Römische Geschichte. Livius Titus
Читать онлайн книгу.Urkunden so oft als seine Zeugen anführt) den Aulus Cornelius Cossus als Konsul mit Titus Quinctius Poenus erst neun Jahre später erwähnen, überlasse ich der Beurteilung jedes Einzelnen. 9 Hierzu kommt noch, dass man eine so berühmte Schlacht auf dieses Jahr nicht möchte verlegen können, weil um die Zeit, in die das Konsulat des Aulus Cornelius fällt, fast drei volle Jahre wegen einer Pest und Hungersnot kein Krieg war, so dass einige Jahrbücher, gleich als wären sie darüber in Trauer, von ihnen weiter nichts als die Namen der Konsuln melden.
10 Das dritte Jahr nach Cossus’ Konsulat hat ihn als Kriegstribun mit konsularischer Gewalt und dasselbe Jahr auch als Magister Equitum, in welcher Stelle er mit seiner Reiterei ein zweites glänzendes Reitergefecht lieferte. Hier können wir also nur vermuten. 11 Indes lassen sich, wie ich glaube, alle möglichen Meinungen aufstellen, sobald man Scheingründen folgt, die doch nicht gültig sind, da er, der den Kampf in Person bestand, als er jetzt die eben errungenen Spolien an heiliger Stätte niederlegte, und ich möchte sagen, den Jupiter selbst, dem er sie weihte, und den Romulus vor Augen hatte – diese furchtbaren Zeugen einer erlogenen Angabe –, dennoch mit »Aulus Cornelius Cossus Consul« unterschrieben hat.
(21) Unter den Konsuln Marcus Cornelius Maluginensis und Lucius Papirius Crassus wurden die Heere ins Vejenter- und Faliskergebiet geführt und Menschen und Vieh als Beute weggetrieben; 2 den Feind aber fand man nicht im Feld, und er stellte sich nie zu einer Schlacht; dennoch belagerte man seine Städte nicht, weil im Volk selbst eine Seuche ausbrach. 3 Auch suchte in Rom der Volkstribun Spurius Maelius einen Aufstand zu erregen, der aber nicht zum Ausbruch kam. In der Hoffnung, durch die Beliebtheit seines Namens etwas ausrichten zu können, hatte er den Minucius vor Gericht gefordert und beantragt, die Güter des Servilius Ahala einzuziehen, 4 indem er den Minucius beschuldigte, er habe den Maelius durch falsche Angaben gestürzt, dem Servilius aber die Ermordung eines nicht verurteilten Mitbürgers vorwarf. Doch dies alles war dem Volk viel weniger wichtig als der Antragsteller selbst.
5 Mehr Besorgnis erregte die um sich greifende Seuche und die furchtbarsten Ereignisse als Vorzeichen des Unglücks, hauptsächlich die Nachrichten von den vielen Erderschütterungen, welche die Häuser der Landbewohner zerstörten. Es wurden deshalb öffentliche Gebete angestellt, bei denen die beiden Aufseher des Gottesdienstes dem Volk die Formel vorsagten.
6 In dem folgenden noch ungesunderen Jahr unter den Konsuln Caius Julius, der es zum zweiten Mal war, und Lucius Verginius, stieg die Furcht vor einem allgemeinen Aussterben in der Stadt und auf dem Land so hoch, dass nicht allein jeder Streifzug zum Plündern vom römischen Gebiet aus unterblieb, und Väter und Volk den Angriffskrieg ganz vergaßen, 7 sondern dass sogar die Fidenaten, die sich bis jetzt in ihre Stadt, auf Gebirge oder in kleine Festungen zurückgezogen hatten, als angreifende Plünderer in das römische Gebiet einfallen durften. 8 Als sie hierauf bloß ein Heer von Vejentern an sich gezogen hatten (denn die Falisker ließen sich zu einer Erneuerung des Krieges weder durch das Unglück der Römer noch durch die Bitten ihrer Bundesgenossen bewegen), gingen beide Völker über den Anio und lagerten sich nahe vor dem Collinischen Tor. 9 Auf dem Land konnte der Schrecken nicht größer sein als er in der Stadt war. Der Konsul Julius besetzte Wälle und Mauern mit Soldaten, Verginius hielt im Tempel des Quirinus Senat. 10 Man beschloss, den Aulus Servilius zum Diktator zu ernennen, der nach einigen den Beinamen Priscus, nach anderen Structus gehabt haben soll. Verginius, der nur so lange wartete, bis er seinen Amtsgenossen befragen konnte, ernannte, da dieser einwilligte, den Diktator noch in der Nacht. Und dieser ernannte den Postumus Aebutius Helva zu seinem Magister Equitum.
