Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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gingen sie, von allen Seiten niedergehauen, vom Kampf zu Bitten über, lieferten ihren Feldherrn und die Waffen aus, zogen unter dem Jochgalgen durch und wurden mit einem einzigen Gewand, mit Schimpf und Schande beladen, entlassen. 5 Und da sie sich nicht weit von der Stadt Tuskulum niederließen, wurden sie unbewaffnet bei einem Überfall ein Opfer des alten Hasses der Tuskulaner, so dass kaum einige entkamen, die dieses Gemetzel melden konnten.

      6 In Ardea stellte der römische Konsul die durch den Aufruhr zerrüttete Ordnung wieder her, bestrafte die Häupter der Unruhen mit dem Tod und ließ ihre Güter dem Staatsschatz der Ardeaten anheimfallen; und durch diese so große Wohltat des römischen Volkes war in den Augen der Ardeaten die Ungerechtigkeit jenes Richterspruchs schon getilgt; allein der römische Senat glaubte, um das Andenken an die Habsucht seines Volkes auszulöschen, etwas mehr tun zu müssen.

      7 Der Konsul kehrte in die Stadt im Triumph zurück, in welchem er den Feldherrn der Volsker, Cloelius, vor seinem Wagen herführen und die Waffen vorantragen ließ, die er dem feindlichen Heer beim Durchgang unter dem Jochgalgen abgenommen hatte.

      8 Konsul Quinctius erreichte im Frieden, was nicht leicht ist, den Ruhm seines bewaffneten Amtsgenossen, denn er gab seiner Aufmerksamkeit auf Eintracht und Frieden im Inneren dadurch, dass er die Rechte der Vornehmen und Niederen im Gleichgewicht hielt, eine solche Haltung, dass er nach dem Urteil der Väter konsularische Amtsstrenge und nach dem der Bürgerlichen Milde genug bewies. 9 Er setzte manches gegen die Tribunen durch, mehr durch sein Ansehen als durch Streit. Fünf Konsulate, in demselben Geist verwaltet, und sein ganzes Leben, mit konsularischem Anstand verlebt, gaben beinahe dem Mann selbst mehr Ehrwürdiges als seinem Amt. Deswegen wurde unter diesen Konsuln an eine Wahl von Kriegstribunen nicht gedacht.

      (11) Man wählte zu Konsuln den Marcus Fabius Vibulanus und Postumus Aebutius Cornicen. 2 Je größeren Ruhm im Frieden und Krieg jene Männer erworben hatten, den die Konsuln Fabius und Aebutius übernahmen – und sie glaubten, jenes Jahr müsse den benachbarten Bundesgenossen und Feinden höchst denkwürdig sein, weil man sich der Ardeaten in ihrem Unglück mit solchem Eifer angenommen habe –, 3 desto mehr ließen sie es sich angelegen sein, damit sie bei der Welt das Andenken an den schimpflichen Richterspruch völlig tilgen möchten, den Senatsbeschluss zustande zu bringen, dass nach Ardea Siedler zur Besatzung gegen die Volsker abgesandt werden müssten, weil die dortige Bürgerzahl durch den inneren Aufruhr auf eine so geringe herabgesunken sei. 4 Und so wurde öffentlich in die Gesetzestafel eingetragen, um dem Bürgerstand und den Tribunen den Plan, der ihren Richterspruch vernichten sollte, zu verdecken. Man verabredete nämlich, dass an die eingezeichnete Anzahl von Ansiedlern, zu denen man weit mehr Rutuler51 als Römer nahm, kein Grundstück weiter verteilt werden sollte, als das durch den ehrlosen Urteilsspruch entzogene Land, und dass auch dort keinem einzigen Römer eine Scholle Land angewiesen würde, bevor nicht jeder Rutuler seinen Anteil bekommen hätte. 5 So kam dieses Land wieder an die Ardeaten.

      Die zur Ausführung der Ansiedler nach Ardea erwählten Dreimänner waren Agrippa Menenius, Titus Cloelius Siculus und Marcus Aebutius Elva. 6 Da sie nun durch dieses dem Volk gar nicht erfreuliche Amt, gerade das Land an Bundesgenossen zu verteilen, welches das römische Volk für das Seinige erklärt hatte, den Bürgern anstößig wurden und sich ebenso wenig bei den Ersten der Väter beliebt machten, 7 weil sie nie die von dem oder dem Empfohlenen begünstigten, so entzogen sie sich den Plackereien der Tribunen, die ihnen schon einen Gerichtstag beim Volk angesetzt hatten, dadurch, dass sie sich als Siedler einschrieben und in der Kolonie blieben, die ihnen ihre Unbescholtenheit und Gerechtigkeit bezeugen konnte.

      (12) Der innere und äußere Friede dauerte in diesem wie im folgenden Jahr fort, in welchem Caius Furius Pacilus und Marcus Papirius Crassus Konsuln waren. 2 Die Spiele, welche die Dezemvirn auf Befehl des Senates während des Aufstandes des Volkes von den Vätern gelobt hatten, wurden in diesem Jahre gefeiert.

