle Tarquinier hinter sich. Wartet nur, bis der einmal Konsul oder Diktator ist, den ihr schon im Privatstand durch seine Kraft und Kühnheit den König spielen seht. Ihm stimmten viele von denen bei, die sich über Misshandlung zu beklagen hatten, und sie drangen sogar in den Tribunen, die Klage zu betreiben.

      (12) Der Tag des Gerichts erschien, und wie man sah, glaubte man allgemein, dass auf der Verurteilung des Kaeso die Freiheit beruhe. Da sah er sich endlich gezwungen, mit vieler Demütigung einem nach dem andern die Hand zu drücken, und seine Verwandten,


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