(22) Der Diktator beschied alle auf den kommenden Tag vor das Collinische Tor, und wer noch so viel Kraft hatte, die Waffen zu tragen, erschien. Aus der Schatzkammer wurden die Adler dem Diktator abgeliefert. 2 Während dieser Vorkehrungen zogen sich die Feinde in höhere Gegenden. Der Diktator zog mit seinem verfolgenden Heer hinan, nicht weit von Nomentum besiegte er die etruskischen Legionen in offener Schlacht, trieb sie von da in die Stadt Fidenae und schloss sie mit einem Wall ein. 3 Allein mit Leitern konnte eine so hochgelegene und feste Stadt nicht erstiegen werden; auch die Einschließung hatte keinen Erfolg, weil die Belagerten Lebensmittel in Menge, nicht bloß zur Notdurft, sondern bis zum Überfluss zeitig genug zusammengebracht hatten. 4 Da also der Diktator sowohl die Hoffnung, sie zu erstürmen als zur Übergabe zu zwingen, aufgeben musste, beschloss er, von einer Gegend aus, die ihm ihrer Nähe wegen bekannt war, im Rücken der Stadt, wo diese vermöge ihrer großen natürlichen Festigkeit am schwächsten besetzt war, eine Mine zur Burg hinauf anzulegen. 5 Nachdem er aus seinem Heer vier Abteilungen gemacht hatte, die einander im Sturm ablösen sollten, zog er durch die von ganz entgegengesetzten Seiten Tag und Nacht fortgesetzten Angriffe auf die Mauern die Aufmerksamkeit der Feinde von jenem Werk ab, 6 bis endlich, als der Berg vom Lager aus durchgraben war, der Weg zur Burg hinaufführte und den Etruskern, die statt der wirklichen Gefahr sich nur durch Scheinangriffe beschäftigen ließen, ein feindliches Geschrei über ihrem Haupt die Eroberung der Stadt verkündigte.
7 In diesem Jahr erklärten die Zensoren Caius Furius Pacilus und Marcus Geganius Macerinus ihre Zufriedenheit mit dem vollendeten Bau des Bürgerhofes auf dem Marsfeld und hielten in demselben zum ersten Mal die Volksschätzung.
(23) Ich finde bei Licinius Macer, dass für das folgende Jahr dieselben Konsuln wiedergewählt sind: 2 Julius zum dritten, Verginius zum zweiten Mal, Valerius Antias und Quintus Tubero geben als Konsuln für dieses Jahr den Marcus Manlius und Quintus Sulpicius an. Und doch beruft sich sowohl Tubero als auch Macer bei einer so abweichenden Angabe auf die leinenen Bücher, ohne zu leugnen, dass sie bei alten Schriftstellern gefunden haben, dieses Jahr habe Kriegstribunen gehabt. 3 Licinius entscheidet sich geradezu für die leinenen Bücher, Tubero ist über die Wahrheit im Zweifel. Wie so manches andere, das seines hohen Alters wegen unsicher bleibt, mag auch dies dahingestellt bleiben.
4 Nach der Eroberung von Fidenae herrschte in Etrurien eine allgemeine Unruhe, weil die Furcht vor einer ähnlichen Zerstörung nicht bloß die Vejenter, sondern auch die Falisker schreckte, die sich bewusst waren, anfangs mit jenen in Verbindung Rom bekriegt zu haben, obgleich sie ihnen in dem erneuerten Krieg nicht geholfen hatten. 5 Da nun diese beiden Staaten durch ihre Gesandten bei den zwölf Völkerschaften die Einwilligung erhielten, dass das gesamte Etrurien zu einer Zusammenkunft bei dem Heiligtum der Voltumna eingeladen werden sollte, ließ der Senat, als ob von dorther ein ausgebreiteter Aufstand zum Krieg zu befürchten sei, den Mamercus Aemilius zum zweiten Mal zum Diktator ernennen. 6 Er ernannte den Aulus Postumius Tubertus zum Magister Equitum, und man rüstete sich mit um so größerem Nachdruck zum Krieg als das letzte Mal, je größer die Gefahr war, die von dem ganzen Etrurien drohte, als vorher von zwei Völkerschaften allein.
(24) Indessen ging die Sache bedeutend ruhiger vorüber, als man erwartet hatte. 2 Als man nun durch Kaufleute erfuhr, dass den Vejentern die Hilfe abgeschlagen und die Weisung gegeben sei, sie möchten einen Krieg, den sie auf eigenes Betreiben angefangen hätten, auch mit ihren eigenen Streitkräften führen und nicht Völker zu Genossen ihres Unglücks machen, mit denen sie die noch ungeschmälerte Hoffnung des Glücks nicht hätten teilen wollen, 3 nahm sich der Diktator, um nicht vergeblich gewählt zu sein, und weil er zum Ersatz für den ihm entgangenen Kriegsruhm ein Werk im Frieden zu stiften wünschte, das seiner Diktatur zum Denkmal gereichte – die Beschränkung der Zensur vor, die ihm entweder eine zu große Gewalt zu haben schien oder ihm sowohl durch ihre Amtsgröße als auch durch ihre Dauer anstößig war. 4 Er berief also eine Versammlung und sagte: Die Sorge für das Beste des Staates von außen und für seine Sicherheit von allen Seiten hätten die unsterblichen Götter übernommen; er also wolle, was innerhalb der Mauern beschafft werden müsse, die Freiheit des römischen Volkes sich zur Aufgabe machen. Ihr bestes Verwahrungsmittel bestehe darin, dass man die großen Gewalten nicht von langer Dauer sein lasse und die, deren Rechte man nicht beschränken könne, durch die zugemessene Zeit beschränke. 5 Die übrigen obrigkeitlichen Ämter seien einjährig, die Zensur fünfjährig; es sei hart, denselben Männern so viele Jahre hindurch einen großen Teil seines Lebens unterwürfig zu sein. Er schlage das Gesetz vor, dass die Zensur nur eineinhalbjährig sein solle. 6 Mit großer Beistimmung des Volkes machte er am folgenden Tag dies zum Gesetz und sprach: Damit ihr auch durch die Tat erfahrt, Quiriten, wie wenig die langwierigen Ämter meinen Beifall haben, so lege ich hiermit meine Diktatur nieder. 7 Dem Mann, der so sein eigenes Amt abgegeben und ein fremdes eingeschränkt