Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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die es sehr übel nahmen, dass Mamercus ein Staatsamt des römischen Volkes geschmälert hatte, entsetzten ihn seines Amtes, erhöhten seine Steuern um das Achtfache und versetzten ihn in die unterste Klasse.54 8 Er selbst soll das mit vieler Seelenstärke ertragen haben, indem er sich durch die Ursache seiner Beschimpfung über die Beschimpfung selbst erhob. Die Häupter der Väter aber, hatten sie gleich die Beschränkung der Zensur ungern gesehen, soll doch dies Beispiel von der Härte der Zensoren beleidigt haben, da sie voraussehen konnten, dass jeder von ihnen länger und öfter Zensoren unterworfen als selbst Zensor sein werde. 9 Bei den Bürgern wenigstens stieg der Unwille so hoch, dass nur das Ansehen des Mamercus selbst imstande war, sie von Gewalttätigkeiten gegen die Zensoren abzuhalten.

      (25) Die Volkstribunen, die durch unaufhörliche Reden in den Versammlungen eine Konsulwahl verhinderten, erreichten endlich, da sie es beinahe bis zu einer Zwischenregierung kommen ließen, ihren Zweck, dass Kriegstribunen mit Konsulgewalt gewählt wurden; 2 allein den Lohn, nach welchem sie trachteten, dass auch ein Bürgerlicher gewählt werden sollte, gewährte ihr Sieg ihnen nicht. Es wurden lauter Adlige gewählt, Marcus Fabius Vibulanus, Marcus Foslius und Lucius Sergius Fidenas. 3 Eine Seuche ließ in diesem Jahr alle anderen Unternehmungen ruhen. Für die Genesung des Volkes wurde dem Apollo ein Tempel gelobt. Die beiden Aufseher der gottesdienstlichen Angelegenheiten veranstalteten nach Anleitung der Heiligen Bücher mancherlei, die Götter zu versöhnen und die Krankheit vom Volk abzuwenden; 4 und dennoch war das Sterben, da Menschen und Vieh ohne Unterschied dahingerafft wurden, in der Stadt und auf dem Land allgemein. Da man eine Hungersnot für die Landbewohner befürchtete, wurde nach Etrurien, nach dem pomptinischen Gebiet, nach Cumae, zuletzt sogar nach Sizilien des Getreides wegen geschickt.

      5 Eine Konsulwahl wurde gar nicht zur Sprache gebracht. Man wählte Kriegstribunen mit Konsulgewalt, lauter Adlige, den Lucius Pinarius Mamercus, Lucius Furius Medullinus und Spurius Postumius Albus. 6 In diesem Jahr ließ die Seuche nach, und vermöge der getroffenen Fürsorge hatte man auch keinen Mangel an Getreide zu befürchten. 7 In den Versammlungen der Aequer und Volsker, ferner in Etrurien bei dem Heiligtum der Voltumna wurden Pläne zu neuen Kriegen geschmiedet. 8 Doch wurden sie auf ein Jahr verschoben und der Beschluss gefasst, bis dahin keine Versammlung wieder abzuhalten; vergebens waren die Klagen der Vejenter, dass Veji dasselbe Schicksal wie dem zerstörten Fidenae bevorstehe.

      9 Während dieser Ruhe von außen kündigen die Häupter des Bürgerstandes, die lange schon umsonst auf höhere Ämter gehofft hatten, Versammlungen in den Häusern der Volkstribunen an. 10 Hier hielten sie ihre Beratungen für sich und äußerten ihren Unwillen, sich vom Bürgerstand selbst so sehr verachtet zu sehen, dass noch keinem einzigen Bürgerlichen, obwohl man schon seit so vielen Jahren Kriegstribunen mit Konsulgewalt wähle, der Zutritt zu dieser Ehre gelungen sei. 11 Die Vorfahren hätten sehr richtig in die Zukunft gesehen, wenn sie verordnet hätten, dass kein Adliger ein Bürgeramt bekleiden solle, sonst würde man Adlige sogar zu Volkstribunen haben. So wertlos seien sie selbst ihren Standesgenossen, und den Bürgerlichen ebenso verächtlich wie den Vätern.

      12 Andere entschuldigten den Bürgerstand und wälzten die Schuld auf die Väter. Nur durch die Ränke dieser Amtssüchtigen werde den Bürgerlichen die Bahn zu Ehrenstellen versperrt. Wenn nur der Bürgerstand vor jenen mit Drohungen gemischten Bitten zu freiem Atem kommen könnte, so würde er gewiss bei der Abstimmung der Seinigen eingedenk sein und, nachdem sie dann Hilfe erhalten, auch die Herrschaft gewinnen. 13 Sie wurden einig, die Tribunen sollten, um den Prunk bei Amtsbewerbungen zu hindern, das Gesetz vorschlagen, dass niemandem gestattet sein solle, auf die Kleidung, in der er sich um ein Amt bewürbe, Weiß aufzutragen. Jetzt möchte dies für eine Kleinigkeit und kaum einer ernstlichen Verhandlung wert gehalten werden, und damals entflammte es Adlige und Bürgerliche zu einem heftigen Streit. 14 Doch blieb der Sieg, den Vorschlag zum Gesetz zu erheben, den Tribunen, und es zeigte sich deutlich, dass der Bürgerstand bei dieser Erbitterung zum Vorteil der Seinigen stimmen werde. Um ihnen also nicht freie Hand zu lassen, wurde durch einen Senatsbeschluss der Wahltag für Konsuln bestimmt.

