Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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Patrizier oder doch Anhänger der Patrizier zu Volkstribunen haben müsse, 3 endlich dass die beschworenen Gesetze dem Volk entrissen, das Tribunenamt ihm entwunden würde, suchte er zu beweisen, dass an alledem die List der Patrizier und die Bosheit und der Verrat seiner Amtsgenossen schuld sei.

      4 Da nicht bloß die Väter, sondern auch die Volkstribunen, die Nachgewählten ebenso wie die Nachwähler, allen Hass auf sich fallen sahen, machten sich drei von den Tribunen, Publius Curiatius, Marcus Metilius und Marcus Minucius, um sich selbst aus der Verlegenheit zu helfen, an Sergius und Verginius, diese Kriegstribunen des vorigen Jahres, und leiteten durch eine Anklage vor Gericht die Unzufriedenheit und den Hass der Bürger von sich auf jene ab. Sie erklärten:

      5 Allen, welche sich durch die Werbung, durch die Auflage, durch den langwierigen Kriegsdienst und durch die Entfernung des Kriegsschauplatzes gedrückt fühlten, welchen die vor Veji erlittene Niederlage empfindlich sei, welche durch den Verlust ihrer Kinder, Brüder, Stammesgenossen und Verwandten in Familientrauer versetzt wären, allen diesen hätten sie nun das Recht und die Gelegenheit verschafft, ihren Schmerz über das Unglück des Staates und der Ihrigen an den beiden Schuldigen zu rächen. 6 Denn die Schuld an allem Unheil treffe Sergius und Verginius, und dies rüge der Kläger nicht ernstlicher, als die Beklagten es eingeständen, welche, obgleich beide schuldig, die Schuld einer auf den andern schöben, indem Verginius dem Sergius seine feige Flucht vorwerfe, Sergius aber dem Verginius, dass er ihn im Stich gelassen habe. 7 Ihr Unverstand sei so unglaublich gewesen, dass es vielmehr wahrscheinlich werde, man sei dabei nach einer Verabredung, nach einem gemeinschaftlichen Bubenstück aller Patrizier vorgegangen. 8 Diese hätten, um den Krieg hinzuziehen, sowohl vorher den Vejentern die Verbrennung der Befestigungswerke gestattet, als jetzt das Heer verraten und das römische Lager den Faliskern preisgegeben. 9 Dies geschehe alles, um die Jünglinge vor Veji grau werden zu lassen, und dass die Tribunen weder über Ländereien noch andere Vorteile des Bürgerstandes einen Antrag an das Volk bringen und durch die Volksmenge in der Stadt ihren Verhandlungen Ansehen geben und der Verschwörung der Patrizier Widerstand leisten könnten. 10 Vorläufig habe gegen die Beklagten teils schon der Senat gesprochen, teils das römische Volk, teils ihre eigenen Amtsgenossen. 11 Denn einmal wären sie durch einen Senatsbeschluss von der Staatsverwaltung entfernt, dann, als sie nicht hätten abdanken wollen, von ihren Amtsgenossen mit einem Diktator geschreckt, und das römische Volk habe Kriegstribunen gewählt, welche nicht am 13. Dezember, dem gewöhnlichen Tag, sondern sogleich am ersten Oktober ihr Amt hätten antreten müssen, weil der Staat, wenn solche Leute im Amt geblieben wären, nicht länger habe bestehen können. 12 Durch so viele Urteile schon vernichtet und zum Voraus verurteilt kämen sie gleichwohl noch vor das Volksgericht, in dem Glauben, damit abzukommen und gestraft genug zu sein, dass sie zwei Monate früher amtlos gemacht wären, 13 ohne zu begreifen, dass ihnen damals bloß die Macht, länger zu schaden, entrissen, allein keine Strafe auferlegt sei; denn auch ihren Amtsgenossen, die wenigstens nichts verbrochen hätten, sei ja die Staatsgewalt abgenommen. 14 Die Quiriten möchten sich in jene Stimmung zurückversetzen, in der sie unmittelbar nach der erlittenen Niederlage gewesen wären, als sie das Heer in der Bestürzung der Flucht, voll Wunden und Angst zu den Toren hätten hereinstürzen sehen, wie es Klagen, nicht über sein Geschick noch irgendeinen der Götter, sondern über diese Anführer erhoben habe. 15 Sie wären überzeugt, dass niemand in der Versammlung sei, der nicht die Person, die Familie und alles Eigentum des Lucius Verginius und Manius Sergius an jenem Tag verflucht und verabscheut habe. 16 Es wäre höchst unsinnig, wenn sie gegen die, über welche jeder den Zorn der Götter herabgefleht habe, von ihrer erlaubten und pflichtmäßigen Gewalt nicht Gebrauch machen wollten. Die Götter legten nie selbst Hand an die Verbrecher; es genüge, dass sie den Beleidigten Gelegenheit zur Rache darböten.

      (12) Durch solche Reden aufgereizt, verurteilte der Bürgerstand die Angeklagten, jeden zu einer Strafe von 10 000 schweren Kupfer-As, während Sergius vergeblich das wechselnde Kriegsglück und das Schicksal anklagte, und Verginius in die Bitte ausbrach, man möge ihn doch im Frieden nicht unglücklicher werden lassen, als er im Feld gewesen sei. 2 Die Richtung, die dem Zorn des Volkes auf die Männer gegeben wurde, ließ die Nachwahl der Tribunen und die gegen das Trebonische Gesetz gebrauchte List im Dunkel der Vergessenheit ruhen.

