Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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      (29) Nachdem er das Lager der Feinde in Besitz genommen hatte, wo sich alles im Überfluss fand – denn er hatte sie mit leeren Händen abziehen lassen –, gab er die ganze Beute nur seinen Soldaten. Das konsularische Heer und den Konsul selbst redete er mit dem Verweis an: 2 Dir gebührt kein Teil, Soldat, an der Beute von einem Feind, dem du beinahe zur Beute wurdest. Und du, Lucius Minucius, wirst, bis du anfängst, den Mut eines Konsuls zu haben, über diese Legionen Unterfeldherr sein. 3 Also legte Minucius sein Konsulat nieder und blieb auf Befehl beim Heer.

      So sehr war man damals geneigt, sich dem besseren Oberbefehl willig zu fügen, dass die Soldaten mehr der Wohltat als der Beschimpfung eingedenk, dem Diktator einen goldenen, ein Pfund schweren Kranz als Geschenk zuerkannten und ihm bei seinem Abzug als ihren Schirmherrn begrüßten.

      4 Zu Rom beschloss der vom Stadtpräfekt Quintus Fabius versammelte Senat, dass Quinctius in der Ordnung seines ankommenden Zuges triumphierend seinen Einzug in die Stadt halten solle. Vor dem Wagen her gingen die Feldherren der Feinde, die Fahnen wurden ihm vorangetragen, das mit Beute beladene Heer folgte ihm. 5 Vor jedem Haus soll ein Mahl zubereitet gewesen sein, und die Schmausenden schlossen sich unter Triumphliedern und den dabei üblichen Scherzen nach Art der schwärmenden Zecher dem Zug an. 6 An dem Tag wurde dem Tuskulaner Lucius Mamilius mit allgemeiner Zustimmung das Bürgerrecht verliehen.

      Der Diktator hätte sogleich sein Amt niedergelegt, hätte ihn nicht der dem falschen Zeugen Marcus Volscius angesetzte Gerichtstag davon abgehalten, den die Tribunen aus Furcht vor dem Diktator nicht hinderten. Der verurteilte Volscius ging nach Lanuvium in die Verbannung. 7 Quinctius legte die auf sechs Monate übernommene Diktatur am sechzehnten Tag nieder.

      In diesen Tagen errang der Konsul Nautius bei Eretum einen herrlichen Sieg über die Sabiner. Außer der Plünderung ihres Gebietes traf die Sabiner nun noch diese Niederlage. Auf den Algidus schickte man den Quintus Fabius als Nachfolger des Minucius.

      8 Am Ende des Jahres brachten die Tribunen das Gesetz wieder in Anregung; allein die Väter setzten es durch, dass in Abwesenheit beider Heere bei dem Volk kein Antrag gestellt werden sollte. Den Bürgerlichen gelang es, dieselben Tribunen zum fünften Mal zu wählen. 9 Auf dem Kapitol, heißt es, hätten sich Wölfe sehen lassen, welche von Hunden verfolgt wurden. Wegen dieses ungewöhnlichen Ereignisses soll das Kapitol durch ein Reinigungsopfer entsühnt worden sein. Dies sind die Begebenheiten dieses Jahres.

      (30) Es folgen die Konsuln Quintus Minucius und Caius Horatius Pulvillus. Obgleich im Anfang dieses Jahres von außen Ruhe war, erregten doch im Inneren dieselben Tribunen und dasselbe Gesetz Zwistigkeiten, 2 und man wäre hierin weitergegangen – so sehr ließ man sich von Leidenschaften hinreißen –, wäre nicht, gleichsam dazu bestellt, die Nachricht eingelaufen, dass die Aequer die Besatzung zu Corbio durch einen nächtlichen Überfall vernichtet hätten. 3 Die Konsuln beriefen den Senat und erhielten den Auftrag, ein Heer von eiligst Aufgebotenen zu werben und nach dem Algidus zu führen. Die Werbung veranlasste, sowie man den Streit über den Vorschlag ruhen ließ, eine neue Spannung. 4 Und unter dem Beistand der Tribunen hätte man sich des konsularischen Zwangsbefehls erwehrt, als eine neue Schreckensnachricht dazu kam: Ein Heer von Sabinern sei auf Plünderung ins römische Gebiet eingefallen und ziehe nun gegen die Stadt. 5 Diese Drohung bewog die Tribunen, die Aushebung der Soldaten geschehen zu lassen, doch nur unter der Bedingung, dass künftig, weil man sie fünf Jahre lang habe hinhalten können und der Bürgerstand an ihnen nicht Beschützer genug habe, zehn Volkstribunen gewählt werden sollten. 6 Die Not zwang den Vätern die Einwilligung ab; doch verlangten sie, dass man künftig nicht dieselben Tribunen wieder wählen solle. Die Tribunenwahl wurde sogleich gehalten, damit nicht auch dies, wie so manches andere, nach dem Krieg vereitelt würde. 7 36 Jahre nach den ersten Volkstribunen wurden zehn gewählt; aus jeder Klasse zwei;44 und so sollten sie auch künftig gewählt werden. 8 Nach gehaltener Aushebung zog Minucius gegen die Sabiner, fand aber keinen Feind. Horatius lieferte den Aequern, welche die Besatzung zu Corbio niedergemacht und nun auch Ortona erobert hatten, auf dem Algidus eine Schlacht, tötete eine Menge Menschen und vertrieb den Feind nicht bloß von Algidus, sondern auch aus Corbio und Ortona. Corbio, wo man die Besatzung verraten hatte, ließ er schleifen.

