Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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Fabius Vibulanus und Lucius Cornelius Maluginensis wurden zu Konsuln gewählt, jener zum dritten Mal. In diesem Jahre wurde die Schätzung gehalten; allein das Schätzungsopfer zu vollziehen trug man Bedenken, weil das Kapitol erobert gewesen und ein Konsul gefallen war.

      (22) Unter den Konsuln Quintus Fabius und Lucius Cornelius gab es gleich im Anfang des Jahres Unruhen. 2 Die Tribunen hetzten das Volk auf. Nach Aussagen der Latiner und Herniker drohte ein schwerer Krieg mit den Volskern und Aequern. Die Legionen der Volsker stünden schon vor Antium. Selbst den Abfall dieser Kolonie fürchtete man sehr und konnte doch nur mit Mühe von den Tribunen erlangen, dass sie den Krieg allem vorgehen ließen. 3 Nun teilten die Konsuln die Geschäfte. Fabius bekam den Auftrag, die Legionen nach Antium zu führen, Cornelius, Rom zu decken, damit nicht ein Teil der Feinde nach der Sitte der Aequer zum Plündern ausziehe. 4 Die Herniker und Latiner müssten vertragsmäßig Soldaten stellen, und so bestanden zwei Teile im Heer aus Bundesgenossen, der dritte aus Bürgern.

      Als die Bundesgenossen sich am festgesetzten Tag einstellten, bezog der Konsul vor dem Capenischen Tor ein Lager. Dann ging er nach Musterung seines Heeres nach Antium und lagerte sich nicht weit von der Stadt und dem feindlichen Standlager. 5 Da die Volsker, ohne sich in eine Schlacht einzulassen, weil das Heer der Aequer noch nicht zu ihnen gestoßen war, bloß Vorkehrungen trafen, sich ruhig hinter ihrem Wall zu verteidigen, führte Fabius am folgenden Tag sein Heer gegen den feindlichen Wall, aber nicht in einer aus Bundesgenossen und Bürgern gemischten, sondern in drei nach den drei Völkern abgesonderten Abteilungen. 6 Er selbst stand mit den römischen Legionen in der Mitte. Von dort aus hieß er alle das Zeichen erwarten, damit die Bundesgenossen zugleich mit ihm angreifen und, wenn er zum Rückzuge blasen ließe, abziehen könnten. Auch gab er jeder Abteilung ihre eigene Reiterei zum Hintertreffen. 7 So griff er das Lager von drei Seiten an, und da er von allen Seiten eindrang, warf er die seinem Einbruch weichenden Volsker vom Wall, überstieg die Verschanzungen und jagte den flüchtigen, nach einer Seite hinstürzenden Schwarm aus dem Lager. 8 Auf dieser ausgebreiteten Flucht kam die Reiterei, die bis dahin als Zuschauer des Kampfes dagestanden hatte, weil sie den Wall nicht so gut erstürmen konnte, in freiem Feld über sie und erntete durch das Gemetzel unter den Fliehenden ihren Anteil am Sieg. 9 Groß war die Niederlage sowohl im Lager als unter den Fliehenden außerhalb der Verschanzungen, noch größer die Beute, weil der Feind kaum seine Waffen mitnehmen konnte, und das Heer wäre aufgerieben worden, wenn nicht Wälder die Fliehenden gedeckt hätten.

      (23) Während dieser Vorgänge bei Antium eroberten die Aequer mit dem vorausgeschickten Kern ihrer Mannschaft die Burg zu Tuskulum durch einen nächtlichen Überfall und lagerten sich mit dem übrigen Heer, um die die Streitkräfte des Feindes zu teilen, vor Tuskulums Mauern. 2 Diese Nachricht, die schnell nach Rom und von dort ins Lager nach Antium drang, machte auf die Römer den Eindruck, als würde ihnen die Eroberung des Kapitols gemeldet, so neu war teils das Verdienst der Tuskulaner, teils schien selbst die Ähnlichkeit ihrer Gefahr eine Erwiderung der geleisteten Hilfe zu fordern. 3 Fabius, der alles andere aufgab, ließ die Beute aus dem Lager schleunig nach Antium bringen, stellte hier eine mäßige Besatzung an und marschierte in Eilmärschen nach Tuskulum. Der Soldat durfte nichts mitnehmen als die Waffen und was er an gekochter Speise vorrätig hatte. Die Zufuhr besorgte der Konsul Cornelius von Rom aus.

      4 Der Krieg vor Tuskulum dauerte mehrere Monate. Mit dem einen Teile seines Heeres bestürmte der Konsul das Lager der Aequer; den andern hatte er den Tuskulanern zur Wiedereroberung ihrer Burg gegeben. Hier im Sturme hinan zu kommen war nicht möglich. Zuletzt nötigte der Hunger die Feinde, herabzukommen. 5 Und als sie sich in der höchsten Not hierzu verstehen müssten, ließen die Tuskulaner sie sämtlich entwaffnet und entkleidet unter einem Jochgalgen abziehen. Als sie auf dieser schimpflichen Flucht ihrer Heimat zueilten, erreichte sie auf dem Algidus der römische Konsul und hieb sie zusammen. 6 Bei Columen – so hieß der Ort, wohin der Sieger sein Heer zurückführte – bezog er ein Lager. Nun rückte der andere Konsul, da für Roms Mauern nach Besiegung des Feindes die Gefahr beseitigt war, ebenfalls aus Rom. 7 Und so plünderten die Konsuln, die von zwei Seiten den Feinden ins Land fielen, dort die Volsker, hier die Aequer um die Wette.

