Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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sich nach dem Grund dieses seltsamen Entschlusses erkundigen sollten. 3 Einige mildern die Schuld des Königs und sagen, im Würfelspiel sei bei einem glücklichen Wurf ein zweideutiger Ausruf von ihm, der für einen Hinrichtungsbefehl angesehen werden konnte, von den Fidenaten so aufgefasst worden, als wenn er den Tod der Gesandten befohlen hätte. 4 Unglaublich; er sollte bei der Erscheinung der Fidenaten, seiner neuen Bundesgenossen, die bei ihm eines Mordes wegen anfragten, welcher das Völkerrecht verletzen musste, seine Aufmerksamkeit nicht einmal vom Spiel abgezogen, auch nachher die Tat nicht verabscheut haben? 5 Wahrscheinlicher ist es, dass er die Fidenaten mit einer Schuld beladen wollte, damit ihnen das Bewusstsein, sich so schwer vergangen zu haben, jede Aussicht auf irgendeine Hoffnung bei den Römern unmöglich machte. 6 Den zu Fidenae erschlagenen Gesandten wurden zu Rom auf öffentliche Kosten Standbilder auf der Rednerbühne errichtet. Da die Vejenter und Fidenaten so nahe Nachbarn waren und überdies noch ihren Krieg durch eine so schändliche Veranlassung eröffneten, so konnte der bevorstehende Kampf nicht anders als blutig sein. 7 Und weil bei der Sorge für das Ganze der Bürgerstand und seine Tribunen Ruhe hielten, so war man ohne Streit darüber einig, dass Konsuln gewählt werden sollten. Diese waren Marcus Geganius Macerinus zum dritten Mal und Lucius Lergius der Fidenate, ein Beiname, den er vermutlich von dem nachher geführten Krieg bekam. 8 Denn er lieferte dem König der Vejenter diesseits des Anio die erste glückliche Schlacht; aber der Sieg kostete Blut. Darum war auch der Schmerz über die verlorenen Mitbürger größer als die Freude über den geschlagenen Feind, und der Senat ließ, wie es in einer bedrängten Lage geschieht, einen Diktator ernennen, den Mamercus Aemilius. 9 Dieser wählte zu seinem Magister Equitum seinen Amtsgenossen vom vorigen Jahr, in welchem sie beide Kriegstribunen mit konsularischer Gewalt gewesen waren, den Lucius Quinctius Cincinnatus, einen seines Vaters würdigen jungen Mann, 10 gab dem von den Konsuln geworbenen Heer alte, kriegserfahrene Hauptleute und ersetzte die Anzahl der in der letzten Schlacht Gefallenen. Quinctius Capitolinus und Marcus Fabius Vibulanus erhielten vom Diktator Befehl, ihn als Unterfeldherren zu begleiten.

      11 Teils das Amt von höherer Macht, teils der Mann, der diesem Amt entsprach, entfernten schon die Feinde aus dem römischen Gebiet über den Anio hinaus, und sie besetzten mit ihrem zurückgezogenen Lager die Hügel zwischen Fidenae und dem Anio, rückten auch nicht eher in die Ebene herab, als bis ihnen die Legionen der Falisker zu Hilfe kamen. 12 Nun erst schlugen die Etrusker52 ihr Lager vor den Mauern von Fidenae auf, und der römische Diktator lagerte sich in ihrer Nähe bei dem Zusammenfluss an den Ufern beider Ströme,53 zwischen denen er, soweit der Platz es zuließ, einen Wall aufführte. Am folgenden Tag rückte er zur Schlacht aus.

      (18) Unter den Feinden gab es verschiedene Meinungen. Die Falisker, über den Dienst so fern von ihrer Heimat ärgerlich und voll Zutrauen auf sich selbst, drangen auf eine Schlacht, die Vejenter und Fidenaten versprachen sich mehr vom zögernden Gang des Krieges. 2 Tolumnius, aus Besorgnis, die Falisker möchten es sich nicht länger gefallen lassen, so weit von Haus zu dienen, obgleich er übrigens den Seinigen beipflichtete, bestimmte den folgenden Tag zur Schlacht.

      3 Der Diktator und die Römer wurden nun, als der Feind einmal die Schlacht versagt hatte, noch mutiger, und am folgenden Tag riefen die Soldaten schon, sie wollten, wenn die Schlacht nicht angenommen würde, das Lager und die Stadt angreifen, als beide Heere zwischen beiden Lagern in die Mitte der Ebene vorrückten.

      4 Die Vejenter, an Mannschaft überlegen, schickten Leute hinter den Bergen herum, welche während der Schlacht das römische Lager angreifen sollten. Das Heer der drei Völker war so aufgestellt, dass den rechten Flügel die Vejenter, den linken die Falisker innehatten, die Fidenaten standen in der Mitte. 5 Der Diktator leitete den Angriff auf seinem rechten Flügel gegen die Falisker, auf dem linken den Vejentern gegenüber Quinctius Capitolinus; vor der Mitte der Schlachtordnung zog der Befehlshaber der Reiterei mit den Seinigen voraus.