      (31) Darauf wurden Marcus Valerius und Spurius Verginius Konsuln, von innen und von außen war Ruhe. Überschwemmungen verursachten eine drückende Teuerung. Der Vorschlag, den Aventin zum Anbau freizugeben, wurde genehmigt. 2 Dieselben wiedergewählten Tribunen machten im folgenden Jahr unter den Konsuln Titus Romilius und Caius Veturius das Gesetz zum Gegenstand aller ihrer Volksreden. Sie sagten: Sie schämten sich ihrer vergeblich vermehrten Anzahl, wenn diese Sache während ihrer Amtszeit von zwei Jahren ebenso unvollendet bleibe, wie sie in den ganzen fünf Jahren vorher geblieben sei. 3 Gerade als sie dies so eifrig betrieben, meldeten Boten von Tuskulum in voller Bestürzung, die Aequer stünden in dem Gebiet von Tuskulum. Das neue Verdienst dieses Volkes machte, dass man sich schämte, mit der Hilfe zu zögern. Beide Konsuln wurden mit einem Heer hingeschickt und trafen den Feind an seiner gewöhnlichen Stelle auf dem Algidus. 4 Hier kam es zur Schlacht; über 7000 Feinde fielen, die anderen vertrieb man und machte große Beute. Wegen der Armut der Schatzkammer verkauften diese die Konsuln. Gleichwohl gereichte ihnen dies beim Heer zum Vorwurf und gab auch den Tribunen Stoff, die Konsuln beim Bürgerstand zu verleumden. Was geschah? 5 Sowie sie vom Amt abgingen, wurde unter den Konsuln Spurius Tarpejus und Aulus Aterius ein Tag zu ihrer Anklage festgesetzt, dem Romilius von dem Volkstribun Caius Claudius Cicero, dem Veturius von dem plebejische Ädil Lucius Alienus. 6 Beide wurden zum großen Verdruss der Väter verurteilt, Romilius zu 10 000 As, Veturius zu 15 000.

      Doch dieses Unglück der vorigen Konsuln machte die neuen nicht untätiger. Sie sagten, man könne auch sie verurteilen, und dennoch sollten Bürger und Tribunen das Gesetz nicht durchsetzen.

      7 Da machten die Tribunen unter Aufgabe des Gesetzes, das während seiner (langen) Ausstellung veraltet war, den Vätern glimpflichere Anträge. Sie möchten endlich den Streitigkeiten ein Ende machen. Wenn ihnen die Vorschläge von Bürgerlichen missfielen, dann möchten sie gemeinschaftlich aus den Bürgern und aus den Vätern Gesetzgeber wählen lassen, die nur das festzustellen hätten, was beiden Teilen nützlich sei und eine Ausgleichung der Freiheit bezwecke. 8 Die Väter verwarfen den Antrag nicht, behaupteten aber, nur entwerfen dürfe die Gesetze niemand als Väter. Als man über die Gesetzgebung einverstanden und nur noch über den Gesetzgeber uneinig war, schickte man den Spurius Postumius Albus, Aulus Manlius und Publius Sulpicius Camerinus als Gesandte nach Athen und trug ihnen auf, die berühmten Gesetze Solons abzuschreiben und sich mit den Einrichtungen, Gewohnheiten und Rechten anderer griechischer Staaten bekannt zu machen.

      (32) Vor auswärtigen Kriegen hatte dieses Jahr Ruhe. Noch ruhiger war unter den Konsuln Publius Curiatius und Sextus Quinctilius das folgende Jahr durch das fortwährende Schweigen der Tribunen, weil man anfangs die nach Athen gegangenen Gesandten und die fremden Gesetze erwartete, 2 und sich nachher zwei große Plagen zugleich einstellten, eine Hungersnot und eine unter Menschen und Vieh gleich verderbliche Seuche. Die Dörfer wurden verödet, die Stadt durch ununterbrochene Todesfälle entvölkert; viele und angesehene Häuser wurden in Trauer versetzt. 3 Der Priester des Quirinus Servius Cornelius starb, der Augur Caius Horatius Pulvillus, in dessen Stelle die Augurn den Caius Veturius umso geneigter aufnahmen, weil er von den Bürgerlichen verurteilt worden war. 4 Es starben der Konsul Quinctilius und vier Volkstribunen. Durch so vielfachen Verlust wurde dies ein trauriges Jahr, vom Feind hatte man Ruhe.

      5 Es folgen die Konsuln Caius Menenius und Publius Sestius Capitolinus. Auch in diesem Jahre gab es keinen auswärtigen Krieg, es entstanden aber innere Unruhen. 6 Schon waren die Gesandten mit den Attischen Gesetzen zurückgekommen. Umso ernstlicher aber drangen die Tribunen darauf, dass endlich einmal der Anfang gemacht würde, Gesetze abzufassen. Man beschloss, Zehnmänner mit unbeschränkter Vollmacht zu wählen; auch sollte in diesem Jahre keine andere Obrigkeit sein. 7 Ob auch Bürgerliche darunter aufgenommen werden sollten, darüber stritt man ziemlich lange hin und her; zuletzt überließ man die Plätze den Vätern unter der Bedingung, dass das Icilische Gesetz,45 den Aventin betreffend, und die übrigen beschworenen Gesetze nicht aufgehoben würden.

      (33) Im Jahre 302 nach Roms Erbauung wurde die Staatsverfassung noch einmal geändert, da die Regierung von den Konsuln auf die Dezemvirn überging, wie ehemals


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