      Bei den meisten Schriftstellern finde ich, dass die Antraten in diesem Jahr abgefallen seien. Indes wage ich nicht zu behaupten, dass der Konsul Lucius Cornelius diesen Krieg geführt und die Stadt erobert habe, da die älteren Geschichtsschreiber dies nicht erwähnen.

      (24) Nach Beendigung dieses Krieges schreckte zu Hause die Väter der Krieg mit den Tribunen. Diese schrieen, es geschehe aus böser Absicht, dass man das Heer so lange im Feld lasse, und es sei ein Kunstgriff, um das Gesetz aufzuheben; trotzdem wollten sie die angefangene Sache ausführen. 2 Dennoch bewirkte der Stadtpräfekt Lucius Lucretius, dass die Verhandlungen der Tribunen hierüber bis zur Ankunft der Konsuln vertagt wurden.

      3 Noch hatte sich eine neue Veranlassung zu Unruhen gefunden. Die Quästoren43 Aulus Cornelius und Quintus Servilius hatten den Marcus Volscius, weil er gegen Kaeso offenbar als falscher Zeuge aufgetreten sei, vor Gericht geladen. 4 Es ergab sich nämlich durch mehrere Aussagen einmal, dass des Volscius Bruder vom Anfang seiner Krankheit an sich nicht nur niemals wieder habe öffentlich sehen lassen, sondern nicht einmal von seiner Krankheit erstanden und an einer Monate dauernden Auszehrung gestorben sei, zum andern, 5 dass Kaeso in jener Zeit, welche der Zeuge seiner Beschuldigung unterlegte, nie in Rom gesehen sei, wobei diejenigen, welche zugleich mit ihm gedient hatten, versicherten, dass er damals mit ihnen immerfort ohne Urlaub zu nehmen unter der Fahne gestanden habe. Dass sich die Sache so verhalte, dies erboten sich viele auf ihre eigene Gefahr dem Volscius vor jedem Richter zu erweisen. 6 Da er es nun nicht wagte, sich einem Richter zu stellen, so ließen alle diese zusammentreffenden Umstände die Verurteilung des Volscius ebenso sicher erwarten wie früher die des Kaeso auf das Zeugnis des Volscius hin. 7 Doch hinderten diese die Tribunen durch die Erklärung, sie würden nicht zugeben, dass die Quästoren des Beklagten wegen einen Volkstag hielten, wenn nicht zuvor einer des Gesetzes wegen gehalten sei. So wurden beide Sachen bis zur Ankunft der Konsuln vertagt.

      8 Als nun diese triumphierend mit dem siegreichen Heer in die Stadt gezogen waren, glaubten viele, weil wegen des Gesetzes alles still blieb, die Tribunen hätten den Mut verloren. 9 Allein diese, die damit umgingen, zum vierten Mal Tribunen zu werden – denn es war schon am Ende des Jahres –, veranlassten statt des Streites über das Gesetz einen Zank über ihre Wahl. Und obgleich die Konsuln sich der Verlängerung des Tribunats mit nicht geringerem Eifer widersetzten, als geschähe jetzt der Antrag über jenen zur Herabsetzung ihrer Würde ausgehängten Vorschlag, blieb dennoch der Sieg in diesem Streit den Tribunen.

      10 Auch wurde in diesem Jahre den Aequern der erbetene Friede bewilligt. Die Schätzung, die im vorigen Jahr angefangen worden war, wurde beendet und mit einem Schätzungsopfer – dem zehnten seit Erbauung der Stadt – geschlossen. Geschätzt wurden 117 319 Bürger.

      11 Die Konsuln hatten sich in diesem Jahr im Frieden und im Krieg großen Ruhm erworben. Im Feld hatten sie Frieden erkämpft, im Innern war der Staat, wenn auch nicht einig, doch minder entzweit als sonst.

      (25) Die nun gewählten Konsuln, Lucius Minucius und Caius Nautius, fanden zwei aus vorigem Jahr rückständige Angelegenheiten vor. 2 Wie die Konsuln das Gesetz, so verhinderten die Tribunen das Verhör des Volscius; allein die neuen Quästoren waren Männer von mehr Kraft und Ansehen. 3 Mit Marcus Valerius, dem Sohn des Manius und Enkel des Volesus, war Titus Quinctius Capitolinus Quästor, der dreimal Konsul gewesen war. Dieser verfolgte, weil er die Quinctische Familie ihres Kaeso und den Staat seines vorzüglichsten jungen Mannes unwiederbringlich beraubt sah, den falschen Zeugen, der dem Unschuldigen die Selbstverteidigung vor Gericht unmöglich gemacht hatte, mit einem Krieg, welchen Gerechtigkeit und Vaterpflicht billigten. 4 Verginius hauptsächlich und die Tribunen betrieben die Behandlung des Gesetzes, und den Konsuln wurden zwei Monate Frist gegeben, um das Gesetz zu prüfen, dann aber auch das Volk, wenn sie es über die dabei beabsichtigten geheimen Ränke belehrt hätten, an der Abstimmung über dasselbe nicht zu hindern. Diese bewilligte Zwischenzeit bewirkte Ruhe in der Stadt.

      5 Allein eine dauernde Ruhe gestatteten die Aequer nicht. Sie brachen den im vorigen Jahr mit den Römern geschlossenen Frieden und übertrugen den Oberbefehl dem Gracchus Cloelius. Er war damals bei Weitem der angesehenste Aequer. 6 Unter Anführung des Gracchus fielen sie feindlich plündernd


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