      6 Eine kurze Zeit war es ruhig und still, teils weil die Etrusker nur kämpfen wollten, wenn sie angegriffen würden, teils weil der Diktator seinen Blick auf die römische Burg gerichtet hielt, ob die Augurn das verabredete Zeichen geben würden, dass die Vögel alles gehörig bewilligt hätten. 7 Als er dies erblickte, ließ er die Reiterei zuerst mit erhobenem Geschrei auf den Feind lossprengen. 8 Die Linie des Fußvolkes, welche ihnen nacheilte, schlug sich mit größter Anstrengung, und auf keinem Punkt hielten die etruskischen Legionen den Angriff der Römer aus. Den größten Widerstand leistete ihre Reiterei, und der König selbst, bei Weitem von seinen Reitern der tapferste, zog den Kampf in die Länge, weil er den überall unaufhaltsam nachdringenden Römern entgegensprengte.

      (19) Bei der römischen Reiterei stand damals Aulus Cornelius Cossus als Oberster, ein bildschöner Mann, ebenso tapfer wie kraftvoll und seines Adels nicht uneingedenk, den er, so ehrenvoll dieser auf ihn als Erben kam, seinen Nachkommen noch ansehnlicher und verherrlichter hinterließ. 2 Als er bemerkte, dass die römischen Geschwader allenthalben, wo Tolumnius eindrang, vor seinem Angriff wankten, und er ihn, wenn jener so die ganze Linie durchflog, an der auszeichnenden königlichen Kleidung erkannte, da rief er: 3 Ist das der Mann, der menschliche Verträge bricht und am Völkerrecht frevelte? Wollen die Götter noch etwas auf Erden heilig sein lassen, so fällt er jetzt von meiner Hand, unseren Gesandten als Totenopfer! 4 Er gab dem Pferd die Sporen und stürzte mit eingelegter Lanze auf den einen Feind, warf ihn durch den Stoß vom Pferd und schwang sich sogleich, auf den Spieß gestützt, auf seine Füße, 5 schon richtete sich der König wieder auf, da stieß er ihn mit der Wölbung seines Schildes rücklings und bohrte ihn mit wiederholten Stichen nieder. Dem Entseelten zog er die Rüstung ab, und das abgehauene Haupt als Sieger auf seiner Lanze tragend, jagte er die durch den Tod ihres Königs geschreckten Feinde. So wurde auch die Linie der Reiterei geschlagen, welche allein noch den Streit zweifelhaft gemacht hatte.

      6 Der Diktator verfolgte das geschlagene Fußvolk und hieb die ihrem Lager zugetriebenen Feinde nieder, von den Fidenaten retteten sich die meisten, da sie mit der Gegend bekannt waren, in das Gebirge. Cossus, der mit der Reiterei über den Tiber setzte, brachte von den Vejentern viel Beute zur Stadt.

      7 Während der Schlacht kämpfte man auch im römischen Lager gegen die feindliche Abteilung, welche Tolumnius, wie oben gesagt, gegen das Lager geschickt hatte. 8 Anfangs ließ Fabius Vibulanus den Wall ringsum verteidigen, dann aber griff er in einem Ausfall aus dem rechten Seitentor mit dem dritten Glied die mit Erstürmung des Walles beschäftigten Feinde unvermutet an und setzte sie so in Schrecken, dass sie, wenn auch ihr Verlust bei der kleineren Anzahl geringer war, doch ebenso eilfertig flohen wie die in der Schlacht.

      (20) Der Diktator, welchem der Sieg auf allen Leiten gelungen war, zog nach einem Senatsbeschluss mit Genehmigung des Volkes triumphierend in die Stadt. 2 Bei Weitem das auffallendste Schauspiel des Triumphes war Cossus, in seinem Aufzug mit der dem erschlagenen König abgenommenen Fürstenbeute. In den Liedern, welche die Soldaten aus dem Stegreif ihm zu Ehren sangen, verglichen sie ihn mit Romulus. 3 Mit feierlichem Gepränge hängte er die erbeutete Rüstung als Geschenk für Jupiter Feretrius in dessen Tempel neben der von Romulus dargebrachten auf, welche, als die erste sogenannte Fürstenbeute, damals noch die einzige war. Und er hatte wirklich die Blicke seiner Mitbürger vom Wagen des Diktators weg auf sich gezogen und von der Feierlichkeit dieses Tages den Genuss beinahe allein gehabt. 4 Der Diktator legte auf Befehl des Volkes einen goldenen, ein Pfund schweren Kranz aus Staatsgeldern dem Jupiter auf dem Kapitol als Geschenk nieder.

      5 Wenn ich erzählt habe, Aulus Cornelius Cossus sei als Oberster mit der zweiten Fürstenbeute zum Tempel des Jupiter Feretrius eingezogen, so bin ich darin allen Geschichtsschreibern vor mir gefolgt. 6 Allein abgesehen davon, dass nur eine solche Beute eigentlich als Fürstenbeute gelten kann, die ein Feldherr dem andern abgenommen hat, und wir keinen als Feldherrn anerkennen außer dem, unter dessen göttlich genehmigter Leitung der Krieg geführt wird, bezeugt auch selbst die Inschrift, die auf dieser Rüstung steht, gegen meine Vorgänger und mich, dass sie Cossus als Konsul erbeutet habe. 7 Da mir Cäsar Augustus, der Stifter und Wiederhersteller aller Tempel, gesagt hat, dass er im Tempel des Jupiter Feretrius, als er ihn einst besuchte, und weil er vor Alter verfallen war, wiederherstellen ließ, auf dem leinenen Brustharnisch dies selbst gelesen habe, so könnte ich mich beinahe eines angetasteten Heiligtums zeihen, wenn ich den Cossus eines Zeugen für seine Beute, wie Cäsar, der Erneuerer des Tempels selbst ist, berauben wollte. 8 Ob unser Irrtum daher rühre, dass die uralten


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