      (26) Ein Kriegslärm war die Ursache, den laut Nachrichten der Latiner und Herniker die Aequer und Volsker machten. 2 Titus Quinctius Cincinnatus – er führt auch den Zunamen Pennus –, des Lucius Sohn, und Caius Julius Mento wurden Konsuln; 3 und länger ließ sich der drohende Krieg nicht aufschieben. Nachdem beide Völker ihre Werbungen mit Anwendung des Banngesetzes gehalten hatten, welches bei ihnen das wirksamste Mittel ist, Truppen zusammenzubringen, stießen ihre ausgerückten starken Heere auf dem Algidus zueinander; 4 Aequer und Volsker lagerten sich, jedes Volk für sich, und ihre Feldherren zeigten in der Anlegung ihrer Werke und in der Übung ihrer Leute weit mehr Eifer als je. Desto drohender kamen die Nachrichten nach Rom. 5 Der Senat beschloss, einen Diktator zu ernennen, teils weil diese Völker, obgleich schon oft besiegt, den Krieg mit größerer Anstrengung als je vorher erneuerten, teils weil auch ein bedeutender Teil der römischen Jünglinge von der Seuche weggerafft war. 6 Die größte Besorgnis erregte der böse Wille der Konsuln, ihre Uneinigkeit und Zänkereien bei allen Beratungen. Einige Schriftsteller melden, diese Konsuln hätten auf dem Algidus eine Schlacht verloren, und dies habe die Ernennung eines Diktators veranlasst. 7 Darin aber stimmen alle überein, dass diese in allen Stücken Uneinigen den Vätern zum Trotz in dem einen Punkt einig waren, keinen Diktator zu ernennen, bis endlich, da immer eine schreckliche Nachricht über die andere einlief und sich die Konsuln dem Willen des Senates nicht fügen wollten, Quintus Servilius Priscus, der die höchsten Staatsämter mit Auszeichnung bekleidet hatte, in die Worte ausbrach: 8 Weil es denn aufs Äußerste gekommen ist, so wendet sich der Senat, ihr Volkstribunen, an euch, mit der Bitte, bei dieser so großen Gefahr des Staates die Konsuln vermöge eurer Macht zur Ernennung eines Diktators zu zwingen. 9 Kaum hatte er das Wort gesprochen, da traten die Tribunen, die dies für eine günstige Gelegenheit ansahen, ihre Macht zu erhöhen, auf die Seite und erklärten dann im Namen ihres Gesamtamtes, sie hielten es für nötig, dass die Konsuln dem Senat Folge leisteten. Wenn sie sich gegen den einstimmigen Willen des ehrwürdigsten Standes weiter sperren sollten, so würden sie Befehl geben, sie ins Gefängnis zu werfen.

      10 Die Konsuln wollten sich lieber von den Tribunen als vom Senat besiegen lassen und äußerten, die Väter hätten die Rechte des höchsten Staatsamtes aufgeopfert und das Konsulat unter das Joch der tribunizischen Macht gebracht, insofern nunmehr die Konsuln von einem Tribun kraft seines Amtes zu etwas gezwungen und sogar, was ein Privatmann als das Härteste zu fürchten habe, ins Gefängnis geworfen werden könnten. 11 Das Los, einen Diktator zu ernennen – denn auch darüber konnten sich die Amtsgenossen nicht einigen –, traf den Titus Quinctius. Dieser ernannte den Aulus Postumius Tubertus, seinen Schwiegervater, einen Mann von höchster Strenge, und von diesem wurde Lucius Julius zum Magister Equitum ernannt. 12 Zugleich wurde auch ein Gerichtsstillstand angeordnet, und in der ganzen Stadt beschäftigte man sich bloß mit Vorkehrungen zum Krieg. Die Untersuchung der Ansprüche auf Dienstbefreiung wurde bis nach dem Krieg ausgesetzt, und dadurch ließen sich auch die, welche über diesen Punkt zweifelhaft waren, zur Angabe ihrer Namen bestimmen. Auch den Hernikern und Latinern wurden Truppenstellungen anbefohlen; und beide eiferten, dem Diktator Folge zu leisten.

      (27) Dies alles wurde mit größter Eile betrieben. Und der Diktator – der den Konsul Caius Julius zum Schutz der Stadt und den Magister Equitum Lucius Julius zur Besorgung unvorhergesehener Erfordernisse des Krieges zurückließ, damit er selbst durch nichts, was etwa im Lager Bedürfnis werden könnte, aufgehalten würde –, 2 verhieß den Göttern, nach einer vom Hohenpriester Aulus Cornelius ihm angegebenen und auf diese Kriegsschrecken sich beziehenden Formel, die Feier großer Spiele und kam mit dem Heer, das er bei seinem Aufbruch aus der Stadt mit dem Konsul Quinctius teilte, vor den Feind.

      3 Geradeso, wie sie von hier zwei feindliche Lager in geringer Entfernung voneinander vorfanden, schlugen auch sie etwa tausend Schritte vom Feind, der Diktator nach Tuskulum zu, der Konsul näher bei Lanuvium, ihre Lager auf. 4 So hatten vier Heere in ebenso vielen festen Stellungen eine Ebene in ihrer Mitte, die nicht bloß Ausfälle zu kleinen Gefechten, sondern auch die Aufstellung beider Linien vollkommen gestattete. 5 Auch unterblieben von dem Tage an, seitdem Lager gegen Lager stand, die leichten Gefechte nicht, weil der Diktator es gern geschehen ließ, dass seine Krieger, indem sie sich mit dem Feind maßen, in diesen allmählichen Versuchen eines glücklichen Erfolges, einen Hörgenuss der Hoffnung des Sieges im Großen hatten. 6 Da also


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