      3 Veranlassung zum Aufruhr suchte Poetelius umsonst. 4 Eben wegen seiner Verheißungen zum zweiten Mal Volkstribun geworden, konnte er doch das Erste nicht durchsetzen, dass die Konsuln auf Verteilung von Ländereien an die Bürger im Senat antragen sollten; und als er das Zweite durch großen Streit bewirkte, dass die Väter befragt werden sollten, ob man sich zur Konsuln- oder zur Tribunenwahl zu versammeln habe, kam der Befehl, Konsuln zu wählen; 5 und vollends lächerlich machte sich der Tribun mit seiner Drohung, die Werbung verhindern zu wollen, da bei der Ruhe der Nachbarn weder Krieg noch Anstalten zum Krieg nötig seien.

      6 Auf diese allgemeine Ruhe folgt ein Jahr unter den Konsuln Proculus Geganius Macerinus und Lucius Menenius Lanatus, das durch mancherlei Niederlagen und Gefahren merkwürdig war, durch Aufruhr, Hungersnot und dadurch, dass man beinahe für eine lockende Spende den Nacken in das Joch des Königtums geschmiegt hätte. 7 Eines fehlte noch: Krieg von außen. Hätte der das Unheil noch drückender gemacht, so hätte man selbst mit aller Götter Hilfe kaum Widerstand leisten können.

      Mit der Hungersnot fing die Reihe der Übel an, entweder weil das Jahr den Feldfrüchten ungünstig war, oder man hatte bei der Unterhaltung, welche die Versammlungen und die Stadt gewährten, den Ackerbau versäumt, denn beides wird angegeben. Die Väter beschuldigten die Bürger der Trägheit, und die Volkstribunen die Konsuln bald böser Absichten, bald der Nachlässigkeit. 8 Endlich bewirkten die Bürgerlichen ohne Widerstand des Senates die Ernennung des Lucius Minucius zum Vorsteher über das Getreidewesen; ihm war es beschieden, in diesem Amt mit größerem Glück zur Rettung der Freiheit beizutragen, als in der Besorgung seines eigentlichen Geschäfts, wiewohl er sich zuletzt, auch wegen verminderter Teuerung, nicht unverdienten Dank und Ruhm erwarb.

      9 Da er durch die vielen zu Wasser und zu Lande bei den benachbarten Völkern vergeblich umhergeschickten Gesandtschaften – außer dass ein unbedeutender Getreidevorrat aus Etrurien ankam – keine Veränderung der Kornpreise bewirkt hatte, 10 sich also genötigt sah, zur gleichen Verteilung des Mangels seine Zuflucht zu nehmen (so dass er jeden zwang, sein Getreide anzugeben und, was für einen Monat zu viel war, zu verkaufen, ferner den Sklaven einen Teil ihrer täglichen Kost abziehen ließ, dann auch die Getreidehändler beschuldigte und sie der Erbitterung des Volkes preisgab) 11 und durch strenge Untersuchungen die Not mehr aufdeckte als milderte, so stürzten sich viele von den Bürgern aus Verzweiflung, ehe sie eines qualvollen langsamen Todes sterben wollten, mit verhülltem Haupt in den Tiber.

      (13) Darauf ließ sich Spurius Maelius, ein Ritter und für die damalige Zeit ein sehr reicher Mann, auf eine Unternehmung ein, die an sich löblich, allein von bösem Beispiel und von noch schlechterer Absicht war. 2 Nachdem er nämlich durch die Hilfe seiner Gastfreunde und Klienten für sein Geld Getreide in Etrurien zusammengekauft hatte – und gerade dies musste, wie ich glaube, dem Staat die Sorge für niedrigere Kornpreise erschweren –, so fing er an, Spenden in Korn zu machen, 3 und zog mit vielem Aufsehen und einem Prahlen, das den Stand eines Privatmannes überstieg, allenthalben, wo er ging, die durch sein Geschenk gewonnenen Bürger an sich, da ihm die Volksgunst die sichere Hoffnung auf das Konsulat verbürgte. 4 Er selbst aber – wie der menschliche Geist sich nie an dem genügen lässt, was das Glück ihm bietet – strebte nach dem Höheren und Unerlaubten; und weil er doch auch das Konsulat von den Vätern wider ihren Willen erzwingen musste, so ging er auf das Königtum aus, dies allein könne der würdige Preis eines so großen Aufwandes von Entwürfen sein und eines Kampfes, der ihm noch viel Schweiß kosten werde. 5 Schon rückte der Tag zur Konsulwahl heran, und gerade dies gereichte ihm, weil seine Pläne noch nicht geordnet oder reif genug waren, zum Verderben.

      6 Titus Quinctius Capitolinus wurde zum sechsten Mal Konsul, ein Mann, keineswegs geeignet für einen Unruhestifter; zum Amtsgenossen gab man ihm den Menenius Agrippa, mit dem Beinamen Lanatus; 7 und Lucius Minucius wurde als Proviantmeister entweder zum zweiten Mal, oder war, solange es die Umstände erforderten, auf unbestimmte Zeit gewählt, denn es findet sich hierüber nichts Gewisses, außer dass in den leinenen Büchern der Name dieses Aufsehers für beide Jahre unter den Obrigkeiten aufgeführt ist. 8 Da dieser Minucius dieselbe Besorgung im Namen des Staates hatte, die Maelius für sich betrieb, so brachte er, weil in beiden Häusern dieselbe Klasse von Menschen aus und ein ging, den Anschlag in Erfahrung und legte ihn dem Senat vor. 9 In das Haus des Maelius würden Waffen geschafft; er halte bei sich Zusammenkünfte und entwerfe ganz bestimmt Pläne zu einem Königtum. Nur die Zeit des Ausbruchs sei noch nicht bestimmt; alles Übrige


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