      3 Die Tribunen, welche als Sieger die Bürger für ihren Richterspruch gleich auf der Stelle belohnen wollten, brachten öffentlich Landverteilungen in Vorschlag und untersagten die Aufbringung der Steuer, 4 da doch für so viele Heere Sold nötig war und die Angelegenheiten im Feld insofern glücklich genug gingen, außer dass man in keinem einzigen Krieg das erhoffte Ziel erreichte. Denn vor Veji wurde das verlorene Lager wiedererobert und durch Vorwerke und Besatzungen gesichert. 5 Hier hatten die Kriegstribunen Manius Aemilius und Kaeso Fabius den Oberbefehl. Marcus Furius fand im Faliskerland und Cnaeus Cornelius im Capenatischen die Feinde nirgends außerhalb ihrer Festungen. Sie machten also Beute und verheerten die Gegend durch Niederbrennung der Landhäuser und Feldfrüchte. An die Städte machten sie sich weder im Sturm noch als Belagerer. 6 Im Volskerland hingegen wurde nach Verheerung ihres Gebietes das hoch gelegene Anxur vergeblich angegriffen und, weil der Sturm fruchtlos war, durch Wall und Graben eingeschlossen. Der Feldherr, dem das Los den Volskischen Krieg beschieden hatte, war Valerius Potitus.

      7 Bei diesem Zustand der kriegerischen Angelegenheiten brach ein Aufruhr im Inneren aus, der mit größerer Heftigkeit als die Kriege betrieben wurde. Und da die Tribunen die Zusammenbringung der Steuer verhinderten und den Feldherren kein Sold geschickt wurde, der Soldat aber seinen Sold forderte, war es nahe daran, dass der Einfluss der empörten Stadt auch das Lager zerrüttet hätte. 8 Obgleich aber die Tribunen dem Bürgerstand bei dieser seiner Erbitterung gegen die Väter vorstellten, dass jetzt die Zeit da sei, der Freiheit Festigkeit zu geben und das höchste Staatsamt einem Sergius und Verginius zu nehmen und braven und tüchtigen Männern aus dem Bürgerstand zu übertragen, ging man doch nicht weiter, 9 als dass man einen einzigen Bürgerlichen, um von seinem Recht Gebrauch zu machen, den Publius Licinius Calvus zu einem Kriegstribun mit Konsulgewalt wählte; 10 die Übrigen wählten sie aus den Patriziern: den Publius Manlius, Lucius Titinius, Publius Maelius, Lucius Furius Medullinus und Lucius Publilius Volscus.

      11 Der Bürgerstand selbst wunderte sich, so viel erlangt zu haben, nicht der allein, den man gewählt hatte, ein Mann, der nie vorher ein Amt bekleidet hatte, aber lange im Senat saß und schon bei Jahren war. 12 Auch ist man nicht darüber einig, warum man gerade ihm zuerst und hauptsächlich die neue Ehre zuerteilte. Einige glauben, der Einfluss seines Bruders Cnaeus Cornelius, der im vorigen Jahr Kriegstribun gewesen war und den Sold für die Reiter auf das Dreifache erhöht hatte, habe ihn zu dieser so hohen Ehre erhoben; andere, er selbst habe zu rechter Zeit den Ständen die Eintracht in einer Rede empfohlen, die den Beifall der Väter und der Bürger gehabt habe. 13 Frohlockend über diesen Sieg auf dem Wahltag ließen die Volkstribunen in dem Punkt, der das Wohl des Staates am meisten beeinträchtigte, in Ansehung der Steuer nach; es wurde bereitwillig gesteuert und der Betrag zum Heer geschickt.

      (13) Anxur im Volskerland wurde bald wieder erobert, weil an einem Festtag die Wachen der Stadt vernachlässigt worden waren. Dieses Jahr zeichnete sich aus durch einen so kalten Winter mit so starkem Schnee, dass die Wege gesperrt und der Tiber unschiffbar war. Allein bei den angefahrenen Vorräten änderte sich der Getreidepreis nicht.

      2 Weil sich Publius Licinius in dem Amt, das er ohne stürmische Auftritte mehr zur Freude der Bürgerlichen als mit Unwillen der Väter bekommen hatte, auch ebenso benahm, wandelte die Bürger die Lust an, bei der nächsten Kriegstribunenwahl Bürgerliche zu wählen. 3 Ein einziger patrizischer Bewerber, Marcus Veturius, behauptete seinen Platz; zu den übrigen Kriegstribunen mit Konsulgewalt ernannten fast alle Zenturien Bürgerliche, den Marcus Pomponius, den Caius Duellius, Volero Publilius, Cnaeus Genucius und Lucius Atilius.

      4 Auf den strengen Winter folgte, entweder durch die unregelmäßige Witterung, welche zu schnell in das Gegenteil umschlug, oder aus einer andern Ursache, ein drückender und für alle lebenden Wesen ungesunder Sommer; 5 und da man von dem unabwendbaren Dahinsterben weder Ursache noch Ende sah, mussten auf Befehl des Senates die Sibyllinischen Bücher befragt werden. 6 Damals zuerst haben die Zweimänner für die Besorgung der Opfer eine Göttermahlzeit in der Stadt Rom angeordnet und während acht Tagen Apollo, Latona und Diana, Herkules, Mercurius und Neptunus versöhnt und drei für die damalige Zeit auf das Prachtvollste ausgerüstete Tische


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